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0427 - Die Knochen-Küste

0427 - Die Knochen-Küste

Titel: 0427 - Die Knochen-Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und sah es trotzdem nicht. Seine Augen waren vom Weinen gerötet. Immer wieder erinnerte er sich an die schreckliche Szene, als er den Stein aufgenommen und ihn gegen den Kopf der Frau geschlagen hatte.
    Er hätte sie damit totschlagen können…
    Der Junge spürte die Qual in sich. Sie ließ ihn nicht ruhig liegen. So wälzte er sich von einer Seite auf die andere und hoffte, daß sein Vater bald erscheinen würde.
    Er verstand sich mit ihm ausgezeichnet. Sein Dad war jemand, dem er alles erzählen konnte. Er hatte auch für vieles Verständnis, wo sich andere Väter längst abgewandt und ihre Kinder allein gelassen hätten.
    Durch das große Fenster drang grau das Tageslicht. Der Junge konnte die Möwen sehen, wenn sie unter der düster wirkenden Wolkendecke ihre Kreise drehten.
    Bald war Ostern. Er hatte bereits Ferien bekommen. Deshalb würde er auch mit seinen Eltern bis über die Feiertage an der Küste bleiben. Erst dann fuhren sie wieder zurück nach London.
    Matthias war gern in Seaford. Doch an diesem Tag wünschte er sich, in London zu sein. Da hatte er so etwas Schreckliches noch nie erlebt. Er wischte über seine Augen. Die Mutter hatte ihm ein Glas mit Saft ans Bett gestellt. Er nahm einen Schluck, hatte sich dabei aufgerichtet und schaute auf seine Spielsachen, die im Zimmer verstreut lagen. Da hatte es ihm besonders die elektrische Eisenbahn angetan. Er wollte sie in den nächsten beiden Tagen aufbauen, doch große Lust verspürte er nicht mehr. Matthias leerte das Glas und blieb auch in seiner Haltung sitzen, denn er hatte Schritte gehört.
    Er kannte die Folge der Tritte.. So ging sein Vater.
    James Brookfield hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, stets an die Zimmertür seines Sohnes anzuklopfen, wenn er den Raum betreten wollte. Das tat er auch jetzt.
    »Dad, endlich!« rief ihm der Junge entgegen. Zum erstenmal seit dem Fund am Strand huschte ein Lächeln über sein Gesicht. Mit der Türklinke in der Hand blieb James Brookfield dicht hinter der Schwelle stehen, schüttelte den Kopf und sagte: »Was muß ich von deiner Mutter alles hören? Du machst vielleicht Sachen.«
    Matthias nickte betroffen. »Ich weiß, Dad.«
    Brookfield ging auf das Bett zu. »Dann erzähl mir mal, was da gelaufen ist.«
    Er nahm auf der Kante Platz und legte seine Hand auf die des Jungen.
    James Brookfield trug Jeans, ein kariertes Hemd und eine vorn offene Strickjacke darüber. Sein ehemals blondes Haar war schon grau geworden. Es wuchs dicht auf seinem Kopf. Der Mann hatte es mit einer Bürste nach hinten gekämmt.
    »Es war so schlimm, Dad.«
    Der Mann nickte. »Aber nicht so schlimm, als daß du es mir nicht erzählen könntest.«
    »Nein.«
    »Dann bitte.«
    Matthias nahm kein Blatt vor den Mund. Er berichtete wahrheitsgetreu und so, wie es sich zugetragen hatte. James Brookfield hörte schweigend zu und gab auch keinen Kommentar, als Matthias davon erzählte, daß er mit einem Stein zugeschlagen hatte.
    »Die Frau hatte sogar tot sein können«, flüsterte er.
    James nickte. »Und weiter.«
    »Nichts mehr, Dad. Ich bin nach Hause gelaufen. Nur einfach gerannt. Ich hatte so eine Angst vor mir selbst.«
    »Tja, das kann ich verstehen. Sehr gut sogar.« Der Mann legte seine Stirn in Falten. »Wenn du mal näher darüber nachdenkst, Matthias, kannst du dir einen Grund vorstellen, wieso das alles geschehen ist?«
    »Nein.«
    James lächelte. »Hattest du mir nicht etwas von den Stimmen erzählt, die aus der Höhle geklungen sind?«
    »Die habe ich gehört.«
    »Auch die Worte, die diese Stimmen sprachen?«
    »Nein, nur das Flüstern. Sie waren ja mehr an die Frau gerichtet, die ich nicht kannte.«
    »Der du aber deinen Fund gezeigt hast.«
    »Sicher.«
    »Und weshalb?«
    »Ich war so allein, Dad, und hielt diese Knochen in der Hand. Da mußte ich einfach zu jemandem hingehen.«
    Brookfield lächelte und strich über die Wange seines Sohnes. »Schon gut, Kleiner, das war genau richtig.«
    »Meinst du?«
    »Ja, nur interessieren mich die Stimmen. Du hast nicht verstanden, was sie sagten. Hm.« Er dachte für einen Moment nach. »Hast du etwas anderes gespürt?«
    »Das kann sein, Dad.« Matthias rutschte im Bett von einer Pobacke auf die andere. »Da waren Gedanken oder so etwas. Ich konnte plötzlich nicht mehr überlegen.«
    »Interessant.«
    »Ja, jemand sagte mir immer wieder. Jetzt mußt du zuschlagen. Jetzt und nicht länger warten.«
    »Sonst noch etwas?«
    »Nein, aber die Befehle…« Er hob die Schultern.

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