0428 - Der Gedanken-Töter
überraschend seinen Urlaubsort geändert, aber das erklärt ja nicht das Verschwinden der Yacht…«
Sekundenlang durchzuckte Koenig der Verdacht, daß die Scientisten die Yacht mit seinen Eltern zerstört haben könnten. Aber dann verwarf er diesen Gedanken sofort wieder. Leonard Koenig sollte einen Denkzettel erhalten, mehr nicht. Von Mord war nicht die Rede. Die Scientisten waren doch schließlich keine Verbrecherbande. Sie versuchten nur, ihre Interessen durchzusetzen und gingen dabei manchmal auch einen rauhen Weg, wenn es erforderlich wurde. Schließlich wurden sie ja auch immer wieder von allen Seiten böse angefeindet. Da mußte man sich schon mal mit etwas radikaleren Mitteln wehren und Gegner einschüchtern. Aber Mord schied aus.
Statt dessen dachte er an den Zeitungsartikel über diesen makabren Scherz einer Sturmwarnung. Sollte es da einen Zusammenhang geben?
»Okay, Forbes. Ich werde mich um die Sache kümmern. Danke für den Hinsweis«, sagte er und löschte die Verbindung. Er ließ das Handtelefon auf den Tisch sinken.
Die Yacht vielleicht explodiert, vielleicht im Sturm gesunken, seine Eltern tot? Er war wie erschlagen. Jetzt war ihm klar, woher diese unerklärliche Unruhe gekommen war. Sie hatte mit diesem Vorfall zu tun gehabt.
Innerlich hatte er sich schon längst von seinem Vater gelöst. Er konnte nicht um ihn trauern. Sie lebten in verschiedenen Welten, und sie lebten an verschiedenen Enden der Stadt. Eine Todesnachricht konnte Walt zwar betroffen machen, aber ihn nicht in Trauerstimmung versetzen. Sein Vater war für ihn schon lange ein Fremder geworden. Die Scientisten waren da schon eher seine Familie.
Aber um seine Mutter trauerte er.
Aber dann erhob er sich. Noch war nichts amtlich. Daß Forbes’ Leute die Yacht nicht entdeckt hatten, besagte eigentlich nicht viel. Die Information lautete nur, daß Leonardo Koenig mit seiner Frau auf dem Lake Powell ein paar Tage verbringen wollte. Wann er sich wo aufhielt, war unbestimmt, und der See war riesig. Vielleicht ankerte die Yacht in einem der kleinen Nebenarme, in Felsenschluchten. Da war sie nur äußerst schwer zu finden. Immerhin hatte selbst Walt, der einzige, der darüber informiert war, wo er seinen Vater in Notfällen erreichen konnte, keine exakte Positionsangabe gehabt.
Dennoch… mysteriös war das alles schon.
Er ging ins Haus.
»Crane, rufen Sie bei der Bank an. Ich komme heute wahrscheinlich nicht mehr ins Büro. Jill soll mir ein Flugticket nach Page buchen, das ich am Flugschalter abhole. Ich fliege zum Lake Powell. Und in Page möchte ich einen kleinen Hubschrauber vorfinden. Jill soll das arrangieren, und zwar so schnell wie möglich.«
Crane hob die Brauen. »Darf ich fragen, Sir, was Sie am Lake Powell…«
»Sie dürfen nicht. Sollte ich heute Termine haben, hat Jill sie abzusetzen oder umzudisponieren.«
Er wandte sich ab und eilte die Treppe hinauf, um seinen kleinen Reisekoffer zu holen, der immer fertig gepackt bereit stand. Es geschah zwar nicht oft, daß Walt Koenig so überraschend verreiste, aber wenn es einmal sein mußte, wollte er keine Sekunde verlieren müssen.
Wenig später jagte seine Corvette über den Highway zum Flughafen…
***
In Phoenix lächelte ein Mann zufrieden. Forbes war sicher, daß Walt Koenig keine Schwierigkeiten machen würde, wenn er den Tod seines Vaters oder seiner Eltern für einen Unfalll hielt. Wenn er erfuhr, daß die Scientisten unter dem »Denkzettel« die Neutralisierung, die Auslöschung, verstanden, mochte das vielleicht einen Schock auslösen, der seine Konditionierung störte. Trotz der Überzeugung von Garth und Holm war Forbes nicht hundertprozentig sicher, ob Walt wirklich so reagieren würde, wie er sollte. Da war es besser, wenn er keine Einzelheiten erfuhr. Dann konnte er sich auch nicht aufregen. Immerhin wußte er nicht, wie stark der Psi-Trust sein konnte.
Wenn es nach Forbes gegangen wäre, hätte Walt Koenig nicht einmal erfahren, daß es diesen Psi-Trust gab, der immer weiter ausgebaut und verstärkt wurde. Denn Walt war selbst nicht begabt. Er hatte keine erkennbaren Psi-Talente. Forbes hätte sie gespürt. Er war nicht nur ein Ausbilder, sondern auch einer der Sucher.
Normalerweise erfuhren die Nicht-Begabten überhaupt nichts vom Trust. Nur die »Auserwählten« wurden darauf angesprochen und ihnen nahegelegt, ihre Fähigkeiten ausbilden zu lassen. Später wurden sie in die großen Zentren geholt, wo die Schulung intensiviert wurde. Dann stießen
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