0428 - Jiri, der Flammenteufel
aufzuckten und sofort wieder verschwanden.
Es war klar, daß es sich dabei nur um das Scheinwerferpaar eines Autos handeln konnte.
»Das ist Ivic!« Ich sagte es fast lachend.
»Sollten wir uns in ihm getäuscht haben?«
»Nein, das glaube ich nicht. Suko, der zieht ein eigenes Spiel auf, das schwöre ich dir.«
»Fragt sich nur welches.«
»Wir werden es herausfinden.« Ich setzte mich schon in Bewegung.
Zwar täuschten in der Dunkelheit oftmals die Entfernungen, aber ich glaubte nicht daran, daß der Wagen allzu weit von uns entfernt stand.
In den folgenden beiden Minuten liefen wir quer durch das Gelände, über schroffe Steinrücken hinweg, vorbei an Krüppelgewächsen und blühenden Sträuchern, die einen betörenden Duft verbreiteten.
Noch einmal flammten die Scheinwerfer auf. In ihrem Licht erkannten wir einen Weg. Mehr eine Schotterpiste mit Querrillen und Löchern, aber besser befahrbar als das offene Gelände.
»Mit einem normalen Fahrzeug kommen wir hier nicht durch.« Suko schob sich an einem sperrigen Busch vorbei.
Sergio Ivic kam uns mit seinem unverkennbar schlenkernden Gang entgegen. Seine Hände steckten in den Jackentaschen. Das Jackett hatte er nicht zugeknöpft.
»Ich habe Angst um Sie gehabt!« rief er uns entgegen.
»Tatsächlich?« fragte ich zurück.
»Ja, das Feuer…«
Ich blieb vor ihm stehen. »Wir nehmen Ihnen doch nicht ab, daß Sie davon nichts gewußt haben.«
Er ging einen halben Schritt zurück. »Tut mir leid, aber das habe ich tatsächlich nicht.«
»Und weshalb sind Sie dann vorgegangen?«
Ivic hob die eckigen Schultern. »Ich habe wirklich gedacht, daß Sie mir folgen würden.«
»So schnell sind wir eben nicht.«
»Andererseits haben Sie es überstanden, und Sie wissen auch, daß ich Sie nicht angelogen habe.«
»Das haben wir bemerkt.«
»Können wir fahren?«
»Gleich, Mr. Ivic. Ich möchte nur gern von Ihnen wissen, wo sich der Flammenmann versteckt hält.«
»Das kann ich Ihnen doch nicht sagen.«
Ich sah in sein Gesicht. Auch in der Dunkelheit wirkte es bleich und käsig. Log er, log er nicht? Der Ausdruck seiner Augen jedenfalls hatte sich nicht verändert. Noch immer war er so starr und gleichgültig, vielleicht auch nichtssagend.
»Nun?«
Ich nickte. »Okay, Mr. Ivic, wir können fahren.«
»Endlich werden Sie vernünftig.«
Er drehte sich um und ging zu seinem Fahrzeug. Es war tatsächlich ein Jeep. Aber kein russischer, sondern ein westliches Fabrikat. Mochte der Henker wissen, wo er ihn aufgetrieben hatte! Seine Beziehungen in diesem Land schienen noch zu stimmen. Wir fragten ihn nicht danach, ich sagte nur eines: »Wir werden sehr ärgerlich, sollte es unterwegs noch einen zweiten Überfall geben.«
»Das kann ich sogar verstehen. Ich garantiere für nichts. Der Flammenmann nimmt von mir keine Befehle entgegen, das müßte Ihnen doch klar sein.«
»Wer weiß«, sagte ich nur.
Suko hatte sich dafür entschieden, den Platz neben Ivic einzunehmen.
Ich hockte mich auf den Rücksitz.
»Wie lange werden wir fahren müssen?« erkundigte ich mich.
»Bei der Strecke zwischen zwei und drei Stunden.«
»Und wo verbringen wir den Rest der Nacht?«
Er drehte sich zu mir um. Wieder grinste er scharf. »Wenn Sie nichts dagegen haben, in einem Quartier, das in der Nähe des Friedhofs liegt.«
Ich grinste zurück. »Wie sollten wir? Tote schlafen fest. Meistens wenigstens.«
»Ja, meistens«, erwiderte er mit einem seltsamen Unterton in der Stimme und startete.
Ich dachte an die Kreuzritter, die Templer und auch van Akkeren. Wenn es da tatsächlich eine Verbindung gab, stand uns noch einiges bevor…
***
Nacht über Mostar! Noch war die Geisterstunde nicht erreicht, aber in der Nähe des Flusses, wo der alte Friedhof lag, wurde die Stimmung schon bei Anbruch der Dunkelheit geisterhaft.
Bäume und Grabsteine verloren ihre scharfen Konturen. Sie wurden eins mit dem Grau der Dämmerung. Die Tiere schliefen ein. Eine tiefe Stille umgab den Friedhof, der ein wenig außerhalb von Mostar lag, wo das Leben noch ursprünglich war.
Am Abend und in der Nacht bildete sich zwar auch Nebel, doch es war nur ein leichter Dunst, der sich vom Fluß ausbreitete und auch den Friedhof erreichte.
Das war sein Ort. Da konnte er lautlos zwischen den alten Grabsteinen umherschleichen und über die Steinmauern des Totenackers kriechen.
Der Nebel und der Friedhof gehörten hier zusammen.
Das wußte auch Bogdan Smiric, der sich von seiner Frau Maria hatte
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