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043 - Der Teufelskreis

043 - Der Teufelskreis

Titel: 043 - Der Teufelskreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Wolf
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erinnerte er sich an die Ereignisse der letzten Nacht und war sofort hellwach; aber er rührte sich nicht. Er behielt die Augen zu und konzentrierte sich auf die Geräusche. Wieder vernahm er das Rascheln von Stoff und gedämpfte Stimmen.
    Irgend etwas stimmte nicht. Er öffnete vorsichtig die Augen einen Spalt und blinzelte in den dämmerigen Raum.
    Kaum zwei Meter von ihm entfernt hockte ein Mann mit einem entstellten Gesicht. Er saß im Schneidersitz und hatte die Hände zu einem Kreuz geformt. Neben ihm kniete ein verwachsener Gnom, der mit einem Stück gebranntem Kalk irgendwelche Zeichen auf den Boden malte; dabei murmelte er Beschwörungen vor sich hin. Als er fertig war, reichte er das Stück Kalk an seinen Nebenmann weiter - einen Buckligen mit kurzen, verkrüppelten Armen.
    Dorian wäre am liebsten aufgesprungen und davongerannt, aber er beherrschte sich, blieb ruhig liegen und tat so, als ob er noch schlafen würde.
    „Der weiße Pfeil sorgt für sein Seelenheil“, murmelte der Gnom und malte einen dicken Pfeil auf den Boden, der auf Dorian wies. Dann reichte er den Kalk weiter.
    Der Mann mit den verkrüppelten Armen nahm ihn mit den Zehen entgegen und malte ebenfalls einige Schriftzeichen auf den Boden.
    „Im Kreis - soll es brennen heiß - und der schwarze Dämon wird weiß“, murmelte der Krüppel mit heiserer Stimme.
    Dorian wurde es tatsächlich heiß. Er überlegte fieberhaft, wie ausbruchssicher der magische Kreis war, den die Krüppel um ihn gezogen hatten. Da sie noch immer Beschwörungsformeln niederschrieben und von sich gaben, konnte das Zeremoniell der Weißen Magie noch nicht abgeschlossen sein. Vielleicht hatten sie ihn erst vor wenigen Minuten gefunden.
    Dorian konnte sich vorstellen, wie alles abgelaufen war. Wahrscheinlich hatte einer der Krüppel sein Nachtquartier in diesem Asyl aufgeschlagen und beim Erwachen Dorian, den vermeintlichen Dämon, entdeckt. Sicher hatte er nichts Eiligeres zu tun gehabt, als sofort seinen Kameraden von seinem Fang zu berichten.
    Obwohl Dorian nicht den gesamten Raum überblicken konnte, war er überzeugt, daß mindestens zwei Dutzend Krüppel anwesend waren. Die anderen Asylbewohner waren wahrscheinlich von den Mißgestalteten verjagt worden. Dorian war also vollkommen auf sich allein gestellt. Auf Hilfe von außen durfte er nicht hoffen. Aber seine Lage war nicht aussichtslos.
    Sein großes Plus war - so paradox sich das auch anhörte –, daß sie ihn für einen Dämon hielten. Sie ahnten deshalb nicht, daß ihre Bannsprüche auf ihn nicht wirkten.
    Dorian war überzeugt, daß es ihm gelingen würde, aus dem magischen Kreis auszubrechen. Allerdings durfte er nicht mehr allzulange warten, denn wenn die Krüppel erst das magische Feuer entzündet hatten, gab es für ihn kein Entrinnen mehr. Das magische Feuer würde keinen Unterschied zwischen einem Dämon und einem normalen Sterblichen machen.
    Noch war es jedoch nicht zu spät.
    Dorian spannte seinen Körper unter der Decke an. Er verspürte eine unnatürliche Müdigkeit, als würden schwere Gewichte auf seinen Gliedern lasten. Er nahm seinen ganzen Willen zusammen, um die unwirkliche Last abzuschütteln. Dabei wurde ihm heiß und kalt zugleich. Kalter Schweiß brach ihm aus.
    „Was ist mit ihm?“ hörte er einen Krüppel sagen.
    Das war das Zeichen für ihn.
    Dorian warf die Decke von sich und sprang auf die Beine. Einige Krüppel wichen erschrocken zurück, schrieen ängstlich auf, andere wieder faßten sich rascher und versuchten, ihn durch Bannsprüche und magische Formeln an seinen Platz zu fesseln.
    Dorian sah, daß eine Stelle des weißen Kreises, der um seine Matratze gezogen war, noch keine magischen Zeichen aufwies. Er sprang über diese Lücke. Ein Gnom, der einen Drudenfuß und ein Kruzifix in der Hand hielt, stellte sich ihm breitbeinig in den Weg. Dorian beförderte ihn mit einem Fußtritt beiseite.
    „Die Dämonenbanner versagen bei ihm!“ schrie jemand.
    Ein anderer Krüppel bestreute Dorian mit einem weißlichen Pulver, das in der Luft sofort Feuer fing. Dorian schützte mit den Armen sein Gesicht vor dem Feuerregen, konnte jedoch nicht verhindern, daß sein Mantel zu brennen anfing.
    „Ihr jagt den falschen Mann!“ rief Dorian, während er verzweifelt versuchte, sich des brennenden Mantels zu entledigen. „Eure Bannsprüche müssen wirkungslos verhallen, weil ich kein Dämon bin.“
    Die Krüppel lachten höhnisch.
    „Du bist ein Dämon!“ schleuderten sie ihm entgegen.

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