0431 - Der Gentleman-Killer
habe, daß ich mir nur etwas einbilde!«
»Was ist los?«
»Du erinnerst dich an den Alarmknopf. Wie sah er aus?«
»Ungefähr anderthalb Zentimeter im Durchmesser, grau mit einem leuchtend roten Ring an der Kante, in der Mitte nach innen gewölbt.«
»Gute, genaue Beschreibung. Und was hat uns das Labor berichtet?«
»Daß sie keine Prints gefunden haben. Aber das haben wir doch schon geklärt. Ted Quingley muß den Knopf mit seiner Schulter berührt und dadurch den Alarm ausgelöst haben!«
»So haben wir uns die Sache erklärt, aber wenn du mit deiner Schulter, die in einem dicken Tweedjackett steckt, einen Knopf berührst, kannst du erst am Aufheulen der Sirene erkennen, daß du ihn hineingedrückt hast!«
»So wird es gewesen sein«, meinte Phil.
»So könnte es gewesen sein«, bestätigte ich. »Aber dann hätten wir Prikts gefunden! Die alten Abdrücke, die in der konkaven Knopfschale waren, wurden von der Schulter nicht berührt, sie hätten unmöglich völlig verwischt sein können!«
»Aber…« Phil brach ab. Die Bedeutung dieser Überlegung ging ihm langsam auf. Ich nickte:
»Ja! Es sieht so aus, als hätte ein Mann, dessen Daumen in einem Handschuh steckte, mit aller Kraft und in voller Absicht auf den Alarmknopf ge- ' drückt und damit alle Prints verwischt!« Ich bog in die First Avenue ein und mußte mit der Geschwindigkeit heruntergehen, da die Straße so verstopft war, daß die Autos nicht ausweichen konnten, selbst als sie meine Sirene hörten.
»Aber was für einen Sinn sollte das haben?« fragte Phil. »Selbst wenn es so war, wie du sagst, dann muß er doch selbst den Alarm ausgelöst haben!«
»Ja, genau. Der Gangster hat eigenhändig den Knopf gedrückt und den Alarm ausgelöst. Vielleicht dachte Ted Quingley, er selbst wäre es gewesen. Vielleicht dachte er sogar, er wäre deshalb erschossen worden, wenn er überhaupt genug Zeit hatte, noch etwas zu denken.«
»Ich kann keinen Sinn dahinter sehen!« murmelte Phil.
»Wenn ich recht habe, dann gibt es nur einen Sinn. Der Gangster hatte einen bestimmten Auftrag, und der Überfall war nur Tarnung.«
Phil sah mich mit gerunzelter Stirn an, sagte aber nichts. Ich merkte, daß ich nicht weiterkam, schaltete Rotlicht und Sirene aus und kroch in der behäbig dahinfließenden Autoschlange mit.
»Nehmen wir an, der Gangster hätte nur einen Überfall vorgehabt, wäre aber durch den plötzlich einsetzenden Alarm in Panik geraten. Er wäre doch vermutlich sofort zum Auto hinausgerannt, hätte möglicherweise wild um sich geschossen und wäre geflohen. Was tat aber dieser Mann? Er tötete Quingley, raffte noch einen Haufen Bucks zusammen, als wollte er eine Wartezeit totschlagen und lief dann zusammen mit dem zweiten Mann hinaus. Inzwischen waren drei Menschen vor der Bank angekommen. Der alte Lemmont, Matt Carlee und seine Freundin Susan Delane. Der Gangster schoß nicht auf den ihm am nächsten stehenden Ken Lammont, sondern auf Susan Delane, die hinter ihm stand. Lammont wurde durch Zufall getroffen, der Junge ebenso, weil er sich vor das Mädchen warf.«
»Jerry, willst du damit etwa sagen, daß es sich um einen geplanten Mord handelt?«
»Um zwei geplante Morde. Vielleicht stecken diese anderen Überfälle dahinter. Vielleicht hatten Ted Quingley und Susan Delane etwas erfahren, was sie nicht wissen sollten. Vielleicht wußten sie selbst nicht einmal, daß sie in Gefahr waren.«
»Der Mann, der so einen Mord geplant hatte, muß damit gerechnet haben, beide anzutreffen. Als nur Quingley da war, wußte er aber, wie er sicher und schnell Susan Delane herrufen konnte, wenn er auf den Alarmknopf drückte«, sagte Phil leise und überlegend. Dann fiel ihm noch etwas ein. »Das Mädchen war sonderbar, als wäre ihr etwas eingefallen, erinnerst du dich?«
»Ja, sie hat sich an etwas erinnert, aber sie wollte es uns nicht sagen. Vermutlich denkt sie, daß sie die Gang allein sprengen kann.«
»Willst du sie deshalb noch einmal sprechen?« fragte Phil. Ich sah ihn nicht an, als ich sagte:
»Wenn ich sie noch sprechen kann, wenn sie noch etwas sagen kann, dann ist meine Theorie nur ein alberner Einfall gewesen!«
***
Endlich konnte ich nach rechts abbiegen und kam in die winkligen Straßen von Greenwich Village, aber hier war es nicht viel besser. Ich schaltete die Funkanlage ein und fragte in der Zentrale, ob der Mann, der Susan Delane überwachte, sich gemeldet hatte. Die Antwort ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen.
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