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0431 - Kathedrale der Angst

0431 - Kathedrale der Angst

Titel: 0431 - Kathedrale der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Felsen lösten bei ihr kein Angstgefühl aus. Im Gegenteil, sie wurde davon angelockt.
    Der Weg verengte sich noch mehr. Jetzt wuchsen rechts und links die schroffen dunklen Wände so dicht zusammen, daß Colette sie mit den ausgestreckten Händen hätte berühren können. Dabei glitten auch die Fingerkuppen über das Gestein, tasteten sich in Rillen, Risse und Spalten, zeichneten sie nach, bis zu dem Moment, als Colette ihre Arme wieder sinken ließ.
    Sehr langsam drückte sie die Arme dem Körper entgegen. Es sah so aus, als wäre ein großer Vogel dabei, seine gewaltigen Schwingen einzufalten.
    Vor dem Eingang blieb sie stehen. Es war das Tor mit den beiden Säulen rechts und links. Sie stand auf der schwarzen Lavamasse, auf der auch schon andere ihren Platz gefunden hatten.
    Ihr Vater vor fünfzig Jahren. Und jetzt sie.
    An der rechten Säule befand sich die Schrift. »Terribilis est locus iste«, flüsterte sie. Ihre Stimme wehte hinein in die Weite der Kathedrale, die dem Betrachter so ungewöhnlich perspektivisch verzerrt erschien, so daß er das Gefühl hatte, in eine Unendlichkeit zu schauen.
    Viele fürchteten sich vor der Warnung.
    Nicht aber Colette. Für sie war der Spruch eine Hoffnung. Dieser Ort war nicht gefährlich. Nicht für den, der dazugehörte. Colette gehörte schon lange dazu. Kaum hatte sie die Grenze überschritten, holte sie tief Luft.
    Das ihr so bekannte Gefühl überfiel sie mit Macht. Alles sah anders aus als vor dem Bogen.
    Die Kathedrale besaß eine kaum meßbare Tiefe, die hineinlief in einen geheimnisvollen grauen Schleier, als wollte er all das verbergen, was andere Augen nicht sehen sollten.
    Es kam ihr vor wie ein Wunder. Sie hob beide Arme, winkelte sie aber noch an und drehte sich dabei.
    Wie von selbst drang der Name des Mannes aus ihrem Mund, dem sie sich verbunden fühlte.
    »Gustave…!« rief sie und lauschte dem Echo ihrer Stimme. »Gustave… bitte… zeige dich. Ich muß dich warnen…«
    Warnen, warnen - so hallte es nach, und Colette verstummte, denn dieser Ruf mußte genügen. Er reichte auch.
    Dort, wo der graue Schatten lag, entstand in der Tiefe eine Bewegung, die sich erst taumelnd drehte, dann aber Gestalt annahm. Aus den Umrissen formte sich ein Wesen. Ein Geist. Gustave Rodin!
    ***
    Es war dunkel geworden. Nur auf den Höhen der Berge streifte letztes Sonnenlicht über die geschwungenen Grate und Schroffen hinweg, so daß ein goldroter Glanz entstand.
    Der Abendwind fiel in das Hochtal hinein. Er brachte eine Duftmischung aus Staub, frischen Blüten und Schneewasser mit. Frühlingshaft eben…
    Ich war nicht mitgegangen, sondern vor dem Gasthaus stehengeblieben.
    Zusammen mit Pierre Virni, der an einer Zigarre saugte. Hin und wieder leuchtete die Glutspitze auf, und träge Wolken trieben vor meinem Gesicht entlang.
    Der Abbé wollte vorbeikommen, damit wir uns in die Prozession der Templer einreihen konnten.
    So etwas war außergewöhnlich. Das hatten die Menschen von Alet-les-Bains noch nie erlebt. Ich war gespannt, wie sie es hinnehmen würden. Angeblich war der Bürgermeister von Bloch informiert worden, doch gesprochen hatte ich mit dem Mann noch nicht.
    Eine Zeit hatten wir nicht vereinbart. Virni rechnete ungefähr mit einer halben Stunde. Er hatte sich noch immer nicht über das Verschwinden seiner Tochter beruhigen können. Daß sich sein Sohn in Toulouse befand, war abgesprochen, aber Colette mußte ihn regelrecht hinter gangen haben.
    Während er rauchte, schüttelte er den Kopf und sagte: »Ich kann es noch immer nicht fassen. Es ist mir unbegreiflich. Wie ist so etwas möglich? Sie kann doch nicht…«
    »Die Schwarze Magie beweist immer dann ihre Stärke, wenn sie sich gegen Menschen richtet«, unterbrach ich ihn.
    »Aber Colette ist…«
    »Ebenso ein Mensch wie alle anderen auch, Monsieur Virni.«
    »Ich habe sie immer vor dem Bösen gewarnt.«
    »Das steckt in einem Menschen drin.«
    Virni schwieg. Ich zündete mir eine Zigarette an. Im Ort brannten die Lichter. Sie schufen gelbe Inseln zwischen den Häusern und über den Straßen und Wegen.
    Zweimal verließen Fahrzeuge das Dorf. Sie fuhren die Serpentinen hoch, wo wir ihren Weg anhand der gelben Glotzaugen genau verfolgen konnten. Danach war es wieder still.
    »Im Dorf ist es unruhig!« sagte der Wirt.
    »Ich merke nichts.«
    »Sie gehören auch nicht dazu. Man sagt zwar nichts, aber ich spüre die Atmosphäre. Sie ist nicht gut.«
    Ich hob die Schultern. »Drücken Sie uns die Daumen, daß

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