0432 - Sein Todfeind war ein flottes Girl
erfaßte ein Windstoß die Übergardine hinter dem zerschossenen Fenster. Die Gardine bauschte sich und gab den Blick ins Innere des Raumes frei.
Ich sah einen großen Mann. Der Mann hielt McGrown mit beiden Händen am Hals gepackt und würgte ihn.
Ich sah die Szene nicht länger als eine Sekunde. Dann fiel die Gardine wieder in sich zusammen. Ich machte auf dem Absatz kehrt und stürmte hinaus. Der Hausmeister blieb verblüfft zurück. Ich hatte keine Zeit, ihm Fragen zu beantworten. Ich fuhr mit dem Lift nach unten und stürmte aus dem Gebäude.
Quer über die Straße jagte ich in das Haus, das ich vor weniger als zehn Minuten verlassen hatte. Kurz darauf stand ich an der Wohnungstür der Mc-Growns. Gerade, als ich mit der Faust dagegen hämmern wollte, öffnete sich die Tür.
Ted Ruffio kam heraus.
Er war gerade dabei, seinen Schlipsknoten straff zu ziehen. Als er mich sah, hob er erstaunt die Augenbrauen. Dann grinste er matt. »Mister FBI persönlich!« sagte er lächelnd. »Welche Überraschung! Sie sind doch nicht etwa hinter mir her?«
»Kehrt marsch!« befahl ich ihm. »Zurück ins Wohnzimmer.«
»Ist das ein Komplott?« fragte er. »Hat der brave, liebe Charly Sie um Ihren Beistand gebeten?« Er ging mit mir ins Wohnzimmer.
Charly war gerade dabei, sich vom Boden hochzurappeln. Er sah ziemlich mitgenommen aus und atmete schwer. Soweit ich sehen konnte, war er jedoch nicht verletzt.
»Er schuldet mir einen Haufen Geld«, sagte Ruffio und verschränkte die Arme vor der Brust. »Bisher hat er versäumt, den Betrag zurückzuzahlen. Die Termine, die ich ihm setzte, wurden von ihm ignoriert. Er ließ sie platzen wie Seifenblasen. McGrown hat meine Geduld bis zum äußersten strapaziert. Da bin ich hergekommen und habe ihn ein bißchen aus den Lumpen geschüttelt! Wollen Sie mir das verübeln? Jeder andere an meiner Stelle würde genauso handeln! Oder könnten Sie es sich leisten, von einem verdammten Wettbruder um zwölftausend Dollar geprellt zu werden?«
Ruffio war groß und kräftig, ungefähr im gleichen Alter wie McGrown. Man sah es Ruffios Gesicht an, daß seine Eltern aus Sizilien stammten. Er hatte hagere, sehr regelmäßige Züge mit dunklen, tiefliegenden Augen.
Es wurde beherrscht von einem Ausdruck harter, zu allem entschlossener Energie, der ihm ein brutales Aussehen gab.
Er hatte insgesamt vier Jahre seines Lebens im Zuchthaus verbracht. Gemessen an den Verbrechen und Risiken, die er auf sich nahm, war das erschreckend wenig.
Ruffio hatte es immer verstanden, den gegen ihn gerichteten Anklagen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Er hatte Zeugen erpreßt oder bestochen — und einige ganz einfach verschwinden lassen. Ich wußte, daß sich ein Sonderteam mit ihm befaßte, ich wußte aber auch, wie Schwer es war, den aalglatten Ruffio zu fassen.
»Natürlich kann der liebe Charly Anzeige gegen mich erstatten — wegen Körperverletzung«, spottete Ruffio. »Aber ich glaube, daß er darauf verzichtet. Er wird keinen Wert darauf legen, daß die Öffentlichkeit auf diese Weise durch die Presse erfährt, daß er mir zwölftausend Dollar schuldet. Habe ich recht, Charly?«
Charly McGrown hatte sich erhoben. Er stand etwas wacklig auf den Beinen und setzte sich. »Ich zeige dich nicht an, Ted«, sagte er dumpf.
Ich schaute mich um. »Wo ist Ihre Frau, McGrown?« fragte ich.
»Ach so — die habe ich im Badezimmer eingeschlossen«, meinte Ruffio gelassen. »Ich hab's nicht gern, wenn diese Art von Auseinandersetzungen durch hysterisch schreiende Frauen belastet werden.« Er blickte McGrown an. »Meinen Glückwunsch übrigens, Charly — ich wußte nicht, daß du eine so hinreißend schöne Frau hast!«
»Laß mich jetzt bitte allein«, murmelte McGrown und rieb sich mit der Hand den Hals.
Ruffio grinste. »Wie du willst. Du kennst meine Forderungen, Charly. Ich würde dir raten, diesmal den Termin einzuhalten. Ist das klar?«
Charly McGrown nickte.
Ich mußte Zusehen, wie Ruffio mir spöttisch einen Gruß zuwinkte und hinausspazierte. McGrown schuldete ihm zwölftausend Dollar. Ruffio hatte ihn deshalb zusammengeschlagen, und McGrown lehnte es ab, Strafantrag zu stellen. So einfach war das alles!
Ich hörte, wie Ruffio in der Diele die Badezimmertür aufschloß und ein paar Worte sagte. Dann betrat Alice den Raum. Sie war sehr blaß und zitterte am ganzen Leibe. Draußen fiel die Wohnungstür ins Schloß.
Alice lehnte sich neben der Tür mit dem Rücken gegen die Wand. Sie preßte die
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