0433 - Zum Sterben einen Stellvertreter
Schrittempo bogen die Wagen in die Auffahrt, fuhren in den Hof und stellten sich nebeneinander…
Die Scheinwerfer leuchteten den letzten Winkel aus. Ich starrte zur gegenüberliegenden Häuserseite hinüber. Es wimmelte von Feuerleitern, Kellereingängen und Hintertüren. Der Bursche mußte es vorgezogen haben, auf irgendeinem Weg zu verschwinden.
Die Motoren verstummten. Die Kollegen der City Police sahen die offenen Türen meines Jaguars und zögerten noch, auszusteigen.
»Achtung, Gefahr«, brüllte ich über den Hof, »der Bursche ist geflüchtet.«
Langsam richtete ich mich hinter der Tonne auf, lief gebückt an der Hauswand entlang in Richtung Ausfahrt, um aus dem Scheinwerferkegel herauszukommen. Die Cops erkannten meine Absicht und schalteten für drei Sekunden ihr Licht aus.
Dann stand ich neben ihnen und schilderte in wenigen Sätzen den Versuch des Gangsters, mich zum Hafen zu dirigieren.
Ein Radiocar hatte bereits das vorläufige Ergebnis der Gangsterjagd an die Zentrale weitergegeben und Verstärkung angefordert, um den Häuserblock nach dem Killer abzusuchen.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis weitere fünf Streifenwagen vor der Einfahrt hielten. Mit zwölf Mann begannen wir den Innenhof abzusuchen. Nach einer halben Stunde gaben wir auf, da es zu viele Möglichkeiten gab, durch die Häuser wieder auf die Straße zu fliehen.
Inzwischen war Phil eingetroffen.
»Na, alter Junge«, sagte er und klopfte mir auf die Schulter, »hast du einen schlechten Traum am Steuer gehabt?«
***
Minuten später hockten wir wieder in meinem Jaguar und preschten in Richtung Village, wo Miß Paine wohnte.
»Hast du immer noch nicht die Nase voll?« fragte mein Freund, »zweimal bist du heute mit einem blauen Auge davongekommen, du solltest dein Glück nicht weiter strapazieren.«
»Im Gegenteil. Die fieberhafte Eile, die der Gangsterboß an den Tag legt, mich endgültig auszuschalten, beweist mir, daß Ruhepausen unsererseits jetzt unangebracht sind. Es sieht ganz danach aus, daß wir auf der richtigen Spur sind. Eines steht fest: Er weiß haargenau, daß Brecket tot ist.«
Ich schilderte meinem Freund das Gespräch mit dem Gangster.
»Dann scheint deine Theorie tatsächlich zu stimmen«, gab Phil zu, »alle drei Morde wurden von einer Gang ausgeführt. Und der Boß dieser Gang ist Roger Hellman.«
»Dafür haben wir allerdings noch keine Beweise«, erwiderte ich. »Der Detektiv hat bisher nur einen einzigen Fehler gemacht: Er hat seine Frau angerufen.«
»Du willst also Nachtschicht einlegen?« fragte Phil.
»Bleibt uns etwas anderes übrig?«
»Das heißt, ich kümmere mich um den Trainer, und du wirst Miß Alice Paine einen Besuch abstatten. Vorher würde ich allerdings deinen Anzug reinigen lassen«, sagte Phil mit einem Blick auf meine Jacke.
»Nicht nötig. Der Anzug paßt genau zu der Rolle, die ich spielen will.« Diesmal fuhr Phil mit mir bis kurz vor Alice Paines Haus. An einem Parkplatz für Taxis setzte ich ihn ab und ließ auch gleichzeitig meinen Wagen stehen.
Die Haustür war beleuchtet. Ich klingelte bei Miß Paine. Neben dem Schellenbrettbefand sich eine Wechselsprechanlage. Ein Knistern im Lautsprecher verriet mir, daß Alice im Hause war.
»Hallo, wer ist da?« fragte ich.
»Hier ist Cotton, ein Freund von Promoter Wilston«, antwortete ich, »darf ich einige Minuten zu Ihnen ’raufkommen?«
»Finden Sie nicht, daß es etwas spät ist?« entgegnete sie kühl.
»Es wird Sie interessieren, was ich Ihnen erzähle.«
Statt einer Antwort schnarrte der elektrische Türöffner. Ich betrat das Haus und fuhr mit dem Lift nach oben. Miß Paine trug ein hochgeschlossenes Nachmittagskleid. Sie wirkte streng und unnahbar. Ihr Gesicht war in den wenigen Stunden stark gealtert. Wieder stach mir ihr Jasmin-Parfüm in die Nase.
»Bite, Mr. Cotton, treten Sie ein«, sagte sie mit kraftloser Stimme.
Die Wohnung war gediegen eingerichtet. Die Sessel standen mit dem Rücken zur Tür.
»Nehmen Sie Platz«, sagte sie, »wünschen Sie etwas zu trinken?«
»Nein, danke, ich habe noch eine Menge Arbeit vor mir.«
Ich öffnete meine Jacke, als ich mich setzte.
Miß Paine nahm mir gegenüber auf der Couch Platz. Dabei hielt sie die Tür zum Korridor im Auge.
»Sie wollten mir etwas erzählen, Mr. Cotton?«
»Ja, wir sind den Mördern auf der Spur«, begann ich, »den Mördern von Lion Brecket. Außerdem geht der Überfall auf einen Ford und der Mord an Theophil Zabar ebenfalls auf ihr Konto.«
Die
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