0434 - Die Rache der Menschengeier
nichts.«
»Wieso auch?«
Dafür sagte ich nur ein Wort. Ich möchte den Begriff umschreiben. Er war sehr hart für eine so weiche Masse…
***
Ob man es glaubt oder nicht. Wir waren tatsächlich mehrere Tage fast rund um die Uhr im Einsatz. Mir kam es so vor, als gäbe es überhaupt keine Schwarzblütler oder Dämonen mehr auf dieser Welt. Ich mußte alles andere hintenanstellen. Suko erging es nicht anders. Er versuchte immer wieder mich aufzuheitern. Erfolg hatte er keinen.
Zudem war ich nur mit halber Kraft bei der Sache, weil meine Gedanken immer abirrten.
Für Colonel Redbury dagegen war die gesamte Königsfamilie wie das Amen in der Kirche.
Ihm war die Aufgabe zugefallen, die Wege zu sichern. Eine schier unlösbare Aufgabe, denn, das wußte er schon, die Königin wollte sich nicht allzu stark an das Protokoll halten, sondern mal ihren eigenen Weg gehen und mit dem Volk reden.
Schon jetzt sah Redbury das Chaos heranrücken. Je näher der Tag kam, um so mehr fiel er zusammen. Der hatte bestimmt über zehn Pfund abgenommen. Wir gehörten zu seinem inneren, erweiterten Kreis von Sicherheitsbeamten.
Wenn die Königin in der Kirche war und die Messe ihr zu Ehren gefeiert wurde, sollten wir draußen bleiben und für einen Sicherheitsring sorgen.
Zum Glück wurde ich nicht von Suko getrennt, und als der Tag da war, trafen wir uns am frühen Morgen noch einmal zu einer letzten Lagebesprechung. Uns allen hing noch die Anstrengung der vergangenen Tage in den Knochen. Das Wochenende war ausgefallen.
Redbury trug seine Paradeuniform. Er war immer noch ein ziemlich beleibter Mann mit einem runden Gesicht und hellwachen Augen. Wenn er sprach, faßte er sich oft militärisch kurz.
Zu acht saßen wir im Halbkreis vor ihm auf den harten Stühlen und starrten auf die Projektoren des Wegs, den die Queen nehmen würde, wenn sie vom Buckingham Palast zur Westminster Abbey fuhr.
Anschließend wollte sie dann auf Schloß Windsor im Kreise der Familie für einige Stunden feiern, um sich danach wieder in den Trubel zu stürzen.
Redbury kaute noch einmal alles durch. Der Zeigestock in seiner Rechten sah aus wie ein langer gelber Finger. Ich vernahm zwar seine Stimme, hörte aber kaum hin, weil ich mit meinen Gedanken ganz woanders war. Ich dachte wieder an die Menschengeier.
In den vergangenen Tagen hatte ich sie aus meinem Gedächtnis streichen können, ausgerechnet jetzt fielen sie mir wieder ein. Ob das ein schlechtes Omen war?
Wenn sich diese Vögel zu einem Angriff entschließen würden, während wir unseren Dienst versahen, konnte das eine Katastrophe heraufbeschwören. Ich spürte den Druck im Magen und zuckte zusammen, weil man mich ansprach.
»Oberinspektor Sinclair!«
»Ja?«
»Ich möchte, daß Sie diese Aufgabe übernehmen, die ich soeben durchgesprochen habe.«
»Natürlich, Sir.«
»Welche ist es denn?«
Da geriet ich ins Stottern, wurde von den anderen grinsend angeschaut, nur Suko sagte mir etwas vor, was Redbury überhaupt nicht gefiel, denn er fing an zu toben.
Er sprach von einem Disziplinarverfahren, und mir lagen entsprechende Antworten auf der Zunge, doch die schluckte ich gerade noch rechtzeitig herunter.
Redbury beruhigte sich auch wieder, warf mir aber hin und wieder böse Blicke zu.
Ich tat ihm den Gefallen und konzentrierte mich auf seine Ausführungen.
Wenig später waren wir entlassen und harrten der Dinge, die da kommen sollten.
In einer Stunde war Treffpunkt. So lange hatten wir Pause. Suko und ich hockten zusammen. »Du denkst an die Geier, was John?«
»Und ob.«
»Glaubst du, daß sie kommen?«
»Hoffentlich nicht in den nächsten Stunden…«
***
Auch wenn die Queen 60 wurde, der Himmel hatte trotzdem kein Einsehen, denn es regnete. Mir kam es vor, als würden die Wolken Tränen vergießen, aus Trauer darüber, daß auch eine Königin immer älter wurde.
Auf den Straßen war trotzdem einiges los. Hinter den Absperrungen drängten sich unzählige Menschen. Männer, Frauen, Kinder. Die Frauen waren in der Überzahl. Sie hatten ihren Kindern kleine Fahnen mitgegeben, die heftig geschwenkt wurden, um der Queen zu zeigen, wie willkommen und beliebt sie bei der Bevölkerung war.
Bereits vor ihrer Ankunft hallten Hochrufe durch die Straßen. Es schien so, als wollten die Menschen üben.
Wir hatten die Victoria Street nicht zu verlassen brauchen und standen nahe der Kirche. Die unmittelbare Umgebung war zum Sperrbezirk erklärt worden.
Keiner der Sicherheitsbeamten war
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