0436 - Im Reich der Kraken-Schlange
nicht in diesem teuflischem Spiel mitwirkten.
Wieso also hatte der Kristall nicht gewirkt?
Zamorra ließ die Hand mit dem Kristall sinken, der nicht mehr so hell strahlte wie vor ein paar Sekunden.
»Ich habe versucht, diese Kraken-Schlange zu vernichten«, sagte Zamorra. »Im gleichen Moment, als sie das Trugbild packte, habe ich versucht, den Dhyarra umzuschalten, ihm meine neuen Vorstellungen aufzuzwingen. Er hat auch versucht, sie umzusetzen.«
»Was für Vorstellungen?« fragte Nicole.
»Feuer. Zerstörung. Kein normales, sondern Haftfeuer. Phosphorähnlich. Das hätte auch unter Wasser gebrannt. Aber es hat einfach nicht gewirkt, hat nicht gepackt.«
»Vielleicht war deine Konzentration nicht stark genug?« gab Nicole zu bedenken. »Wenn ich mir überlege, was du da für einen Köder ausgelegt hast… vielleicht warst du selbst abgelenkt und konntest dich auf den Kampf nicht gut genug konzentrieren?«
Zamorra schüttelte den Kopf.
»Traust du mir das zu, chérie?« fragte er. »Wirklich? Du solltest wissen, daß ich mich so schnell nicht ablenken lasse… vor allem, wenn es um dermaßen wichtige Dinge geht.«
»Aber wieso hat der Dhyarra dann nicht gewirkt?«
Zamorra zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Es ist das erste Mal, daß so etwas passiert, nicht? Ich habe gespürt, daß das, was ich erzwang, entstand. Aber es konnte kein Ziel packen. Es fand das Ungeheuer einfach nicht, glitt ins Leere. Die Kraft ist sinnlos verpufft - und weil das Haftfeuer kein Ziel fand, konnte es auch seine Wirkung nicht entfachen. Es verschwand wieder.«
»Das heißt, daß dieses Monstrum über ein Deflektorvermögen verfügt. Es kann feindliche Magie von sich abgleiten lassen, nicht wahr?«
Zamorra nickte.
»So sieht’s aus. Verflixt, das Amulett ist abgeschaltet, der Dhyarra wirkt nicht - was können wir jetzt noch tun?«
»Eine Atombombe in den Teich werfen, um Zantos’ Vorschlag zu folgen«, sagte Nicole sarkastisch.
Zamorra schüttelte den Kopf. Ihn hatte es jetzt gepackt. Daß eine schwarzmagische Kreatur selbst der gezielten Energie eines Dhyarra-Kristalls widerstand, hatte er noch nie erlebt. Allenfalls, wenn Dhyarra gegen Dhyarra stand. Dann entschied der Besitzer des stärkeren Kristalls die Schlacht für sich. Aber so - nein, das gab’s nicht.
Denn die Kraken-Schlange barg selbst keine Dhyarra-Engerie in sich.
Zamorras Ehrgeiz war gepackt.
»Ich kriege das Biest«, murmelte er. »Irgendwie kriege ich das Biest!«
***
Leonardo deMontagne verstand es nicht. Wieso hatte Zamorra die einmalige Chance verstreichen lassen?
Nichts hatte er getan. Das Ragnarök-Biest hatte das Scheinopfer gepackt, mit sich unter Wasser gezerrt und verschlungen - und dabei hatte das Trugbild sich höchstwahrscheinlich aufgelöst. Was sollte anderes geschehen sein?
Leonardo konnte sich höchstens noch vorstellen, daß Zamorra das Trugbild noch nicht hatte erlöschen lassen, sondern eine magische Bombe hinein projiziert hatte, die in wenigen Augenblicken explodieren würde.
Aber nichts dergleichen geschah. Im Gegenteil, Zamorra wirkte jetzt auf den heimlichen Beobachter so entspannt, daß es klar war: er hatte seine Dhyarra-Konzentration aufgegeben. Allein aus sich heraus konnte aber keine Dhyarra-Projektion fortbestehen. Das Trugbild des vermeintlichen Opfers hatte sich aufgelöst.
Und nichts war geschehen. Nichts war explodiert. Das Hybrid-Monstrum existierte immer noch. Wirklich an eine magische Bombe geglaubt hatte Leonardo allerdings nicht. Ein solches Vorgehen paßte zu ihm selbst, nicht aber zu dem gradlinig und stets fair kämpfenden Zamorra.
Es mußte noch etwas anderes dahinterstecken.
Zamorra konnte diese Chance nicht ungenutzt verstreichen lassen. Er mußte etwas getan haben. Aber was?
Plötzlich packte Angst den Fürsten der Finsternis.
Hatte Zamorra das Spiel längst durchschaut? Begriff er, worum es ging? Hatte er aus dem Abschalten des Amuletts Schlüsse gezogen, die Leonardo nicht gefallen konnten? Es mußte so sein. Zamorra versuchte, den Fürsten der Finsternis auszutricksen und ihn aus seiner Reserve zu locken!
»Nein«, keuchte Leonardo deMontagne. »So nicht, mein Feind. So nicht… da suchen wir uns eine günstigere Gelegenheit. Du wartest darauf, daß ich jetzt selbst komme und nachschaue… aber dann wartest du vergeblich… wir treffen uns zu einer mir günstigeren Zeit…«
Und er verschwand.
Von einem Moment zum anderen gab es den alten Mexikaner in seinem Poncho
Weitere Kostenlose Bücher