0437 - Das Monster im Keller
waren oft genug genötigt, die Nacht zum Tage zu machen, und das brannte sich als Gewohnheit irgendwann fest. Ein so frühes Erwachen war unnatürlich.
»Vielleicht solltest du versuchen, wieder einzuschlafen«, schlug Nicole vor. »Ich glaube nicht, daß dieser Alptraum zurückkommt.«
»Wenn ich nur wüßte, wer das Schwert geschwungen hat«, murmelte Zamorra. »Und wieso komme ich ausgerechnet darauf, daß Blut aus dem zerschlagenen Amulett aufwärts rinnt? Da paßt doch nichts, gar nichts.«
Sie kam zum Bett zurück, ließ sich neben Zamorra nieder und drückte ihn in die Kissen zurück, um sich an ihn zu schmiegen.
»Doch. Diese Furcht des Amulett-Bewußtseins, zerstört zu werden, muß dabei eine Rolle spielen«, sagte sie. »Und das hat irgend etwas mit dem Schwert zu tun. Es ist eine Nachwirkung des Geschehens, eine nachträgliche Verarbeitung des Erlebnisses, chéri. Der Dhyarra-Schock macht dir wahrscheinlich noch zu schaffen. Denn das Monster selbst dürfte ja erledigt sein.«
»Wenn es ein Monster war«, sagte Zamorra leise und streichelte Nicoles Haut. »Ein metallfressendes Etwas… unglaublich. Und Merlins Stern befürchtete wohl auch, gefressen zu werden… ich glaube, dieses Etwas war weitaus gefährlicher, als es den Anschein hat. Bisher hat das Amulett doch noch nie vor einem Gegenspieler den Schwanz eingezogen.«
Nicole küßte Zamorras Wange und Nasenspitze. »Es wird mit der Zeit immer bewußter und möglicherweise intelligenter. Und wer intelligent ist, weicht Kämpfen aus, statt sich in jede Auseinandersetzung zu stürzen… nur Idioten schlagen sich gegenseitig tot und führen Kriege.«
»Dann sind wir also Idioten, weil wir ständig in Kämpfe und Kriege gegen die Hölle und ihre Dämonen und Helfer verwickelt sind…«
»Vielleicht sind wir das wirklich. Aber es ist eine Art von Notwehr«, sagte Nicole. »Es ist unser Recht, uns zu verteidigen. Denn eigentlich sind es die Dämonen, die immer wieder angreifen…«
»Das Recht ist immer auf der Seite des Siegers, und der steht erst nach dem Krieg fest«, brummte Zamorra pessimistisch. »Nur gut, daß das auf uns doch nicht so ganz zutrifft… jedenfalls glaube ich nicht, daß ich jetzt wieder einschlafen kann.«
»Ich hätte durchaus Lust, dich müde zu machen«, bot Nicole an und schmiegte sich enger an ihn.
Da klopfte Raffael Sturm.
»Monsieur Zamorra…?«
Zamorra seufzte. Er löste sich aus Nicoles Umarmung und ging zur Tür. »Was ist denn los?« fragte er erstaunt.
Der alte Diener, der schon längst jenseits der Pensionierungsgrenze war, von seiner Arbeit aber einfach nicht lassen konnte und behauptete, zu sterben, wenn er aufs Altenteil geschoben würde, seufzte. »Entschuldigen Sie vielmals, Professor. Unter anderen Umständen hätte ich Sie natürlich niemals gestört, aber es ist wohl sehr wichtig. Und weil ich Stimmen hörte… Verzeihung, ich habe natürlich nicht bewußt gelauscht. Aber ich hörte, daß Sie beide miteinander sprachen, und…«
Zamorra stöhnte. »Nun hören Sie auf, sich zu entschuldigen und um den heißen Brei herumzureden, Raffael«, verlangte er hinter der einen Spalt weit geöffneten Tür. »Was zum Teufel ist passiert?«
»Madame Lafitte ist hier, Professor«, sagte Raffael Bois. »Sie sagt, es sei ungeheuer wichtig. Ein gewisser Patrik LaGrange sei tot.«
***
Zamorra war selten so schnell in die Hosen geschlüpft wie jetzt. An sein Hemd kam er nicht mehr heran; das hatte Nicole als Mini-Kleid für sich erobert. Der weißhaarige Raffael führte sie zu Nadine Lafitte, die er in einer der Kaminzimmer geführt hatte. Nadine sprang auf, als sie Zamorra und Nicole sah. Sie störte sich nicht an deren etwas wildem Aussehen. »Patrik ist tot«, stieß sie hervor. »Ich glaube… ich glaube, Charlene dreht durch. Ich kann es einfach nicht glauben. Ihr… ihr müßt sofort hin, müßt euch darum kümmern.«
»Mal langsam«, sagte Zamorra. »Mal ganz langsam, Mädchen. Denk daran, daß Nicole und ich noch nicht so ganz aufnahmefähig sind. Immerhin ist es frühester Morgen. Zumindest für uns.«
»Ich weiß«, sagte Nadine leise. »Aber Charlene war so verzweifelt…«
»Wo ist sie?« fragte Zamorra.
»Am Telefon…«
»Quatsch«, sagte Zamorra. »Wo befindet sie sich jetzt? Zu Hause? Oder ist sie bei euch? Oder wartet sie unten im Auto?«
»Sie ist noch drüben in Patriks Haus. Von da aus hat sie ja angerufen. Ich… ich weiß nicht genau, was passiert ist. Sie sagte nur, es sei entsetzlich,
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