0439 - Das Folterbett
ging zurück, weil ihr meine Nähe wohl unangenehm war.
»Nein, nein!« keuchte sie. »Wie können Sie so etwas behaupten?«
»Wir haben eine Zeugin!«
»Ein Kind.« Fast hätte sie mich wieder angespien, so groß war ihre Verachtung.
Die beiden Polizisten griffen nicht ein. Sie standen dabei und schauten dem Drama stumm zu.
»Ein Kind beobachtet oft besser als ein Erwachsener. Das mal vorweg gesagt.«
Carola Seidel ging noch weiter zurück. Dabei geriet sie auch in die Nähe des Ausgangs. Es war sicherlich Absicht. Das merkte auch Will.
Gemächlich schlenderte er auf die Tür zu und baute sich dort auf.
Die Frau blieb stehen. »Ihr wollt mich fertigmachen, ihr Bullen. Aber das schafft ihr nicht.«
Ich hob die Schultern. »Von fertigmachen ist keine Rede. Wir wollen nur Antworten auf unsere Fragen.«
»Die habe ich gegeben.«
»Nein, Sie haben gelogen.«
»Glauben Sie der Göre?« schrie sie.
»Natürlich!«
»Wollen Sie mich jetzt einsperren?«
Will meldete sich zur Antwort. »Es kommt darauf an, wie Sie sich verhalten, Frau Seidel.«
Sie hatte wieder ihre innere Sicherheit zurückgefunden und dokumentierte dies auch äußerlich, als sie die Arme vor der Brust verschränkte.
»Bitte, Kommissar, ich mache nichts.«
»Dann sagen Sie uns, wo sich das Bett befindet.«
Ob ihr Staunen echt oder gespielt war, konnten wir nicht feststellen.
Jedenfalls fing sie noch an zu lachen. »Ein Bett? Von welch einem Bett sprechen Sie?«
»Das in Max Benders Zimmer stand.«
Sie winkte ab. »Ach so. Ja, dieses alte Feldbett kenne ich.«
»Und wo ist es jetzt?«
»Weiß ich nicht.«
»Haben Sie schon einmal darin gelegen?«
»Wie käme ich dazu?«
»Sie lügt!« meldete sich Ute. »Sie hat schon einmal darin geschlafen. Als ich meinen Opa besuchte, sah ich von ihr ein Nachthemd oder so etwas Ähnliches.«
»Die Göre lügt!«
»Ich glaube nicht.« Langsam ging ich auf Carola Seidel zu. Misstrauen flackerte in ihren Augen auf, gepaart mit Furcht, denn sie hatte gesehen, dass ich etwas unter meinem Hemd hervorholte und es ihr so plötzlich präsentierte, dass sie zurückzuckte.
Es war das Kreuz!
Aber sie hatte keine Furcht davor. Sie war zwar einen Schritt nach hinten gegangen, kam jedoch wieder vor und schüttelte den Kopf. »Was soll das?«
»Ich wollte Ihnen nur etwas zeigen!«
»Na und?«
Ich nickte. »Ist schon gut, Frau Seidel, Sie haben…«
»Sei mal ruhig, John.«
Will Mallmann hatte gesprochen. Er stand bewegungslos auf dem Fleck und schien in die Ferne zu lauschen. Auch die beiden Polizisten rührten sich nicht. Denn sie hatten ebenfalls etwas gehört. Nur ich war noch völlig ahnungslos, was sich allerdings änderte, denn just in diesem Augenblick vernahm auch ich das qualvolle Jammern, das wie ein leiser Hauch durch die Halle wehte.
Und mein Kreuz strahlte plötzlich auf…
***
Es war nicht dieses blendende Strahlen, das ich bei einer Aktivierung erlebte: Das geheimnisvolle Blinken an den vier Enden glich mehr einem Warnsignal vor irgendwelchen fremden Mächten, die in der Nähe lauerten und uns umgaben.
Das Wimmern steigerte sich nicht. Es blieb gleichmäßig und besaß auch keinen bestimmten akustischen Standpunkt. Von allen Seiten drang es auf uns nieder, und für mich gab es nur die Erklärung, dass innerhalb des Hauses etwas nicht stimmen konnte.
Ute unterbrach unser Schweigen. »Das sind die Geister!« flüsterte sie.
»Ja, das sind die Geister.«
Ich schaute sie an. »Von welchen Geistern sprichst du?«
»Die ich auch schon erlebt habe. Die gleichen Stimmen. Ich konnte sie hören.«
»Wann?«
Das Mädchen schaute mich bei seiner Antwort beinahe vorwurfsvoll an.
»Als ich in Opas Bett lag!«
Ich schluckte. Das Bett, immer wieder das verdammte Bett. Es spielte die entscheidende Rolle, und wir hatten auch weiterhin keine Spur von ihm entdecken können.
Ich ballte die Hände zu Fäusten. »Es befindet sich also nicht mehr hier im Haus?«
»Nein…«
Will Mallmann hob die Schultern. »Hast du sonst keine Erklärung für das Wimmern, John?«
»Doch. Es muss mit der Wolke zusammenhängen, die aus Frau Seidels Mund drang.«
Will warf ihr einen Blick zu, aber die Frau schaute zu Boden. Sie wollte nicht darüber reden.
Ich ließ das Kreuz wieder verschwinden. Allmählich verebbte das unheimlich klingende Wimmern.
Ruhe kehrte ein…
Ich räusperte mich, und Frau Seidel schaute auf, denn sie ahnte, dass ich ihr eine Frage stellen wollte. »Wie lange besaß Max Bender das
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