0439 - Das Folterbett
auch die Benders wohnten. Allmählich verlor sie an Höhe und glitt in langen Kurven talwärts.
Carola Seidel schwieg. Sie saß da und schaute auf ihre Handgelenke, die von den glänzenden Ringen umspannt wurden. Da Mallmann den Weg nicht kannte, musste Ute ihn erklären. Sie brauchten nicht bis in den engen Ortskern hinein, konnten, nachdem der kleine See an der linken Seite hinter ihnen lag, in eine rechts abzweigende Straße einbiegen, die in ein Hügelgelände hineinstach und zu einem Neubaugebiet führte, wo Reihenhäuser standen.
Von dort oben genoss man eine prächtige Aussicht.
Inzwischen war es früher Abend geworden. Die ersten Schatten senkten sich in die Täler. Auf den Straßen des Neubaugebiets spielten Kinder.
An diesem warmen Tag hielt es nur wenige Menschen in den Häusern.
Die meisten saßen in Vorgärten oder hatten sich auf die Terrassen gelegt, um die letzten Sonnenstrahlen zu genießen.
Wenn ein Streifenwagen auftaucht, ist er stets ein Anziehungspunkt für Neugierige. So war es auch hier. Die Kinder schauten dem Wagen nach, aus dem Ute ihren Spielkameraden zuwinkte. Schließlich kannte sie alle, die hier auf der Straße spielten.
Kurz vor einem Wendehammer führte noch ein schmaler Weg nach links zu einer Reihe von zehn Häusern. Die Benders bewohnten das vierte.
Als der Streifenwagen vor dem Haus stoppte, schauten nicht nur die Nachbarn neugierig, auch die Tür wurde geöffnet, und eine blonde Frau erschien auf der kleinen Treppe. Sie wollte sofort losrennen, als Ute schon ausstieg und ihr entgegenlief.
Will blieb noch sitzen. Er beobachtete auch wie Frau Bender Ute auffing.
»Ich kann mir denken, was Sie fragen wollen, aber ich nehme Frau Seidel mit.«
»Gut, Herr Kommissar. Aber wie kommen Sie wieder weg?«
»Dann hole ich mir ein Taxi.«
»Viel Glück.«
»Danke.« Will Mallmann stieg aus.
Mutter und Tochter standen noch immer vor der Haustür und wollten sich nicht loslassen. Der Kommissar hatte das Gefühl, als wüsste die Frau Bescheid, und dieses Gefühl verdichtete sich, als er in das vom Weinen gerötete Gesicht der Christel Bender schaute.
Carola Seidel ging neben ihm her. Ihr Gesicht war unbewegt, und Will hielt ihren linken Arm in Höhe des Ellbogens umklammert. »Was soll ich eigentlich hier?« fragte sie.
»Das werden Sie schon merken, Frau Seidel.«
Ute ging ins Haus. Ihre Mutter blieb noch an der Tür und hörte zu, wie sich der Kommissar vorstellte.
Sie strich durch ihr dichtes Haar. »Ja, Herr Mallmann, man hat mich bereits informiert. Ich… ich sprach auch schon mit dem Krankenhaus.«
Sie hob die Schultern. »Wie es aussieht, kann es mein Mann schaffen, glaube ich.«
»Davon bin ich überzeugt.«
»Bitte, kommen Sie herein.«
Erst als sie im Haus standen, der Flur war ziemlich eng wie in fast allen Reihenhäusern, fiel Christel Bender auf, dass Mallmanns Begleiterin Handschellen trug.
»Frau Seidel!« flüsterte sie erstaunt. »Sie… Sie sind ja gefesselt.«
»Na und?«
»Das musste sein«, erklärte Will.
»Wieso denn?«
»Lassen Sie uns in den Wohnraum gehen.«
»Ja, ja.« Sie sprach auch weiter. »Ich begreife das alles nicht. Erst wurde mein Schwiegervater ermordet, jetzt ist mein Mann nur knapp einem Anschlag entronnen. Was ist eigentlich los? Wie kann so etwas auf einmal kommen?«
»Leider weiß ich darauf noch keine Antwort. Ich hoffe aber, dass Sie mir helfen können.«
»Ich?«
»Ja.«
Christel Bender hob die Schultern und deutete auf eine mit Cordstoff überzogene Couch. »Bitte, setzen Sie sich.«
Frau Seidel musste neben Will Platz nehmen. Sie starrte durch das Fenster auf die Terrasse, wo sich Ute aufhielt und mit einer kleinen Katze spielte.
Fast eine Idylle…
Auch Christel Bender ließ sich in einen Sessel fallen. »Sie haben Frau Seidel richtig verhaftet?« fragte sie.
»Es musste sein.«
»Welchen Grund gibt es?«
»Sie ist möglicherweise für den Tod Ihres Schwiegervaters verantwortlich. Um mehr darüber herauszufinden, sind wir auch zu Ihnen gekommen, Frau Bender.«
»Wie- könnte ich Ihnen helfen?«
»Indem Sie meine Fragen beantworten. Kennen Sie das Bett, das sich Ihr Schwiegervater vor kurzem noch gekauft hat?«
»Ich hörte davon.«
»Gesehen haben Sie es nie?«
»Nein.« Sie hob die Schultern. »Wir wohnen zwar nicht weit von meinem Schwiegervater entfernt, aber so oft haben wir uns auch nicht getroffen. Er war ein vielbeschäftigter Mann, viel unterwegs, da kam es vor, dass wir uns wochenlang nicht
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