0439 - Das Folterbett
ist?«
»Das ist mir bekannt.«
»Er hat Ihnen etwas hinterlassen. Ich muss mit Ihnen sprechen, weil es noch einige Dinge zu regeln gibt, möchte es aber nicht hier draußen tun. Sie verstehen?«
Bewusst hatte ich sehr allgemein gesprochen, aber mit solchen Sätzen gelingt es oft, sein Gegenüber zu überzeugen. Auch hier verhielt es sich nicht anders. Möglicherweise trieb die Gier auch den Mann dazu, mich einzulassen.
»Ich habe aber nicht viel Zeit.«
»Keine Sorge, ich fasse mich kurz.« Auf einer grauen Matte säuberte ich meine Schuhsohlen, bevor ich das düster wirkende Haus betrat. Ob Haus oder Wohnung, eine Atmosphäre besitzt jedes Heim. Manchmal fühlte man sich wohl, dann auch wieder nicht, aber hier kam eine direkte Abneigung hinzu.
Ich mochte den Bau nicht.
Dennoch behielt ich mein Lächeln bei und überspielte somit mein Unwohlsein. Ich stellte mich namentlich vor, reichte dem anderen aber nicht die Hand.
Er führte mich in einen nicht gerade hellen Raum. In ihm standen dunkle Bauernmöbel. Es roch nach Farbe und Beize. Auch dieser Mann hatte mit Antiquitäten zu tun.
In einem mit geblümten Stoff überzogenen Ohrensessel durfte ich mich setzen, spürte unter meinem Allerwertesten die Sprungfedern, während sich der Mann vor mir einen Stuhl ausgesucht hatte, gegen dessen hohe Lehne er seinen Rücken drückte.
»So, worum geht es, Herr Sinclair?«
Sein Gesicht blieb im Schatten. Dennoch sah ich den grauen Knebelbart, der sein eckiges Kinn umwucherte. Das Gesicht nahm an der Stirn an Breite zu. Die Nase wirkte viel zu klein, dafür war der Mund sehr breit und schmallippig.
»Wie ich schon erwähnte, es handelt sich hier um eine Hinterlassenschaft und um eine Bitte, die unser Versicherungsteilnehmer Max Bender ebenfalls schriftlich fixiert hat.«
»Eine Bitte?« Die Frage klang lauernd.
»Ja.«
»Dann raus damit, bevor Sie mir sagen, was mir mein Freund hinterlassen hat.«
»Er hat ein Teil seiner Familie vererbt, das sich in Ihren Händen befinden muss.«
»Bei mir?«
»So haben wir es schriftlich.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen. Welchen Gegenstand will er seiner Familie vermachen?«
»Es ist ein Bett!«
Ich hatte den Satz locker dahergesagt und sah plötzlich, wie sich Karl Richter versteifte. Mit dieser Eröffnung hatte er wohl nicht gerechnet, er fragte auch nicht und ließ mich kommen.
Ich tat ihm den Gefallen. »Dieses Bett, Herr Richter, muss sich bei Ihnen befinden. Unser Klient hat sehr daran gehangen, er will nicht, dass es veräußert wird und möchte es deshalb seiner Familie übergeben.«
»Ja, ich verstehe.« Er holte durch die Nase Luft. »Und deshalb sind Sie extra zu mir gekommen?«
»Ich möchte das Bett sehen.«
Richter deutete mit dem Finger auf sich. »Es tut mir leid. Sie sind da einer Lüge aufgesessen.«
»Soll das heißen, dass ich das Bett hier nicht mehr finde?«
»Es war nie hier.«
Ich räusperte mich und tat zerknirscht. »Das kann ich mir nicht vorstellen. Es muss einfach hier sein. Sonst hätte unser Klient es nicht noch nachträglich niedergeschrieben. Ich habe auch mit seinen Angehörigen gesprochen. Sie bestätigten mir, dass sich das Bett nur hier bei Ihnen befinden kann. In Benders Haus haben wir es nicht gefunden.«
Richter winkte ab. »Verwandtschaft«, sagte er geringschätzig. »Was wissen die denn schon?«
»Sie scheinen von Max Bender ins Vertrauen gezogen worden zu sein.«
»Hier finden Sie jedenfalls nichts, Sinclair.«
Ich runzelte die Stirn. »Das ist dumm. Aber Sie wissen, um welch ein Bett es sich handelt?«
»Ja… ja…«
»Das ist gut. Können Sie es mir beschreiben?«
Ich sah ihm an, dass ihm die erste Antwort schon leidtat. Er ballte eine Hand zur Faust, räusperte sich, stand auf und schritt auf einen Schrank zu, dessen Oberteil mit zwei Glastüren verziert worden war. Die rechts zog er auf und holte ein Glas hervor, in das er einen scharfen, wässrigen Schnaps kippte.
Langsam trank er und schluckte die Flüssigkeit herunter. »Was wollen Sie denn mit dieser Beschreibung?«
»Wir könnten eine Suchmeldung formulieren.«
»Tut mir leid. Ich habe das Bett einmal gesehen und es nicht mehr so in Erinnerung.«
»Wissen Sie denn, woher es stammt?«
Richter blieb neben dem Stuhl stehen und legte eine Hand auf die Lehne. »Soviel ich weiß, hat es hier in der Nähe in einem alten Gefängnisturm gestanden. Man hat es den Verurteilten früher in das Verlies gestellt. Praktisch in der letzten Nacht vor ihrem Tod. Da
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