0439 - Das Folterbett
haben?«
»Ja, Vati erzählte es. Ich soll Ihnen etwas erzählen.«
»Richtig, Ute.«
»Aber was?«
»Wie ich hörte, hast du deiner Mutter gesagt, dass dein Großvater in einer bestimmten Nacht sterben wird.«
»Stimmt.«
»Woher wusstest du das, Ute?«
»Einfach so.«
Ich lächelte. »Klar, das nehme ich dir ab. Manche Menschen wissen das einfach so, manche aber auch nicht. Da haben sie vorher etwas Bestimmtes erleben müssen, um es dann einfach so zu wissen. Ich möchte dich fragen, ob das auch bei dir der Fall gewesen ist.«
»Aber Sinclair!« mischte sich Axel Bender ein. »Sie behandeln das Kind ja wie eine Erwachsene.«
»Ich bin ja auch schon fast erwachsen«, beschwerte sich Ute, so dass wir lächeln mussten.
»Soll ich weitermachen?« fragte ich.
Bender saugte an seiner Zigarette. »Meinetwegen, fragen Sie.«
»Also, Ute, du wusstest, dass dein Großvater sterben würde. Ist es so?«
»Ja.«
»Wer gab dir denn die Nachricht?«
Sie schnaufte, als sie Luft holte. »Ich habe das einfach so empfangen. Ich lag in meinem Bett, konnte nicht schlafen, und plötzlich wusste ich Bescheid.«
»Hast du mit deinem Großvater gesprochen?«
Bender lachte leise. »Das ist nicht möglich. Sie waren räumlich zu weit voneinander entfernt.«
Allmählich wurde ich ungeduldig. »Lassen Sie mich die Fragen stellen. Ich komme noch auf den Kernpunkt.«
»Es ist wirklich besser, Axel!« stand Will Mallmann mir bei.
»Ja, ja, schon gut.«
Ute zeigte sich verständnisvoller als ihr Vater. »Nein, ich habe nicht mit ihm gesprochen, aber ich wusste trotzdem über ihn Bescheid, Herr Sinclair. Es kam mir so in den Sinn.«
»Hast du sehr an deinem Opa gehangen?«
Ute nickte, während Tränen in ihre Augen stiegen und ich die Befragung aussetzte. Dabei schaute ich über die Reling. Die Berge des Schweizer Ufers waren näher gerückt. Sie standen dort wie blauschwarze Schatten in der flirrenden heißen Luft.
Als Ute sich die Nase schnäuzte, drehte ich mich wieder um. »Ich war oft mit meinem Opa zusammen. Er hat mich oft mitgenommen, wenn er zu den Leuten gefahren ist und die Sachen gekauft hat.«
Ich wusste über den Befund Bescheid. »Du sprichst von den Antiquitäten?«
»Ja.«
»Was hat er denn in letzter Zeit so alles geholt?«
Ute hob die Schultern und überlegte noch ein Weilchen, bevor sie wieder sprach. »Schränke, Kommoden, Bilder, Figuren - alles mögliche. Und ein altes Bett.«
»Welches Bett?«
»Darin hat man ihn umgebracht!« flüsterte Axel Bender mir zu.
Ute hatte ihre Hände auf die Knie gelegt und schaute ins Leere. Sie wirkte so wie jemand, der über das letzte gesprochene Wort noch nachdachte.
Und das war das Bett…
Ich kam darauf wieder zu sprechen. »Hat dein Großvater das Bett besonders geliebt?«
Sie sah aus, als wäre sie aus einem tiefen Traum erwacht. »Ich… ich glaube schon.«
»Woran hast du das gemerkt?«
»Er sprach oft davon, und er hat auch mal zu mir gesagt: Ute, das Bett hat eine Geschichte.«
»Du weißt aber nicht, was er damit meinte?«
»Nein. Oder doch. Das muss mal woanders gestanden haben.«
Ich nickte. »Schließen wir den Bereich mal ab. Seit wann hast du denn gespürt, dass du mit deinem Großvater in Kontakt treten kannst? Ist es schon länger her?«
»Nein.«
»Kannst du dich daran erinnern, wann es zum ersten Mal der Fall gewesen ist?«
Ute hob die Schultern.
»So kommen Sie doch nicht weiter, Sinclair«, rügte Axel Bender mich, aber ich ließ mich nicht beirren.
»War es noch vor dem Kauf des Bettes oder erst danach?«
Ute überlegte. Sie bewegte ihre Lippen, ohne dass wir etwas hörten.
»Nee«, sagte sie, »danach.«
»Als er das Bett schon hatte?«
»Ja.«
»Das wollte ich wissen.«
Bender zündete sich eine frische Zigarette an. »Sind Sie jetzt schlauer geworden?«
»Ein wenig schon.«
»Ich nicht, wenn ich ehrlich sein soll! Ich verstehe überhaupt nicht, was das Bett mit dem Tod meines Vaters zu tun haben soll.«
»Möglicherweise ist es das Motiv.«
Der Mann lachte hart auf. »Jetzt spinnen Sie wirklich. Ein altes Bett und ein Mordmotiv. Nein, Sie können sagen, was Sie wollen. Ich glaube einfach nicht daran.«
»Wir werden sehen.«
»Wenn Sie noch Fragen haben…«
»Ja, einige, aber lieber wäre es mir, wenn wir dorthin fahren könnten, wo das Bett steht.«
Bender dachte einen Moment nach. »Wenn Sie meinen, ich habe im Prinzip nichts dagegen und auch in den nächsten drei Tagen noch frei.«
»Und du, Will?«
»Ich
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