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044 - Der Todesschwarm

044 - Der Todesschwarm

Titel: 044 - Der Todesschwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Patrick
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wie Gloria und dieser junge Turner.“
    Ronald lachte. „Goldrichtig erkannt, mein Schatz. Ich sprach auch nur von einer Vermutung. Aber vielleicht helfen mir die Bilder weiter, die ich gleich von Gloria schießen werde.“
    Knapp hundert Meter vor dem Friedhof hielt er an. Er nahm einen handlichen Schraubenzieher aus dem Handschuhfach, hängte sich die Fototasche um und stieg aus.
    „Ist das Blitzlicht auch dabei?“ fragte er draußen.
    „Klar, ich bin doch keine Anfängerin“, fuhr Patsy empört auf. „Es befindet sich im Fach links unten.“
    „Gut.“ Er blickte auf seine Uhr. „Genau halb elf. Hol mich in einer Stunde hier wieder ab.“
    „Wird gemacht, Meister.“
    Er wartete, bis sie gewendet hatte und der Alfa in die Hauptstraße einbog. Dann lief er zu der hüfthohen, mit Efeu bewachsenen Steinmauer des Friedhofs und setzte mit einer eleganten Flanke hinüber. Vorsichtig schlich er zwischen den Gräbern durch zum Leichenschauhaus. Vor der Glastür blieb er stehen.
    Ein geschlossener Eichensarg, an den Kopfseiten von zwei brennenden Kerzen eingerahmt, stand auf einem Podest in der Mitte des kleinen schmucklosen Raumes.
    Ronald drückte die Klinke herunter – abgeschlossen. Er sah sich forschend um – kein Mensch weit und breit. Nächtliche Stille lag über dem Friedhof.
    Kurz entschlossen bückte er sich und schraubte das Schloss ab. Minuten später sprang die Tür auf.
    Er ging zum Sarg und blickte unschlüssig auf die Kerzen. Dann blies er eine aus; die andere nahm er aus dem Leuchter und stellte sie hinter sich an die Wand.
    „Falls jemand vorbeikommt, kann er mich bei diesem Licht wenigstens nicht gleich erkennen“, murmelte er und machte sich an die Arbeit.
    Bei der vorletzten Schraube, die er herausdrehte, glaubte er ein Geräusch zu hören. Er duckte sich neben das Podest und starrte angestrengt in die Dunkelheit hinaus. Aber er konnte nichts Verdächtiges entdecken.
    „Vielleicht ein Vogel oder der Wind“, sagte er leise. Er richtete sich wieder auf und drehte die Schraube heraus.
    Schließlich fiel auch die letzte Schraube mit leisem Klick auf den Steinboden. Ronald stemmte sich gegen den Sargdeckel, schob ihn Zentimeter für Zentimeter zur Seite.
    Da – plötzlich ein Rascheln und Knistern – Schritte – ein seltsames Scharren …
    Ronald hob den Kopf – und erstarrte.
    Für den Bruchteil einer Sekunde sah er einen Schatten vor der Tür. Ein blasses Gesicht tauchte schemenhaft auf.
    Der amerikanische Reporter ahnte die Gefahr und warf sich instinktiv zur Seite.
    Im nächsten Moment bellte ein Schuss auf.
    Ronald spürte einen rasenden Schmerz in seinem Kopf. Fühlte, wie es seine Stirn warm hinunterlief. Dann wurde es dunkel um ihn – ganz dunkel.
     

     
    Er wusste nicht, wie lange er auf dem Boden gelegen hatte – Sekunden, Minuten, Stunden?
    Er rappelte sich auf, schleppte sich über den Steinboden.
    Ich muss weg von hier – der Kerl kann jeden Moment wieder auftauchen, hämmerte es in seinem Gehirn. Nichts wie weg – meine einzige Chance!
    Ihm schwindelte. Mühsam hielt er sich an der Tür des Leichenschauhauses fest. Er öffnete sie mit klammen Fingern und stolperte in die Nacht hinaus. Er torkelte durch die Gräberreihen, fiel hin, kam wieder auf die Beine. Irgendwie schaffte er es, über die Mauer zu klettern. Auf der anderen Seite fiel er in einen Holunderbusch. In seinem Schädel brummte und dröhnte es.
    Halb bewusstlos vernahm er Schritte, sah den Lichtkegel einer Taschenlampe über die Zweige wandern. Mit angehaltenem Atem presste er sich an die Erde.
    Für einen Augenblick verweilte der Lichtkegel auf dem Busch, wanderte dann weiter – die Schritte entfernten sich.
    Ronald fiel erneut in tiefe Bewusstlosigkeit.
    Als er aufwachte, war es immer noch dunkel. Nur allmählich kamen ihm der Lichtschein und die Schritte wieder in den Sinn.
    Hier kann ich nicht bleiben – ich muss weiter, dachte er.
    Mühsam stemmte er sich hoch, torkelte wie ein Betrunkener über die Gasse und auf die angrenzende Wiese.
    Er stolperte weiter. Wie lange? Er wusste es nicht.
    Irgendwann tauchte vor ihm der Schatten eines Heuschobers auf. Mit letzter Kraft gelang es ihm, die riesige Tür an der Seite ein Stückchen wegzudrücken und sich durch den Spalt zu zwängen.
    Er schaffte es auch noch die Leiter zum Heuboden hinauf. Doch auf der letzten Sprosse verließen ihn die Kräfte. Er sank vornüber, tauchte ins duftende Heu ein und verlor endgültig die Besinnung.
     

     
    Um halb zwölf

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