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044 - Die Millionengeschichte

044 - Die Millionengeschichte

Titel: 044 - Die Millionengeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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aufgeregt. Ich weiß ja, daß Sie keine bösen Absichten hatten, aber ich sorge mich so sehr um Miss Léman.«
    Mr. Sands legte teilnahmsvoll die Hand auf Jimmys Schulter.
    »Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie Sie sich fühlen.«
    »Aber Sie haben sich ja verletzt!« bemerkte Jimmy plötzlich.
    »Ach, das ist weiter nichts. Ich habe mich heute abend ein wenig gestoßen... Doch ich will lieber gleich die Wahrheit sagen. Es ist nicht so schlimm, aber ich dachte, es wäre besser, wenn ich einen Verband anlegte, denn ich bin gebissen worden.«
    »Wer hat Sie denn gebissen?«
    »Ein Hund. Merkwürdig, nicht? Das Fenster meiner Speisekammer stand offen, er sprang herein, und als ich dazukam, griff er mich an.«
    »Aber Sie sind auch im Gesicht zerkratzt.«
    »Sie sehen aber auch alles«, sagte Sands jetzt ungeduldig. »Ich habe mich beim Rasieren geschnitten. Um aber auf Miss Léman zurückzukommen: Glauben Sie mir, ich werde mir alle Mühe geben, ihr zu helfen. Sie können sich auf mich verlassen, und wenn Geld notwendig ist für ihre Verteidigung - ich bin zwar kein reicher Mann, aber ich weiß, daß mein Freund Harry Léman das auch getan hätte, und ich fühle mich dazu verpflichtet.
    Im Grunde genommen hatte der alte Léman ein gutes Herz, und seine Unfreundlichkeit war nur angenommen. Ich weiß ganz genau, daß er trotz all seiner äußeren Gehässigkeit seine Nichte sehr gern hatte und sogar stolz auf sie war.«
    Er sprach ernst, und seine Stimme klang überzeugend.
    »Ich selbst zweifle keinen Augenblick daran, daß sie unschuldig ist. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie ein so schreckliches Verbrechen begangen hat. Ja, ich weiß, daß sie es nicht getan hat - wenn es sich überhaupt um ein Verbrechen handelt.«
    »Halten Sie es für einen Mord?« fragte Jimmy, der plötzlich ruhig geworden war.
    »Ich möchte es bezweifeln. Léman war ein ganz eigentümlicher Charakter. Man konnte ihn beim besten Willen nicht für normal halten. Es gab Augenblicke, in denen er halb und halb den Verstand verloren hatte, und ein solcher Mann kann eventuell auch Selbstmord begangen haben. Ich kann mich besinnen, daß er zuweilen außerordentlich deprimiert war. Er ärgerte sich über Kleinigkeiten. Ein Mann, der ein so großes Vermögen besitzt, würde sich doch nicht darüber aufregen, wenn seine Aktien an der Börse um ein paar Punkte fallen! Wie schwierig war er immer, wenn seine Spekulationen nicht genau nach seinen Erwartungen verliefen! Aber Sie haben mir noch nichts Genaueres von der Verhaftung Miss Lémans erzählt.«
    Jimmy antwortete nicht gleich. Er nahm sein Etui heraus und steckte sich eine Zigarette an.
    »Miss Léman wurde von Blessington verhaftet, weil er eine kleine Flasche mit Blausäure in ihrem Schreibtisch fand.«
    »Hat sie erklärt, wie sie in den Besitz der Flasche kam?«
    »Sie hat gesagt, daß sie ihr per Post zugeschickt wurde. Ihrer Angabe nach war das Fläschchen in einem Reklamezettel eingewickelt, der einen Fleckenreiniger empfahl. Der Inspektor hat gleich bei dem nächsten Drogengeschäft angefragt und festgestellt, daß das Reinigungsmittel, das in dem gedruckten Handzettel empfohlen wurde, weit verbreitet ist. Aber der Drogist zeigte Blessington eine Probe davon, die dunkelbraun und nicht im mindesten so aussah wie die Flüssigkeit in Miss Lémans Schreibtisch. Daraufhin hat sich die Polizei entschlossen, Miss Léman zu verhaften. Vor einer halben Stunde ist sie auf der Polizeistation in der Bow Street eingeliefert worden.«
    Jimmy gab sich alle Mühe, ruhig zu sprechen, aber seine Stimme zitterte doch leicht.
    Mr. Sands schüttelte den Kopf.
    »Ein außerordentlicher Fall. Sagen Sie mir nur das eine: Hat irgendeine Frau Veranlassung, auf Miss Léman eifersüchtig zu sein?«
    Jimmy sah ihn erstaunt an.
    »Wie meinen Sie das? Soviel ich weiß, kennt sie weiter keine Damen.«
    Plötzlich störte ein schrecklicher Laut die Unterhaltung, ein jammervolles Stöhnen, als ob jemand entsetzliche Schmerzen ausstände. Es schwoll zu einem langanhaltenden, markdurchdringenden Schrei an, dann herrschte wieder tiefe Stille.
    Die beiden sahen einander an.
    »Was mag das gewesen sein?« fragte Jimmy, der bleich geworden war.
    »Ach, das war nur meine Lieblingskatze«, erklärte Sands und lächelte ruhig, »manchmal, wenn ich in meinem Zimmer sitze und lese, fängt dieses Biest derartig zu heulen an, daß ich ganz nervös werde. Sie haben das Tier wohl noch nicht gesehen?« fragte er scherzend. »Aber wir

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