044 - Die Millionengeschichte
kommen ganz von unserem ersten Thema ab. Wenn uns das Vieh noch einmal stören sollte, dann jage ich es aus dem Haus.«
Jimmy setzte sich und nahm mit zitternder Hand die Zigarette aus dem Mund. Sands war hinausgegangen, um das Tier zu beruhigen. Jimmy hörte, wie die Tür geöffnet und geschlossen wurde, dann ein leichtes Aufschlagen. Nach kurzer Zeit kam John Sands wieder zurück.
»Es tut mir leid, aber so etwas geht mir auf die Nerven. Besonders Sie müssen darunter leiden, weil Sie es nicht gewöhnt sind.«
»Es sieht fast so aus, als ob Sie heute im Krieg gewesen wären, Katzen bei Nacht und Hunde am Tag!«
Sands lachte.
»Ja, ich führe tatsächlich ein Hundeleben«, meinte er dann. »Es wäre besser, wenn wir einen kleinen Spaziergang machten. Ich werde Sie ein Stück begleiten, in der freien Luft kann man besser denken. Ich bin noch zu aufgeregt, um schlafen zu können.«
Sie gingen also zusammen durch die verlassenen Straßen. Sands sprach unaufhörlich und brachte die seltsamsten Theorien vor.
»Es tut mir furchtbar leid, daß ich in die ganze Affäre gegen meinen Willen hineingezogen worden bin. Ich möchte Ihnen ganz offen sagen, was ich über die Sache denke, Cassidy. Sie sind ein Zeitungsmann und werden sich wahrscheinlich genauer mit all den Leuten zu befassen haben, die irgendwie mit dem traurigen Fall zu tun haben. Es ist nur natürlich, daß Leute in Verdacht kommen und daß man sich überlegt, welche Motive die einzelnen gehabt haben könnten, um ein solches Verbrechen zu begehen. Wenn ich eben sagte, es ist nur natürlich, so meine ich damit, daß gerechterweise etwas geschehen muß. Ich selbst würde mich in diesem Fall auch nicht ausnehmen. Eigentlich kannte ich Harry Léman sehr gut. Ich weiß nicht, ob Sie erfahren haben, daß ich seine Bekanntschaft auf einer Dampferfahrt von New York nach England machte? Wir wurden bald Freunde. Ja, ich glaube, ich war der einzige Freund, den er in London hatte, und ich gebe gern zu, daß ich diese Bekanntschaft pflegte. Ich dachte, früher oder später könnte er mir einmal einen Gefallen tun. In den Vereinigten Staaten habe ich ein Geschäft, das in der letzten Zeit nicht besonders gut gegangen ist. Im großen ganzen bin ich kein Kaufmann. Ich interessiere mich nur so weit dafür, als die Firma das nötige Geld für meinen Lebensunterhalt abwirft. Aber zu meinem Bedauern hat sich mein Einkommen nach und nach immer mehr verringert. Das hat seinen Grund darin, daß ich mit anderen Firmen konkurrieren muß, die denselben Artikel herstellen. Diese haben modernere, wirtschaftlichere und billigere Arbeitsmethoden als ich. Schon vor zwei Jahren erkannte ich, daß es notwendig war, den Betrieb meiner Fabrik zu reorganisieren und vor allem neues Betriebskapital zu beschaffen. Aber Sie wissen ja selbst, daß die Kapitalisten sehr vorsichtig sind, wenn nicht der Betreffende, der das Geld benötigt, als ein tüchtiger Arbeiter oder genialer Organisator bekannt ist. Man erwartet heute von dem Inhaber einer Firma, daß er sich selbst geschäftlich betätigt. Das entspricht aber durchaus nicht meinem Lebensideal. Ich hoffte, daß mein armer verstorbener Freund Harry Léman mir in diesem Punkt helfen würde. Neulich abends erzählte ich ihm von meiner bedrängten Lage und erwähnte dabei auch, daß er mir beistehen könnte. Ich erinnerte ihn daran, daß ich schon so lange mit ihm verkehre und vor allem, daß ich ihm eine Frau beschafft hätte, mit der ich die Korrespondenz für ihn führte. Schließlich nannte ich auch die Summe, die ich brauchte, und er versprach, mir zu schreiben. Heute nachmittag erhielt ich nun seinen Brief. Er schickte ihn mir per Eilboten zu und bat mich, heute abend um acht zu kommen, weil er die Sache mit mir besprechen wollte. Sie können wohl verstehen, Mr. Cassidy, daß es für mich eine ernste Angelegenheit war, wenn Mr. Léman mir seine Hilfe versagte. In diesem Fall war es klar, daß ich nach Amerika fahren und selbst wieder mitarbeiten mußte. Und ich hatte das unangenehme Gefühl, daß Mr. Léman meinen Wunsch nicht erfüllen würde.«
»Ich kann mir schon denken, wie Ihnen zumute ist«, erwiderte Jimmy.
»Vor achtzehn Monaten machte ich Mr. Léman den Vorschlag, eine Dame zu heiraten, die ihm weiter keine Schwierigkeiten bereiten würde. Er sollte gleich bei der Trauung die Bedingung stellen, daß sie ihn vollkommen in Ruhe ließe und im Ausland lebte. Vorher hatte er mir ständig vorgejammert, daß er viel Schwierigkeiten mit
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