0440 - Mein letzter Fall?
mich zukommen lassen?
Nein, das konnte ich meinen Freunden nicht antun. Sie würden ihrer normalen Arbeit nachgehen, während ich mit einer Miene herumlief, die großes inneres Leiden ausdrückte.
Auf keinen Fall ging so etwas.
Sicherlich wußte auch Glenda mittlerweile durch Suko Bescheid. Nicht gerade forsch betrat ich ihr Vorzimmer. Sie war nicht da, kam aber aus meinem Büro, als sie das Öffnen der Tür hörte, blieb stehen und sah mich kopfschüttelnd an.
»Was ist?« fragte ich.
»Du machst Sachen, John.« Glenda hatte sich in den letzten warmen Tagen etwas Farbe geholt, doch jetzt war sie bleich.
Auch das Lächeln wirkte unecht. Mit einer fahrigen Bewegung strich sie über den grünen Leinenrock.
»Du brauchst nichts zu erklären, Glenda. Was Suko dir immer gesagt haben mag, es stimmt nur die Hälfte von dem. Außerdem habe ich meinen Entschluß gefaßt und mir den Segen des Chefs beholt.«
»Ich habe ja nichts…«
»Aber du wolltest.«
»Willst du mir den Mund verbieten?«
»Natürlich nicht. Nur möchte ich sehr gern, daß du meine Entscheidung akzeptierst. Ich muß diesen Weg gehen, und zwar allein. Niemand kann seinem Schicksal entrinnen.«
»Auch der Seher kann sich irren.«
»Klar.« Ich lachte sie an. »Und darauf baue ich gewissermaßen. Zudem kann ich mich wehren, falls du das vergessen haben solltest. So eng kann ein Dämon den Strick gar nicht ziehen, als daß ich mich darin verfangen würde.«
»Das hört sich ja sehr optimistisch an.«
»War ich nicht immer ein Optimist?«
Glenda gab mir keine Antwort. Sie blickte mir nur ins Gesicht. Plötzlich lief sie auf mich zu, warf sichin meine Arme und flüsterte tränenerstickt: »Ach, John, verdammt, du machst es einem Menschen furchtbar schwer.«
Ich konnte nicht sprechen, schaute über ihre Schulter hinweg und sah Suko in der offenen Tür zu unserem Büro stehen. Das Gesicht meines Freundes zeigte einen ernsten Ausdruck, als würde über uns allen bereits der Schatten des Todes liegen…
***
Luxemburg, das kleine Land in Europas Mitte, empfing mich mit einem strahlend blauen Himmel, herrlichem Sonnenschein und freundlichen Menschen.
Die Paßformalitäten waren schnell erledigt, zudem reiste ich im besonderen Auftrag und besaß auch die Erlaubnis, Waffen mitführen zu dürfen.
Im Leihwagen, einem Golf, fand ich die obligatorische Karte. Von Luxemburg aus führte eine Schnellstraße direkt nach Arlon, in das südliche Belgien.
Es waren ungefähr sechzig Kilometer, die ich zurücklegen mußte. Keine Entfernung also.
Vor meinem Abflug hatte ich noch einmal mit Peter Whyler telefoniert und mir einige Auskünfte geben lassen. Der Ort, der der alten Komturei am nächsten lag, hieß Loutrex. Es war ein Dorf, eingebettet in eine liebliche Landschaft mit engen Tälern, durch die sich die Semois schlängelte, ein Nebenfluß der Maas.
Die Ardennen, in denen ich mich bald befinden würde, hatten natürlich ihre Geschichte. Blutige Schlachten der Weltkriege waren hier geführt worden, und zahlreiche Soldatenfriedhöfe und die entsprechenden Denkmäler erinnerten noch an die Zeit.
Der Verkehr hielt sich in Grenzen. Gestreikt wurde zum Glück auch nicht, so daß ich ziemlich gut durchkam und die Fahrt auch genießen konnte.
Von der Komturei hatte Peter Whyler immer gesprochen, aber nicht mehr von dieser Straße der Dämonen oder Teufel. Für ihn war sie Traum, obwohl er sie erlebt haben mußte. Ich ging davon aus, daß sie für mich kein Traum bleiben würde.
Wälder, grün, licht, manchmal auch dicht, begleiteten meinen Weg nach Belgien. An der Grenze brauchte ich nicht anzuhalten. Die Beamten winkten die Wagen durch.
Trotz der Wärme roch die Luft würzig. Ich schaute von den Höhen hinein in schmale Täler. Verträumte Dörfer lockerten die Landschaft auf. Malerisch lagen sie unter dem Glanz der Sonne, die auch auf alte Burgen oder Ruinen schien, die es in den Ardennen ebenfalls zur Genüge gab.
Arlon war eine etwas größere Stadt, die ich umfahren konnte. An den Neubaugebieten vorbei führte mein Weg tiefer in das Land hinein. Vor mir lagen die Ardennen. Sie schälten sich aus der warmen Luft, die über den Bergen flimmerte.
An einem kleinen Lokal stoppte ich, um ein Glas Orangensaft zu trinken.
Man hatte draußen Tische aufgebaut. Die Zweige der Ulmen schützten die Gäste vor den heißen Strahlen der Sonne.
Zwei Männer, die aussahen wie Truckfahrer, schlürften Kaffee aus schalenähnlichen Gefäßen und betrachteten mich kaum,
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