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0441 - Die Nacht der stillen Mörderin

0441 - Die Nacht der stillen Mörderin

Titel: 0441 - Die Nacht der stillen Mörderin Kostenlos Bücher Online Lesen
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meinem Office abzuwarten. Unlustig vergrub ich mich in die Akte Old Yellowstains. Papierkrieg ist mir zuwider, ganz besonders, wenn es ich um alte Ermittlungsakten mit ihrem charakteristischen verstaubten Geruch und vergilbter Patina handelt.
    Bei Old Yellowstain betrug ihr Umfang Tausende von Seiten, zusammengeheftet in sechzehn Bänden.
    Es begann auf Seite eins mit dem handschriftlichen Bericht eines Revierbeamten an die Einwanderungsbehörde aus dem Jahre 1925. In Schönschrift, mit Hektographentinte verfaßt, war da zu lesen, daß ein gewisser Paolo Lombardini bei einer Razzia m einem Klub in der 118. Straße aufgegriffen und vom Schnellrichter zu zwanzig Dollar Geldstrafe verurteilt worden war. Besagter Paolo Lombardini war erst kürzlich aus Italien eingewandert.
    Andere Berichte folgten. Vor mir lag der lückenlose Lebensbericht eines Mannes, der alle Aussicht hatte, als einer der größten Verbrecher Amerikas in die Geschichte einzugehen.
    Ich blätterte weiter. Im trockenen Polizeistil wurden da die großen Straßenschlachten der zwanziger Jahre beschrieben, die Old Yellowstain inszeniert hatte.
    Mit dem Ende der Prohibition war es mit dem Alkoholschmuggel vorbei. Old Yellowstain suchte sich ein anderes Tätigkeitsfeld — Rauschgift. Material zur Anklage nicht ausreichend… Unterlagen von Staatsanwaltschaft als unzureichend zurückgeschickt… General Attorney lehnt Anklage ab… Richter verweigert Haftbefehl. Es war ein langer, bitterer Weg, den die Polizei gegangen war.
    1932 versuchte Old Yellowstain vergeblich, seine Schiffe zu verkaufen. Damals war die Wirtschaft in einer Krise. Niemand wollte eine Flotte alter, verrotteter Frachter kaufen. Um wenigstens die laufenden Unkosten zu decken, gründete Old Yellowstain dann eine Reederei und stieg ins Geschäft mit Mittel- und Südamerika ein.
    Vermutlich schwunghafter Waffenschmuggel, las ich in den Akten. Aber zum Beweis reichte es wieder nicht aus. Ein paar schlagartig durchgeführte Überprüfungen seiner Schiffe blieben ergebnislos.
    Nach dem Krieg stieß dann Old Yellowstain seine Schiffe ab.
    Ich stutzte und überlegte einen Augenblick. Ungefähr zum selben Zeitpunkt hatte sich Flush als Reeder niedergelassen — nach einer mehr als bewegten Vergangenheit. Nevada Flush betrieb mit kleinen alten Frachtern das Geschäft mit Südamerika — sollten da etwa Querverbindungen bestehen?
    Ich sah im Namensregister nach, aber der Name Nevada Flush tauchte im Zusammenhang mit Old Yellowstain nirgends auf. Trotzdem ließ mich dieser Gedanke nicht los. Ich griff zum Telefon und ließ mich mit der Hafenverwaltung verbinden.
    Ich wurde ein halbes Dutzend Male weitervermittelt, dann hatte ich einen kompetenten Mann an der Leitung.
    »Ich brauche eine Auskunft über einen Mann namens Paolo Lombardini, der im Jahre 1950 seine Schiffe hier in New York verkauft hat, Ich möchte den Kunden wissen, die Namen der Schiffe, und ich möchte weiter wissen, was aus den Schiffen geworden ist.«
    Es dauerte eine Zeitlang. Es war kurz vor Büroschluß, und die Angestellten wollten alles andere lieber tun, als jetzt anfangen, in den Akten zu wühlen.
    Aber manchmal bin ich hartnäckig. Und nach 15 Minuten wußte ich Bescheid.
    Paolo Lombardini besaß drei Schiffe. Die »Bellina«, zweitausendsechshundert Bruttoregistertonnen, 1916 in Boston gebaut; die »Ballerina«, ein Schwesterschiff derselben Werft, und die »Adia«, fünftausend Tonnen, 1903 in Genua, Italien, gebaut. Alle Schiffe liefen unter panamesischer Flagge. Sie wurden am gleichen Tag an den gleichen Käufer verkauft.
    »Und wer ist das?«
    »Ein gewisser Nevada Flush — soll ich buchstabieren?«
    »Danke, nicht nötig!« Ich atmete tief durch. Da hatten wir sie — die Querverbindung, die zwischen Old Yellowstain und Flush bestand. So einfach war das.
    Als ein Mann, der lediglich einmal ein Geschäft mit Old Yellowstain gemacht hatte — dazu in aller Öffentlichkeit —, wurde Flush natürlich nirgendwo in den Akten erwähnt.
    Jetzt galt es nur, diese Querverbindung richtig auszuwerten. Denn daß sie mit dem Schiffsverkauf vor fünfzehn Jahren erschöpft war — das glaubte ich nicht. Zwischen Old Yellowstain und Flush mußte es mehr gegeben haben. »Was wurde aus den Schiffen?«
    »Die ,Adia‘ geriet 1955 in einen Sturm und sank!«
    »Hoch versichert, was?«
    »In der Tat. Sie hatte eine wertvolle! Ladung von Maschinenersatzteilen an Bord!«
    »Hochwertige Ladung eines fünfzig Jahre alten Seelenverkäufers…

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