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0442 - Stets, wenn er die Peitsche nahm

0442 - Stets, wenn er die Peitsche nahm

Titel: 0442 - Stets, wenn er die Peitsche nahm Kostenlos Bücher Online Lesen
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Tür.
    Liza blieb stehen wie festgenagelt. Die Furcht in ihrem Herzen wurde stärker.
    Der Mann hatte die Tür erreicht. Er legte die Hand auf die Klinke und blickte über die Schulter zurück. »Worauf warten Sie noch?« fragte er.
    Liza setzte sich in Bewegung. Sie folgte dem Mann aus dem Zimmer und durch die Halle in einen schmalen, ziemlich dunklen Korridor. Der Mann marschierte bis zu einem kleinen Flur, der von zwei Türen begrenzt wurde. Eine der Türen war vergittert und gestattete einen Blick in den großen, gepflegten Garten. Die andere Tür führte zweifellos in den Keller. Der Mann öffnete die Kellertür und knipste das Licht an.
    »In den Keller gehe ich nicht mit!« kündigte Liza entschlossen an.
    Er lächelte traurig. »Muß ich erst die jungen Leute rufen?« fragte er.
    Liza blickte ihn an. »Ich hasse Sie«, sagte sie mit glühenden Augen.
    »Keine dramatischen Auftritte«, bat der Mann. »Das kostet uns nur Zeit und vergiftet das Arbeitsklima. Je eher wir uns arrangieren, um so besser — auch für Sie!« Er ging die Treppe hinab. Liza folgte ihm.
    Der Keller bestand aus weißgetünchten winkligen Gängen, von denen einige Türen abzweigten; einige davon waren aus Lattenrosten hergestellt, andere aus solidem Holz, und eine einzelne aus Eisen. Der Mann blieb vor der Eisentür stehen. Er klappte einen Sicherungsriegel zurück und steckte dann den Schlüssel ins Schloß. »Ich hoffe, Sie machen nicht gleich schlapp«, meinte er und blickte Liza an.
    »Wollen Sie mich einsperren?«
    »Aber nein«, sagte er. »Ich brauche Sie noch draußen! Denken Sie nur an den Besuch des Notars.« Er öffnete die Tür. »Bitte«, sagte er. »Sehen Sie sich das mal an!«
    Liza trat zögernd zwei Schritte nach vorn, so daß sie in das Innere des Kellerraums blicken konnte.
    Im nächsten Moment war es ihr so, als würde sich die ganze Umgebung zu drehen beginnen. Es war nur ein kurzer, schrecklicher Augenblick der Schwäche, den sie rasch meisterte. Sie brachte es sogar fertig, den Schrei zu unterdrücken, der sich ihrer Kehle entringen wollte.
    Der Kellerraum war nicht sehr groß; seine Abmessungen betrugen etwa zehn Quadratmeter im Geviert. Der Raum hatte keine Fenster, aber eine Belüftungsanlage. Jedenfalls hörte man ein leises, monotones Summen. Das alles nahm Liza gleichsam nur im Unterbewußtsein wahr; ihre eigentliche Aufmerksamkeit galt allein dem Mann, der an das Feldbett gefesselt war.
    »Percy!« schrie sie dann und stürzte über die Schwelle in den Raum. »Percy!«
    ***
    Liza brach neben dem Bett in die Knie. »Percy!« stammelte sie und strich über die kühle Stirn des jungen Mannes. »Mein Percy!«
    Der junge Mann gab keine Antwort.
    Er konnte gar nicht sprechen, weil ihn ein großes Heftpflaster, das man quer über seinen Mund geklebt hatte, daran hinderte.
    Seine Hände und Füße waren an die eiserne Bettstelle gefesselt. Er war mit einer khakifarbigen Sommerhose und einem weißen Baumwollunterhemd bekleidet. Sein Gesicht war leicht verquollen, die Unterlippe aufgeplatzt, und das rechte Auge war blutunterlaufen. Es gab keinen Zweifel, daß er sich verzweifelt zur Wehr gesetzt haben mußte.
    Er schaute Liza an, mit den großen blaugrauen Augen, die Liza so liebte. Jetzt war .ein Ausdruck von auf munterndem Zuspruch darin enthalten — aber auch etwas von der Furcht, die ihn gefangenhielt.
    »Ich werde dafür sorgen, daß alles gut wird«, sagte Liza. Sie wollte in diesem Augenblick nicht schwach sein, aber sie konnte nicht verhindern, daß plötzlich einige Tränen über ihre Wangen rollten.
    Sie erhob sich und schaute den Mann an, der mit verschränkten Armen an der Wand lehnte. »Binden Sie ihn sofort los!« befahl sie mit zornbebender Stimme.
    »Mir scheint, das wäre ein wenig verfrüht«, sagte der Mann. »Sie brauchen sich nicht aufzuregen! Dafür ist nicht der geringste Grund vorhanden —«
    »Sie haben ihn geschlagen!«
    »Ich? Nein. Das paßt nicht zu mir. Das überlasse ich jüngeren Kräften. Warum mußte sich Ihr Percy wie ein Verrückter wehren? Wenn er sich in sein Schicksal gefügt hätte, brauchte er sich jetzt wegen seines ramponierten Aussehens keine Gedanken zu machen.«
    »Ich hasse Sie!« stieß Liza hervor.
    »Wir wollen Wiederholungen vermeiden«, sagte er spöttisch. »Es ist pure Zeitverschwendung. Sie verstehen jetzt, warum ich Ihnen Percy vorführen mußte? Er ist einer der Trümpfe, von denen ich vorhin sprach. Um kein Mißverständnis auf kommen zu lassen: Entweder Sie

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