0443 - Lady Panthera
»Du… du mußt dich vorsehen. Er… er ist ein Killer…«
»Wer?«
»Der Riesen… Panther.«
»War er hier?«
Der Sterbende atmete röchelnd. Schaum schimmerte vor seinen Lippen.
»Nicht allein… auch… auch Frau. Sie hat auf Rücken gesessen…«
»Der Panther hat euch angegriffen?«
»Nicht nur er!« würgte der Skinhead hervor. »Vorsicht. Falle in Keller bei der Tr…« Die Hand, die sich in den Stoff meines Jackenärmels gekrallt hatte, löste sich plötzlich, rutschte nach unten, klatschte auf den Boden.
Gleichzeitig brach auch der Blick des Skinheads, und der Junge war endgültig tot.
»Ihn hätte niemand mehr gerettet!« flüsterte Suko. »Es war wohl besser für ihn.«
»Ja.«
Wir standen auf. In den letzten Minuten hatte es uns verflucht hart getroffen. Drei Tote hatten wir innerhalb weniger Minuten gefunden und standen nun in einem regelrechten Leichenkeller. So etwas schaffte uns immer. Ich musste mich zusammenreißen, um klar denken zu können.
Suko erging es ähnlich.
»Der Skinhead hat von einer Falle im Keller gesprochen, Suko.«
»Nicht nur.«
»Von was denn noch?«
Suko hob die Schultern. Wir hatten unsere Lampen ausgeschaltet. Das Licht der einen trüben Lampe reichte völlig aus. Der Inspektor verzog die Lippen. »Es klang wie Tre… Tut mir leid, John.« Das letzte Wort hat er verschluckt.
Ich schnickte mit den Fingern. »Tr…m, war es.«
»Da gibt es viele Worte.«
»Aber nicht hier unten.« Ich schaltete die Lampe wieder ein und drehte mich nach links, erreichte einen der Toten und die vor ihm liegende Treppe. Genau das war es.
»Treppe!« sagte ich laut.
Suko zuckte zusammen. »Verdammt, du könntest recht haben.«
»Und wie ich das habe.« Ich räusperte mich. »Schau dir den Toten an. Er liegt vor der Treppe, und genau da muss es ihn erwischt haben. Außerdem zeigt sein Körper andere Verletzungen als der der beiden anderen. Der zweite Killer hat wahrscheinlich auf der Treppe gelauert und den Skinhead getötet.«
»Womit? Die Waffe muss furchtbar gewesen sein.«
»Aber keine Panthertatzen.«
»Dann können wir uns das Ding mal genauer ansehen.« Suko ging zielstrebig vor. Ich folgte ihm und holte ihn noch vor der letzten Stufe ein, wobei ich eine Hand auf seine Schulter legte. »Nicht so voreilig, mein Lieber.«
»Siehst du eine Gefahr?«
»Nein. Aber das Ding hier ist mir nicht geheuer. Man muss die Gefahr nicht unbedingt sehen.« Mein Blick glitt nicht allein über die Stufen, ich beobachtete auch die beiden Wände, die den Aufgang einrahmten.
Beides - Stufen und Wände - wirkten völlig normal und harmlos.
Und doch sollte hier eine Gefahr lauern…
Suko schaute mich an und verzog die Lippen zu einem optimistischen Lächeln. »Okay, John, ich gehe vor, und du deckst mir den Rücken. Keinen Widerspruch.«
Wenn Suko so sprach, war ich in das zweite Glied gestellt. Deshalb nickte ich und ließ meinem Freund den Vortritt, der sehr aufpasste, dass er nichts falsch machte.
Man musste mit allem rechnen. Mit einem plötzlichen Wegsacken der Stufen und sogar mit einem Zusammenbrechen der Treppe. Das lag im Bereich des Möglichen.
Aber noch tat sich nichts…
Suko hatte bereits die zweitletzte Stufe erreicht, blieb auf ihr stehen und schaute auch zurück. »Nichts, alles normal.«
»Noch liegen sechs vor dir.«
»Sicher.«
Es passierte, als mein Freund die nächste Stufe berührte. Er selbst hörte und sah nichts, ich aber vernahm plötzlich das leise Schaben, und das erklang über uns an der Decke.
»Suko, über dir!«
Der Inspektor reagierte innerhalb einer Sekunde. Er sackte zusammen, als hätte man ihm die Beine unter dem Körper weggeschlagen, schlug auf die Stufen, rollte den Weg herunter, und das war auch verdammt nötig, denn von der Decke über der Treppe her löste sich ein gewaltiges Mordinstrument.
Ein höllisch scharfes Stahlpendel, das mit seiner ersten Schwingung auf mich zuraste…
***
Der mörderisch geschliffene Halbmond pfiff etwa handhoch über Sukos Rücken hinweg. Es hätte mich aber voll erwischt, obwohl ich nicht auf einer der Stufen stand, doch die Schwingung war einfach zu groß.
Mit einem artistisch anmutenden Sprung schleuderte ich mich zurück.
Ich musste es tun, sonst hätte ich das gleiche Schicksal erfahren wie der Tote hinter mir.
Der Luftzug des vorbeirasenden Halbmonds streifte mich noch, bevor ich rücklings auf den Boden prallte, mich sofort drehte, aber nicht auf die Füße kam, sondern auf dem Bauch
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