0444 - Ich, der Diamanten-Marder
hundertprozentige Gewißheit verschaffte, blickte er noch einmal über das Wasser, auf dem sich etliche Lichter bewegten. Doch in seine unmittelbare Nähe kam kein anderes Fahrzeug.
Er löste die Kette und legte sich wieder in die Riemen, diesmal ging es gegen den Strom. Zwischen den naß werdenden Schuhen fühlte er die Juwelen, und er dachte bereits an das faule Leben, das er mit dem sauer »ersessenen« Diebesgut führen wollte. Es dauerte noch knapp zwanzig Minuten, dann näherte er sich dem Ship Yard wieder.
Ihm brannte der Boden unter den Füßen, und deshalb machte Andy einen Fehler. Er kehrte nicht wieder zu der Stelle zurück, wo er den Kahn gestohlen hatte. Sollten die Leute ruhig feststellen, daß er das Boot benutzt hatte, er würde doch über alle Berge sein.
Und um.die Zeit abzukürzen, legte er fünfzig Yard vorher an. Achtlos stieß er gegen das steile, mit Büschen bewachsene Ufer an. Die rechte Hand um den Schatz gekrampft, sprang er an Land und ließ den Kahn treiben.
Hastig schlug er sich durch die Büsche, den kurzen Abhang hinauf.
Schon, sah er den Gartenzaun eines der vornehmen Häuser vor sich, da zuckte er zusammen. Er blieb wie angewurzelt stehen und bohrte seine Augen in die Nacht.
Hatte .er sich getäuscht, oder war das kurze Geräusch grausame Wirklichkeit? Andy verhielt den Schritt. Er stand da wie eine Statue.
Die Sekunden tropften zäh wie Kunsthonig im Kühlschrank.
***
Phil wendete gerade an der Ecke, als er Andy aus dem Lokal stürzen sah. Geistesgegenwärtig fuhr er in die nächste Toreinfahrt, löschte das Licht und wartete ein paar Augenblicke.
Bis zur Bus-Endstation in Brooklyn blieb er dem Ganoven auf den Fersen. Phil spürte es in den Fingerspitzen, daß er der vermißten Beute dicht auf der Spur war. Andy schien sich direkt zum Versteck begeben zu wollen.
Nachdem er im dunklen Garten verschwunden war, parkte Phil den Wagen und nahm eine Abkürzung. Er wußte, daß er sich am Naval Ship Yard befand, und wollte Andy den Weg abschneiden.
Aber als Phil am erleuchteten Landesteg ankam, war von Andy nichts mehr zu sehen. Also schlug er sich in die Büsche und huschte im Schatten die Anlegestelle entlang. Als er unten war, hörte er kurzes Kettenklirren. Schemenhaft nahm er einen dunklen Fleck auf dem Wasser wahr.
Phil wartete nicht die Rückkehr Andys ab. Er lief zu dem Büro, in dem noch reger Betrieb war. Zwei Minuten später hatte er den Captain der Wasserschutzpolizei an der Strippe. Der Captain versprach, über Funk ein Boot zu schicken.
Ungeduldig wartete Phil am Kai. Es dauerte ziemlich lange, bis sich ein weißgestrichener Flitzer näherte, dessen Scheinwerfer bis auf die Positionslampen ausgeschaltet waren.
Bevor die Cops richtig angelegt hatten, sprang Phil an Bord.
Der 65-PS-Motor heulte auf, und der Bug schob sich aus dem Wasser. In großem Bogen strebten sie der Flußmitte zu, während Phil dem Patrouillenführer klarmachte, worum es ging. Mit Nachtgläsern suchten sie gemeinsam den East River ab. Nach zehn Minuten hatte Phil den Kahn entdeckt.
»Scharf links!« rief er, ohne sich um seemännische Ausdrücke zu kümmern. Der Mann am Ruder verstand ihn auch so. Mit voller Pulle jagten sie dem Ufer wieder zu, während Phil den Kurs angab. Er sah deutlich, wie Andy mit einem dunklen Gegenstand an Land sprang.
Erst ganz knapp vor dem Ufer wurde der Motor gedrosselt. Knirschend stießen sie an, und Phil und der Lieutenant sprangen gleichzeitig ans Ufer. Sie kletterten die Böschung hoch, zu der Stelle, wo Andy verschwunden war.
Als die ersten Zweige in sein Gesicht schlugen, hörte Phil drei schnell abgefeuerte Schüsse.
»Nach rechts«, flüsterte Phil dem Lieutenant zu und kroch selber in die linke Richtung. Er beschrieb einen kurzen Bogen und bemühte sich, so lautlos wie möglich aufzutreten. Wie ein Apache auf dem Kriegspfad schlich er der Stelle zu, Von wo die Schüsse gekommen waren.
Jetzt trennten ihn seiner Berechnung nach nur noch etwa zehn Schritte. Auf dem Bauch liegend, robbte Phil vorwärts, trockene Zweige zur Seite schiebend. Der scharfe Pulvergeruch kitzelte bereits seine Nase. Alle Sinne waren aufs höchste angespannt, während er die letzten Yard zurücklegte. Mit der ausgestreckten Linken tastete er sich den Weg frei.
Für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte Phil, als seine Hand etwas Weiches fühlte. Gleichzeitig spürte er, wie es feucht und warm über seine Finger lief. Es war das Werk einer Sekunde, das Feuerzeug herauszuholen
Weitere Kostenlose Bücher