0445 - Der Mann, der meinen Tod befahl
hinterlassen?«
Auf Hassert schien diese Nachricht keinen besonderen Eindruck zu machen.
»Allerdings — einen Abschiedsbrief hat sie hinterlassen.«
»An wen ist er gerichtet?«
Phil überhörte die Frage und sagte: »Nannie Power hat längere Zeit in Ihrem Lokal gearbeitet — als was?«
»Als Tänzerin und Unterhalterin. Sie war für alles zu gebrauchen.«
»Kannten Sie ihren Freund?«
»Nannies Freund war manchmal etwas schwierig.«
»Wie heißt er?«
»Pit.«
»Und mit Hausnamen?«
»Bei uns werden alle nur mit dem Vornamen angeredet. Manchmal weiß ich tatsächlich nicht mal, wie die eigenen Girls mit Familiennamen heißen.«
»Vielleicht Pit McLaughlin?«
»Kann sein. Aber er kann genauso gut Pit Miller heißen«, erwiderte Hassert achselzuckend.
»Kam dieser Mann häufig in die ,Seven-Night‘?«
»Was verstehen Sie unter häufig?«
»Jeden Tag oder jeden zweiten Tag?«
»Er kam sehr unregelmäßig.«
»Okay, würden Sie uns informieren, wenn er jetzt Ihre Bar aufsucht?«
»Normalerweise kümmere ich mich nicht um das Privatleben meiner Gäste und lehne solche Vorschläge ab.«
»Auch wenn es sich um einen Mörder handelt, Mr. Hassert?« sagte Phil scharf.
»Ich denke, Nannie hat Selbstmord begangen?«
»Ja, aber nur, weil die Polizei ihrem Pit auf den Fersen war. Dieser Pit heißt tatsächlich Pit McLaughlin und wird wegen Mordes gesucht, Mr. Hassert.«
»Unter diesen Umständen muß ich mich allerdings bereiterklären, das FBI zu informieren.«
»Danke. Mehr will ich im Moment nicht von Ihnen.«
In diesem Augenblick schlug das Telefon auf Hasserts Schreibtisch an. Der Geschäftsführer griff zum Hörer und lauschte.
»Was sagen Sie? Pit steht an der Theke und fragt nach Nannie?« wiederholte Hassert langsam.
»Sagen Sie ihm, daß Nannie nicht zum Dienst erschienen ist. Weiter weiß ich nichts. Ende.«
Phil schnellte aus seinem Sessel hoch. »Was wollen Sie machen, Mr. Decker?« fragte Hassert.
»Den Mann festnehmen — er ist ein Mörder.«
»Wenn er ein Mörder ist, kommt es ihm auf ein paar Menschenleben nicht an. Glauben Sie etwa, daß er sich in einer Bar, in der es von Gästen wimmelt, widerstandslos festnehmen läßt?« Phil streckte seine Hand nach dem Hörer aus und wählte den Notruf der Polizei.
»Achtung, hjer spricht Phil Decker, FBI«, sagte mein Freund mit ruhiger Stimme. »Der Mörder McLaughlin befindet sich in der ,Seven-Night-Bar‘. Bitte die Straß! abriegeln. Vorsichtig zu Werke gehen. Der Mann ist bewaffn net.«
»Und jetzt werden wir uns den Burschen aus aller Nähe ansehen«, sagte Phil zum Geschäftsführer.
Ein Streifenwagen der City Police stoppte unmittelbar vor dem »Seven-Night-Club«.
Phil Decker ging den Cops entgegen und gab sich zu erkennen.
***
Ich betrat das Zimmer. Es war still. Niemand war in der Wohnung. Jetzt mußte ich nach den Akten suchen. Im ersten Raum fand ich nichts. Ich ging in den zweiten Raum. Auf einem Tisch hinter der Tür lag ein Stapel Akten. Auf dem obersten Schnellhefter las ich: Mortimer AG — Geheim!
Ich nahm den Hefter heraus und schlug ihn auf. Auf dem Blatt wimmelte es von Zahlen und Formeln. Zeichnungen und Erklärungen füllten auch die anderen Seiten. Vor mir lagen die Originale der Firma Mortimer AG.
Als ich mich bückte, um die Schnellhefter in eine Tasche zu packen, schlug das Telefon an. Die Glocke war gedrosselt. Ich legte das Taschentuch über meine Hand, um keine Prints zu verwischen und nahm den Hörer auf. »Weider«’ knurrte ich.
»Hallo, Joe, hier ist Besancin, hörst du mich?«
Ich gab einen Knurrlaut von mir. »He, schlecht geschlafen oder störe ich mitten im Schlaf?«
Wenn der Kerl doch endlich mit der Fragerei aufhören würde. Ich gab wieder eine brummende Antwort.
»Okay, ich verstehe«, sagte Besancin, »du' hast Besuch. Vorhin hat ein Bursche nach dir gefragt, sah recht ordentlich aus. Ich hab!. ihm deine Adresse gegeben. Du scheinst ja einen gut florierenden Laden zu haben. Jetzt steht wieder jemand hier und fragt nach dir. Was soll ich machen?«
Ich mußte antworten, gleichgültig, ob ich dabei Gefahr lief, erkannt zu Werden.
»Halt ihn fest, ich komme sofort runter«, antwortete ich und hängte ein.
Ich verschloß die Aktentasche, ging noch einmail zum Telefon, wählte die Nummer des FBI-Distriktgebäudes und erkundigte mich nach Phil. Er hatte sich noch nicht bei unserer Zentrale gemeldet. Von dem Einsatz, den Phil veranlaßt hatte, erfuhr ich nichts, denn er war um diese
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