0445 - Die Macht des Träumers
etwas kenne ich mich inzwischen hier aus. Die Waffen sind Dolchschleudern. Es gibt größere Ausführungen, mit denen ganze Schwertklingen geschleudert werden können. Die Waffen sind unerschöpflich; sie brauchen nie geladen zu werden.«
»Schön. Wer ist dieser Fürst? Weshalb interessiert er sich für mich?«
»Er ist der Herr dieser Welt. Ich deutete es vorhin an. Mehr kann ich dir über ihn nicht sagen. Aber er dürfte an dir ebenso interessiert sein wie an mir.«
»Weshalb? Du sagtest, du kämest ebenfalls von einer anderen Welt. Von welcher?«
»Ich sagte, es könnte die Möglichkeit bestehen. Was weißt du von anderen Welten? Es paßt nicht zu dir.«
Cascal fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen.
»Du bist ein verdammtes Biest«, sagte er. »Deine Schönheit ist eine Maske. Wer bist du wirklich, Shirona? Das ist doch nicht dein wirklicher Name, oder?«
»Vielleicht nicht. Aber du solltest mich so nennen. Es ist am einfachsten. Auch der Fürst wird keinen anderen Namen für mich kennen.«
Cascal preßte die Lippen zusammen. Fast bedauerte er es, mit dieser so atemberaubend schönen Frau zusammengetroffen zu sein. Sie konnte ihn mit ihrem erregenden Körper nicht mehr reizen. Selbst wenn sie sich entkleidet und sich ihm angeboten hätte, wäre sie uninteressant für ihn gewesen. Sein Ärger über ihre Geheimniskrämerei war größer. Außerdem zog er eigentlich Frauen seiner Hautfarbe vor.
Aber diese hatte ihm das Leben gerettet und ihn hierher gebracht.
Sie schien Gefallen daran zu finden, ihn auf die Palme zu bringen. Wenn er fähig gewesen wäre, ohne die Notwendigkeit, sich zu wehren, Gewalt gegen andere Menschen anzuwenden, hätte er sie jetzt vielleicht mit Gewalt gezwungen, ihm zu antworten. Aber er brachte es nicht fertig.
Also mußte er mit seinem Ärger leben.
Plötzlich änderte sich Shironas Gesichtsausdruck. »Paß auf!« schrie sie und sah nach oben, während sie sieh zur Seite warf.
Yves Cascal reagierte um einen Sekundenbruchteil zu langsam.
Der Fürst schien nicht nur tausend Augen und Ohren zu haben, sondern auch tausend Hände. Zumindest aber genug Beauftragte, die ihm die Hände ersetzten. Mochte der Teufel wissen, wo die Kerle hergekommen waren und wie sie es geschafft hatten, sich lautlos durch das Astwerk der Bäume heranzuarbeiten.
Ein riesiges engmaschiges Netz fiel auf Cascal und Shirona herab und hüllte sie ein. Sie hatten keine Möglichkeit, sich daraus zu befreien. Die Maschen waren mit Klebstoff getränkt wie ein Spinnennetz. Innerhalb von Sekunden waren Cascal und Shirona wehrlose Gefangene.
***
Das Werdende folgte dem Traum. Aber es stellte fest, daß es an Kontrollmöglichkeiten verloren hatte. Und es mochte schwierig werden, diese Kontrollmöglichkeit zurückzuerhalten. Es hatte sich mittlerweile zu sehr integriert, war zu abhängig geworden. Die Gefahr bestand, daß der andere stärker wurde.
Es war ratsam, sich eines Helfers zu versichern. Die theoretische Möglichkeit dazu bestand. Aber noch war die Praxis dagegen.
Dennoch mußte es anders werden. Das Werdende arbeitete träumend daran.
***
Nicole Duval fühlte sich hellwach, im Gegensatz zu Zamorra, der sich in einem Zustand zwischen Wachsein und Schläfrigkeit befunden hatte und sich zwingen mußte, zu schlafen, um später nicht einen Zusammenbruch zu erleben.
Sie war natürlich nicht an ihr Kreuzworträtsel zurückgekehrt. Es gab jetzt Wichtigeres und Interessanteres. Sie wollte wissen, was das Amulett Zamorra und damit auch ihr verschwieg. Aber sie ging einen anderen Weg als Zamorra.
Er hatte direkt gefragt, und er war abgeblockt worden. Merlins Stern hatte gewarnt und die Auskunft verweigert. Nicole dachte nicht daran, eine direkte Frage zu stellen. Sie betrachtete das Amulett erst einmal. Das Bild im Zentrum war erloschen, aber Merlins Stern war nach wie vor aktiviert.
Dabei gab es dafür keinen logischen Grund.
Nicole versuchte etwas, das auch für sie Neuland war. Seit einiger Zeit verfügte sie über telepathische Fähigkeiten, allerdings mußte sie ihren Kontaktpartner dabei sehen können.
Das Amulett konnte sie sehen! Es lag direkt vor ihr, und sie versuchte gedanklichen Kontakt aufzunehmen. Sie rechnete zwar nicht mit einem Erfolg, aber sie hatte ihn sich erhofft. Aber noch ehe sie eine gezielte Frage stellen konnte, kam ihr Merlins Stern zuvor.
Muß immer eine akute Gefahr bestehen, um meine Hülle in aktiviertem Zustand zu erleben?
»Sicher nicht«, erwiderte sie
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