0448 - Der alte Admiral
freut mich besonders. Auf welche Rätsel spielen Sie an, Lordadmiral?"
Atlan wirkte nachdenklich und sehr ernst. Er sagte wohlüberlegt und mit Pausen zwischen einzelnen Worten „In den nächsten Tagen stehen dem Sonnensystem sicher noch einige schwere Bewährungsproben bevor. Wir haben bisher ein Jahrtausend, das von Ruhe und Stabilität geprägt war. Von Aufbauarbeit im Verborgenen. Jetzt scheint dieses Jahrtausend zu Ende zu gehen. Der Punkt, um den sich alles dreht, dürfte nach meiner Schätzung die Sprengung des Satelliten werden."
Cascal meinte: „Mit Turbulenz in die nächsten Jahre, wie?"
Atlan nickte schweigend und wandte sich dann wieder seinem Getränk zu. Sie alle ahnten, was der Arkonide dachte.
Die Gefahr war noch nicht gebannt.
„Erstens", sagte Atlan düster, „hängt dieser Satellit noch immer in der Sonne und stellt eine deutliche Drohung dar. Wir wissen nicht, ob die Sprengung nicht noch größeres Unheil anrichten wird."
Wieder schwieg er.
Cascal sah interessiert zu Merceile. „Und zweitens", sagte der Arkonide unvermittelt, „habe ich Angst vor den großen Erschütterungen der unmittelbaren Zukunft. Was geschieht, wenn der Satellit detoniert? Was wird aus dem Antitemporalen Gezeitenfeld und der Containerstrecke nach Olymp? Was wird, falls das Sonnensystem sichtbar wird, also aus der Zukunft zurückkehrt, aus uns allen? Wie wird nachher die außenpolitische Lage sein? Das sind Fragen, meine Freunde."
Roi nickte.
„Ziemlich deutlich zu erkennen an den Fragezeichen dahinter.
Wie geht es dem Chef?"
Atlan erwiderte mit dem schwachen Versuch eines Lächelns: „Er hat Sorgenfalten auf der 'Stirn."
Wo sonst? dachte Cascal.
Die Situation unter den fünf Menschen war merkwürdig, aber kennzeichnend.
Ein Vorhaben war, nachdem man riesige Anstrengungen unternommen hatte, gelungen und hatte den Weg freigemacht für die folgenden Aktionen.
Gleichzeitig mit dieser Lösung aber waren neue Probleme aufgetaucht - mehr Probleme, als man im Augenblick überschauen konnte.
Cascal zündete sich eine Zigarette an und sagte: „Ich möchte wissen, was unser charmanter Gast jetzt denkt.
Dem Gesichtsausdruck nach sind es grundsätzlich nicht unangenehme Dinge."
Merceile blickte ihn überrascht an und fragte zurück: „Auch ein Amateurpsychologe?" Cascal schüttelte den Kopf, lächelte und antwortete höflich: „Nein, nur ein Mann mit gesundem Menschenverstand."
„Ich denke daran", sagte Merceile leise und etwas verträumt, „daß es mir hier zu gefallen beginnt."
Roi bemerkte: „Eins zu Null für mich."
„Das auch", sagte Merceile in fast fehlerlosem Terranisch. Sie hatte es durch Hypnoschulung gelernt. „Aber ich muß feststellen, daß diese Terraner in ihrem Sonnensystem recht angenehme Weltbürger sind."
Atlan war überrascht. „Wie das?" fragte er.
„Sie sind tolerant", sagte Merceile. „Inzwischen habe ich eine Menge Wesen kennengelernt, die keinerlei Ähnlichkeit haben mit einem Cappin oder einem Terraner. Icho Tolot zum Beispiel, oder die sechs putzigen Sigamenschen..."
„Nicht Menschen. Siganesen!" korrigierte Saedelaere.
„Oder sogar Takvorian - alles Wesen, die zwar über einen Verstand verfügen, aber verglichen mit den Planetenbewohnern sehr ungewöhnlich aussehen. Oder Merkosh, genannt der Gläserne."
„Ja°`, sagte Cascal. „Wir sind schon ziemlich tolerant, was unsere Freunde betrifft."
Merceile schloß einen Moment die Augen und überlegte.
Sie hörte, ohne sie richtig wahrzunehmen, die Musik des Barden mit den zwölf Fingern, ein langsames, melancholisches Lied über den Tod auf fremden Planeten.
Jetzt war sie hier - zweihundert Jahrtausende von ihrer eigenen Zeit entfernt.
Zusammen mit Ovaron, der aber in ihren Augen mehr und mehr an Bedeutung verlor. Im selben Maß nahm die Bedeutung Roi Dantons zu. Was sollte sie hier? War hier der Ort, war hier die Zeit, in der sie sich wohl fühlte? Gehörte sie hierher?
Die Zivilisation ähnelte, von einigen wenigen Ausdrucksformen abgesehen, der Zivilisation der Cappins.
Die Kultur war anders, aber reizvoller.
Die riesige Stadt Terrania City - denn viel mehr hatten die zwei Cappins von der Erde noch nicht sehen können -war ein Bauwerk von hundert Stockwerken und pyramidenartigem Aussehen, mit Dachgärten und sämtlichen anderen Einrichtungen, hatten Ovaron und Merceile sich zwei Wohnungen herausgesucht und eingerichtet, soweit es die knappe Zeit zugelassen hatte. Von den Terrassen der Wohnungen hatten sie
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