0448 - Der Nebel-Henker
Wurfgegenstände entpuppten.
Daß der Nebel wieder dichter geworden war, hatte Nicole innerhalb ihrer Kuppel aus bläulichem Dhyarra-Licht nicht bemerkt. Auch nichts anderes warnte sie, als sie sich bückte, um das Funkgerät vom Boden aufzuklauben.
Der fürchterliche Schlag traf sie überraschend, und damit war für sie alles aus und vorbei.
***
In Lencouaqc hielt der heimliche Beobachter unwillkürlich den Atem an, als der hochgewachsene Mann mit der Silberscheibe sich anschickte, über das Geländer zu klettern und ins Wasser des Baches hinabzusteigen. Der Polizeibeamte hielt ihn fest und redete auf ihn ein.
Was die beiden sich gegenseitig zu sagen hatten, konnte der Beobachter nicht verstehen. Liebend gern wäre er hinübergegangen und hätte nachgefragt, aber er wollte es noch nicht riskieren, sich zu erkennen zu geben. Es war noch nicht an der Zeit dafür.
Atemlos wartete er ab, was weiter geschah.
***
Auf der Rückbank im BMW zuckte Monica Peters zusammen. Sie saß so, daß sie den Innenspiegel des Wagens im Blickfeld hatte. Und in diesem Spiegel sah sie das blaue Leuchten des Dhyarra-Kristalls, mit dem Nicole sich immer weiter vom Wagen fortbewegt hatte. Monica verfolgte auch die Sprungbewegung über den flachen Graben, und dann sah sie den Unheimlichen aus dem Nichts auftauchen.
Sie sah ihn nicht wirklich, sie erahnte ihn mehr. Und immer noch sprach ihre telepathische Fähigkeit nicht auf ihn an, obgleich sie sie zurückgewonnen hatte Aber sie konnte nur Zusehen und aufschreien: »Der Mörder bringt Nicole um!«
Uschi riß es förmlich herum. Durch das Heckfenster sah sie in rund fünfzig Metern Entfernung Nicole auf einer Wiese zusammenbrechen. Sie sah auch die unheimliche Mördergestalt wie einen Schatten über der Französin stehen und eine furchtbare Waffe schwingen.
Sie sprang aus dem Wagen. Sie schrie laut und gellend auf. Der Mörder zuckte irritiert zusammen und sah herüber. Sekundenlang zögerte er. Aber dann krümmte er sich in lautlosem, höhnischen Gelächter. Er wandte sich wieder ab, und in demonstrativer Langsamkeit holte er mit der schweren Eisenkette aus, riß den Arm hoch und ließ diese Kette in der Luft kreisen.
Sie wurde immer schneller. Das schrille Pfeifen, mit dem die Kettenglieder die Luft durchschnitten, war bis zum Wagen zu hören. Der Mörder gewann ein sadistisches Vergnügen daraus, die beiden Telepathinnen miterleben zu lassen, wie er mit der rasend schnell kreisenden Kette auf Nicole einschlagen wollte.
Wenn sie nicht schon tot war, würde zumindest der erste Schlag mit der Kette sie schon töten!
Fassungslos stand Uschi da, unfähig, irgend etwas zu tun. Was hätte sie auch tun können? Sie besaß keine Waffe, auch kein magisches Instrument. Sie war zum hilflosen Zusehen verurteilt. Und sie mußte damit rechnen, daß der Mörder sich anschließend auch mit den beiden Zeuginnen befaßte. Das würde ein Fest für ihn werden. Drei Opfer in einer Nacht!
Sadistisch langsam senkte er die kreisende Kette. Das Pfeifen der Luft war entnervend. Immer tiefer kreiste das Mordwerkzeug, wanderte durch die Luft auf Nicole zu. Die Französin rührte sich nicht.
Und dann - kam der Schlag…
***
Um ein Haar wäre Zamorra gestürzt. Er konnte sich gerade noch wieder fangen. Verärgert starrte er Lanart an. »Wollen Sie mich nicht loslassen, Pierre? Was soll das?« fragte er scharf.
»Ich will Sie nur hindern, Unsinn zu machen«, erwiderte Lanart. »Oder wollen Sie ernsthaft in dieses eiskalte Wasser steigen und sich eine Lungenentzündung oder den Tod holen? Wenn Sie hinüber wollen - da drüben gibt es eine Fußgängerbrücke. Etwa da, wo die erste Leiche gefunden wurde.«
Zamorra schüttelte den Kopf. Er sah immer noch das grüne Flirren, das ihn einhüllte. Aber der Kripo-Assistent sah es offenbar nicht. Er fühlte es wohl auch nicht, denn er ging mit keinem Wort darauf ein.
»Daß Sie Selbstgespräche murmeln, ist ja noch in Ordnung, aber daß Sie Selbstmord begehen wollen, lasse ich nicht zu«, ergänzte Lanart.
Zamorra seufzte. »Kein Selbstmord, Pierre. Ich weiß sehr genau, was ich tue. Und ich weiß auch nicht, ob ich tatsächlich hinüber will, oder ob ich der Spur im Bach entlang folgen muß. Das hängt davon ab, wohin mich mein Amulett lenkt.« Er hielt es etwas höher.
»Langsam glaube ich doch, daß Sie verrückt sind«, brummte Lanart. »Das können Sie doch nicht wirklich ernst meinen.«
»Aber sicher doch«, bekräftigte Zamorra. »Wetten wir, daß ich
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