0449 - Der Tod im Mädchen-Pensionat
Nähe der Treppe waren und gesehen hätten, wenn jemand nach Lis Trigglings Tod die Treppe heruntergekommen wäre.«
»Es ist also niemand heruntergekommen?«
»Niemand. Absolut niemand. Das sage ich Ihnen doch! Der Mörder ist die Feuerleiter —«
»Stop«, unterbrach ich. »Ihre Geschichte mit der Feuerleiter setzt voraus, daß das Kippfenster geöffnet war.«
»Beide großen Kippfenster an beiden Enden der schmalen Fensterreihe waren von halb acht Uhr an geöffnet. Und zwar hat die Fenster ein gewisser Hartly selber aufgemacht. Das ist so eine Art stellvertretender Schuldirektor.«
»Ich weiß, ich habe ihn bereits kennengelernt.«
»Na also. Der ist um halb acht auf die Galerie gegangen, hat sämtliche Fenster geöffnet wegen der Entlüftung, hat die Tür zur Galerie wieder abgeschlossen und den einzigen Schlüssel zu dieser Tür bei sich behalten, weil er keine Zeit mehr hatte, ihn in den Schlüsselkasten im Verwaltungsgebäude zurückzubringen. Mann, Cotton, machen Sie mich nicht nervös.«
»Und trotzdem stimmt ihre Geschichte mit der Feuerleiter nicht«, seufzte ich. »Denrt die beiden großen Kippfenster, durch die man allein auf die Feuerleitern hätte kommen können, waren von innen geschlossen.«
»Was sagen Sie da?« fragte Ambers entgeistert.
»Prüfen Sie es nach. Ich habe es gerade getan.«
»Das kann doch nicht wahr sein, Cotton!«
»Mir geht es auch nicht in den Kopf. Aber es ist so. Das heißt, der Mörder muss sich unmittelbar nach dem Schuss auf der Galerie in Luft aufgelöst haben oder sonst wie verschwunden sein.«
»Jetzt bringen Sie mich aber nicht durcheinander! Halten wir fest. Es gibt insgesamt drei Möglichkeiten, auf die Galerie hinauf- oder von ihr wieder herunterzukommen. Erstens die Treppe in der Nähe der Toiletten und der Waschräume.«
»Dort kann er nicht heruntergekommen sein, sonst hätte man ihn gesehen. Behaupten Sie.«
»Das ist amtlich. Es gab zu viele Leute da. Zweitens das Kippfenster am hinteren Ende der Turnhalle, etwa auf der Höhe der Bühne.«
»Dort kann er nicht hinausgeklettert sein, denn das Fenster war von innen geschlossen. Damit entfällt auch die dritte Möglichkeit, nämlich die Feuerleiter am vorderen Ende der Turnhalle, auf der Höhe des Vorraumes. Das Fenster war genauso von innen verschlossen.«
Der Lieutenant verdrehte die Augen.
»Lieber Himmel, Cotton, wir gehen ja im Krebsgang! Statt dass wir Stück für Stück erklären, machen wir alles nur noch rätselhafter. Wie, zum Teufel, soll der Kerl denn dann überhaupt von der Galerie wieder heruntergekommen sein?«
»Das ist die.Frage, auf die ich keine Antwort habe«,'gab ich zu.
»Schöne Bescherung«, knurrte der Lieutenant. »Ich dachte, ich brauchte nur nach dem Motiv und dem Mörder zu suchen, den Rest würde ich ihm dann schon beweisen können. Jetzt stellt sich heraus, daß ich ihm gar nichts beweisen kann. Selbst wenn ich ihn jetzt hätte und sogar das Motiv wüßte, könnte er den Geschworenen ins Gesicht lachen. Er braucht sie nur zu fragen: Wollen Sie mir gefälligst erklären, wie ich ein Mädchen erschießen kann, wenn ich gar keine Möglichkeit hatte, vom Tatort wegzukommen?«
»Das wird noch eine harte Nuß. Aber wir müssen jetzt wohl wieder hinüber ins Büro und die Vernehmung der Musgrave fortsetzen, nicht wahr?«
Ambers schüttelte den Kopf.
»Ich bin in ihrem Zimmer gewesen. Decker nimmt im Einverständnis von Miß Musgrave und in ihrer Gegenwart zusammen mit einem meiner Leute eine gründliche Durchsuchung des ganzen Zimmers vor. Das wird wenigstens noch eine Viertelstunde dauern. Ich werde mir inzwischen selber mal diese verdammte Galerie ansehen,«
Gewichtig stapfte er davon. Ich zündete mir eine Zigarette an und wünschte mir einen starken Kaffee. Es war kurz vör zwei Uhr früh, die letzten drei Gäste wurden gerade an der langen Tafel vernommen, auch auf der Bühne beim Orchester hatten die ersten Vernehmungen eingesetzt, und ich spürte eine allmählich aufkeimende Müdigkeit.
Aus irgendeinem Grunde kam mir das blonde blauäugige Mädchen in den Sinn, das mir nun schon den zweiten falschen Namen aufgetischt hatte.
Ich wollte hinüber zu dem Gebäude, in dem die Mädchen wohnten, aber unterwegs begegnete ich Jack Hippie, dem einhändigen Detective Sergeant. Ein paar Männer mit den typischen Koffern des Spurensicherungsdienstes kamen hinter ihm. Der Polizeifotograf mit den hübschen Schmachtlocken war auch dabei. Während sie an mir vorübergingen,
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