045 - Die Blut GmbH
ist ein großer, hagerer Typ, der …“
„Ich kenne ihn. Hab euch ja einen ganzen Abend beschattet.“
„Gut. Sag ihm, er soll wieder in sein Büro fahren. Ich werde anrufen, sobald ich etwas entdeckt habe. Du bleibst hier und behältst das Haus im Auge. Aber laß dich nicht sehen. Viel Spaß!“
„Danke“, meinte er trocken.
Ich stieg aus. Albrecht ging eilig die Gasse entlang. Er sah sich gelegentlich um. Ich lief auf die andere Seite und folgte ihm. Es war die dunkle Seite, und er konnte mich nicht bemerken. Ihn sah ich deutlich im Mondlicht. Feine Sache, so ein Vollmond.
Er war offenbar auf dem Weg stadtauswärts. Er bog ab, und ich holte ein wenig auf, genug, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Nach einer Weile hörte er auf, sich nach irgendwelchen Verfolgern umzusehen.
Als wir in den Außenbezirk im Osten der Stadt kamen, bereute ich langsam, daß ich die Verfolgung nicht mit dem Wagen aufgenommen hatte. Der Weg schien kein Ende zu nehmen. Ich war nie ein guter Fußgänger gewesen.
Es war das Villenviertel, hügelig, unübersichtlich und mit wenig Deckung, so absurd das auch klingt. Ich mußte erheblich näher an ihn heran, um ihn nicht plötzlich in einer Seitenstraße aus den Augen zu verlieren.
Er ging sehr zielbewusst, und zeigte – im Gegensatz zu mir – keinerlei Anzeichen von Ermüdung. Über eine Stunde waren wir nun unterwegs. Die ganze Zeit über verstärkte sich in. mir das Gefühl, daß da vieles nicht in Ordnung war.
Endlich, kurz vor elf, hielt er an einem großen, vergitterten Tor, das eine übermannshohe Mauer durchbrach. Er betätigte den Klingelknopf neben dem Eingang. Sekunden später erschien eine Person in Schwesterntracht, weißer Kittel und Häubchen, und schloß auf.
„Zu Dr. Lükaar, Zimmer vierzehn“, sagte sie. Sie betonte das A, und es klang wie ein französischer Name. Beide verschwanden. Das Tor wurde geschlossen. Ich schlich mich näher heran und schaute durch das Gitter. Ich sah sie auf einem mondhellen Kiesweg auf ein langgestrecktes, hell erleuchtetes Haus zugehen. Dann sah ich mir das Tor genauer an. Über der Klingel stand:
KLINIK Dr. Alfred Lukard
Lukard, Lükaar!! Also doch ein Franzose.
Ich wartete eine Zeitlang, aber Albrecht kam nicht wieder.
Einen Augenblick war ich unentschlossen. Ich hätte liebend gern Erik angerufen, um ihm ein paar Hinweise zu geben, für den Fall, daß ich hier in eine Falle lief. Aber in diesen abgelegenen Straßen eine öffentliche Telefonzelle zu finden, mochte Stunden dauern. Ich mußte es also ohne Rückhalt versuchen.
Kurz entschlossen drückte ich auf die Klingel. Ich bemühte mich ein wenig, teilnahmslos auszusehen. Gleich darauf kam die Schwester wieder aus dem Gebäude. Sie schloß das Tor auf.
Ihr Gesicht erschreckte mich. Es war so weiß, ihre Miene so kalt, ihre Augen tiefschwarz und dunkel. Unwillkürlich dachte ich an unser nächtliches Erlebnis mit dem Beißer. Nur eines fehlte, um die Ähnlichkeit perfekt zu machen: das Feuer in den Augen!
„Dr. Lükaar, Zimmer vierzehn“, erklärte sie auch mir, als ich durch das Tor trat.
Dann ergriff sie mich am Arm, und ich erschrak zutiefst: Ihre Hand war eiskalt. Ich mußte mich zwingen, sie nicht abzuschütteln. Schweigend schritt ich neben ihr her, auf das Haus zu. Mich ergriff große Furcht. Ihre Hand strich an meinem nackten Unterarm auf und ab, als genösse sie die Wärme, die davon ausströmte.
Wir standen unter der Lampe über der Haustür. Die Schwester ließ mich los und öffnete. Unwillkürlich glitt mein Blick über ihre Schulter an ihrem weißen Ärmel nach unten. Und da, am Oberarm sah ich es – das verkehrte Kreuz!
Ich war auf der richtigen Spur. Aber ich war plötzlich gar nicht mehr sicher, ob ich das wollte.
Als sich die Tür hinter uns geschlossen hatte, sagte sie: „Die letzte Tür rechts.“ Und ließ mich stehen.
Ich schritt automatisch weiter, ohne mich umzusehen, bis ich ihre Schritte nicht mehr hörte. Dann verlangsamte ich meinen Schritt und blickte den hell erleuchteten Gang entlang. Links und rechts befanden sich Türen mit alphabetischer Bezeichnung. Gedämpfte Stimmen kamen von irgendwo her. Ich sah mich vorsichtig um. Ich stand allein auf dem Korridor. Ein schwerer süßlicher Duft von Desinfektionsmitteln hing in der Luft, und noch ein anderer Geruch, vor dem mich ekelte. Ich wußte nicht, was es war, aber in Kliniken gab es sicher vielerlei Gerüche, die Ekel auslösen konnten.
Vor mir trat ein Mann im weißen
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