0450 - Der Fürst der Finsternis
seinem Versteck in all den Jahrtausenden überleben lassen. Er war einfach unangreifbar, weil niemand ihn fand.
Auch jetzt zeigte er sich nicht selbst, sondern sandte seinen Doppelkörper aus. Der redete mit den anderen.
»Kein Spiel gegen dich, kein Spiel gegen die anderen - nicht von mir. Oder kennst du mich so schlecht?« fragte Astaroth.
Astardis verzog das Gesicht. Es war, als wäre der Doppelkörper er selbst. Die Reaktionen waren absolut perfekt.
»Ich kenne dich. Ich weiß, daß du nicht nach der Macht strebst. Aber ich bin kaum weniger alt als du. Ich hatte Zeit zu beobachten und zu lernen. Es steckt etwas dahinter.«
»Nichts anderes als bei dir. Du hast doch auch nie nach höherem Rang gestrebt.«
»Weil ich leben will«, sagte Astardis. »Ich bin kein Asmodis. Der hat's am längsten von allen ausgehalten, und am kürzesten Belial, der von Zamorra erschlagen wurde. Damon zähle ich nicht mit; er kam und ging. Aber Asmodis' Vorgänger… kaum einem war viel Glück beschieden. Macht schafft Feinde, und zum Schluß kämpft man um die Macht, nur um sie sich zu erhalten, nicht um eine Funktion bestens auszufüllen, die kein anderer so gut ausfüllen kann. Die Motive werden um so niedriger, je länger man die Macht ausüben kann.«
Stygia hob die Hand. »Führen wir hier jetzt eine Grundsatzdiskussion über Unwichtiges, oder wollen wir den Fürsten der Finsternis absetzen?«
»Sie hat recht«, sagte Astaroth. »Lassen wir Leonardo deMontagne holen, damit er sich verantworten kann - sofern er es kann…«
***
Kaum war Sheriff Bancroft mit Rob Tendyke verschwunden, als Roul Loewensteen aktiv wurde.
Dem Mädchen Josy, das das Hemd wieder auszog, schenkte er nur einen kurzen Blick, was Josy schmollen ließ; hatte sie sich doch etwas mehr erwartet. Loewensteen stürmte nach oben in Tendykes Arbeitszimmer.
Er war froh, daß der Sheriff nicht tatsächlich auf die Idee gekommen war, sich hier umzusehen. Er hätte feststellen müssen, daß Tendyke einige Dinge doch sehr perfekt beschrieben hatte - so perfekt, wie es nur jemand konnte, der hier jahrelang ein- und ausgegangen war. Das mußte vorsichtshalber anders werden. Loewensteen riß die Karten von der Wand. Er war sich nicht bewußt, daß er unersetzliche Werte vernichtete, vor allem bei einer Weltkarte, die nichts Irdisches zeigte, sondern die Oberfläche eines Planeten, dessen Äquatorbereich von einer schwarz gezeichneten Schattenzone bedeckt wurde, die jene Welt in zwei Hälften teilte. Eine auffällige zwölfeckige Festung am Südpol weckte Loewensteens Interesse auch nicht.
Er zerstörte alles.
Er vernichtete auch eine Reihe anderer Gegenstände, die er bislang unberührt gelassen hatte, weil nicht damit zu rechnen gewesen war, daß Tendyke wirklich einmal wieder auftauchte.
Dann warf er sich in den Schreibtischsessel und nahm das Telefon in Betrieb.
Der Verbindung nach El Paso kam sofort zustande.
»Mister Riker, bitte!«
Eine Minute später sprach er mit Rhet Riker, dem Topmanager, der jetzt die Holding leitete, in der rund um den Erdball hunderte von Firmen zusammengefaßt waren.
»… ist wieder aufgetaucht, Sir! Gott sei Dank wurde ich vorher gewarnt! Eine Anruferin aus Frankreich wollte mit Tendyke sprechen. Behauptete, Tendyke lebe und sei hierher unterwegs. Deshalb konnte ich auf sein Erscheinen vorbereitet sein. Der Sheriff hat ihn erst einmal mitgenommen. Ich habe mich bemüht, Tendyke so unglaubwürdig wie möglich zu machen.«
»Gut, Loewensteen«, sagte Riker. »Sehr gut. Aber es wird nicht reichen.«
Loewensteen räusperte sich. »Soll Tendyke ausgeschaltet werden?«
»Nicht durch Mord, falls Sie das meinen«, erwiderte Riker scharf. »Mord ist nicht mein Stil. Denken Sie sich etwas anderes aus.«
»Aber was, zum Teufel? Er hat gute Chancen, seine Identität zu beweisen! Er hat sogar Kreditkarten vorgelegt… die allerdings Firmenkarten sind.«
Loewensteen hatte seine Sternstunde gehabt!
»Das ist ja wunderbar!« lobte Riker. »Wenn Sie mir jetzt noch sagen können, welche Karten das sind…«
Loewensteens Glückssträhne hielt an. Er konnte es sagen. Er konnte sogar die Kartennummern nennen. Sein ausgezeichnetes Gedächtnis half ihm dabei, und später fragte er sich, aus welchem Grund er ausgerechnet den Karten solche Aufmerksamkeit gewidmet hatte; dabei hatte er sie nur kurze Zeit gesehen.
»Loewensteen, Sie haben sich einen Bonus verdient und mir die Gewißheit gegeben, daß ich den richtigen Mann an den richtigen
Weitere Kostenlose Bücher