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0452 - Die finstere Seele

0452 - Die finstere Seele

Titel: 0452 - Die finstere Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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daß sie nicht alles getan hätten, dem Druiden zu helfen. Auch wenn er im Zorn gegangen war, war das kein Grund, ihm die Unterstützung in einer Notlage zu verweigern.
    Minuten später saßen sie sich auf dem Bett im Schneidersitz gegenüber und entspannten sich durch Lockerungsübungen. Zamorra versetzte sie beide in eine Art Halbtrance, um jeden störenden Einfluß von außerhalb auszuschalten. Alles, was einen von ihnen auch nur für einen Sekundenbruchteil ablenkte, konnte die Konzentration stören und die geistige Verbindung zum abrupten Zusammenbruch bringen.
    Dann nahmen sie telepathischen Kontakt miteinander auf. Ihre Bewußtseine berührten sich. Daraus entstand eine Verschmelzung, die inniger und intensiver war als alles andere auf der Welt. Vertrauen war die Basis. Ihre schwachen telepathischen Kräfte schaukelten sich gegenseitig hoch, verstärkten sich.
    Dann wurde das Amulett aktiv.
    Zamorras Gehirn arbeitete zweigleisig. Für ihn war das dank jahrelangen Trainings nicht allzu schwierig. Auf der ersten Ebene war er in Halbtrance mit Nicole verbunden, auf der zweiten Ebene war er in der Lage, noch genügend Konzentration aufzubringen, um das Amulett zu steuern.
    Vor fast tausend Jahren hatte es der Zauberer Merlin aus der Kraft einer entarteten Sonne geschaffen, indem er einen Stern vom Himmel holte und daraus diese Silberscheibe schuf; die siebte und letzte einer Reihe, in der ein Amulett stärker und besser war als das vorhergehende, aber erst das siebte hatte Merlin zufriedengestellt.
    Jetzt verstärkte diese Kraft einer entarteten Sonne Zamorras und Nicoles telepathische Fähigkeiten. Das war ein zweischneidiges Schwert; die Kraft war begrenzt, und wenn bei einer magischen Aktion die Kapazität von Merlins Stern ausgeschöpft war, was beim Kampf gegen starke Dämonen oder bei häufiger Beanspruchung innerhalb kurzer Zeitabstände durchaus häufig vorkam, dann stellte das Amulett seine verstärkende Funktion zwar nicht sofort ein, aber es griff auf die Kraftreserven seines Benutzers zurück, um sie für sich zu verwenden. Das konnte zur völligen Erschöpfung führen - überraschend und blitzschnell.
    Das Gefährliche daran war, daß es keine Vorwarnung gab. Die Energie des Amuletts ließ sich nie exakt bestimmen. Oft genug war es zu einem Glücksspiel besonderer Art geworden.
    Aber wenn es nur darum ging, telepathische Kräfte zu verstärken, war kein Zusammenbruch zu befürchten.
    Das Zamorra-Nicole-Amulett-Bewußtsein suchte nach dem Druiden Gryf. Seine Aura war bekannt, das typische Muster, das er ausstrahlte und an dem man ihn besser erkennen konnte als an Fingerabdrücken oder am Netzhautmuster. Doch der gewünschte Kontakt kam nicht zustande. Da war nur etwas…
    Es entging Zamorra, und er hoffte, daß Nicole es besser wahrgenommen hatte. Was Details anging, konnte sie mit ihrem weiblichen Blick Dinge völlig anders sehen als er als Mann.
    Er brach den Kontaktversuch ab, als er bemerkte, daß er zu nichts führte und nur unnötige Energieverschwendung war. Der magisch-telepathische Verbund erlosch. Er fand in die Wirklichkeit zurück. Unwillkürlich wartete er auf einen spöttischen Kommentar des Amuletts, dessen künstliches Bewußtsein sich in den letzten Monaten und Wochen immer stärker entwickelt hatte. Er wartete auf ein. »Na, bist du jetzt schlauer?«
    Aber Merlins Stern äußerte sich nicht.
    Das Amulett fühlte sich kühl in seinen Händen an. Ruhig und unbeteiligt. Mit mechanischen Bewegungen hakte Zamorra es wieder an der Halskette fest. Dann erhob er sich aus seinem Schneidersitz, der für Ungeübte auf Dauer recht unbequem ist, bei einigem Training aber eine durchaus entspannte Sitzruhe ermöglicht.
    Auch Nicole erhob sich.
    »Da war etwas«, sagte sie.
    »Was?«
    Nicole lächelte verloren. »Nichts, was unmittelbar auf Gryf hindeutet«, sagte sie. »Es ist eigenartig. Ich hatte das Gefühl, mich in der Wohnung einer Frau zu befinden, die sich zu indianischer Kultur hingezogen fühlt.«
    Zamorra hob die Brauen. »Aber wir haben doch nach Gryf gesucht! Du meinst doch nicht etwa…?« Er verzichtete darauf, den Satz zu vollenden: daß dieser Schürzenjäger direkt ins Bett einer Frau gesprungen ist?
    Nicole zuckte mit den Schultern, weil sie seine Gedankenfolgerung erfaßte. »Nein, das kann ich mir nicht vorstellen - so plump geht er nicht vor, weil ihm dann die Mädchenjagd selbst keinen Spaß macht. Aber da wir nach Gryf gesucht haben und ich diese Eindrücke einer von

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