0452 - Die finstere Seele
Sie war besessen von dem Dybbuk Eysenbeiß. Dybbuks waren selten; Gryf war nur von einem schon sehr lange zurückliegenden Fall bekannt, in dem Zamorra es mit einem solchen Geist zu tun gehabt hatte.
Eysenbeiß in Gestalt der Indianerin kam zurück. Vor dem gefesselten Druiden blieb er stehen.
»Einen Schwätzer hast du mich genannt. Aber du wirst begreifen, daß ich kein Schwätzer bin, denn ich werde es genießen, dich zu töten. Zamorra wird um dich trauern, Druide, und wenn du tot bist, gibt es nur noch zwei Silbermond-Druiden - Teri Rheken und Merlin!«
Gryf versuchte, seine Selbstkontrolle zurückzugewinnen und den Alkoholspiegel mit Magie abzubauen. Aber das ging nur langsam, weil er schon einen Teil seiner Kräfte verbraucht hatte und sich eigentlich hätte erholen müssen. Deshalb bekam er nicht so schnell wieder einen klaren Kopf, wie er es sich gewünscht hätte.
Eysenbeiß schien das zu wissen, denn er ließ die Indianerin, die er als Dybbuk übernommen hatte, spöttisch grinsen.
»Daß ich dich töten werde, wird dir klar sein, Druide«, sagte er. »Und niemand wird dich retten können. Gib dich keinen Hoffnungen hin - ich habe einen Blick in die Zukunft geworfen, und in dieser Zukunft sehe ich dich tot vor mir liegen, aber ich erinnere mich in der Zukunft auch an das teuflische Vergnügen, das dein Sterben mir vorher bereitet hat. Nur Zamorra sterben zu lassen, dürfte mir mehr Vergnügen bereiten…«
Gryf würdigte dieses Monstrum in Menschengestalt keiner Antwort. Man konnte eines anderen Menschen größter Todfeind sein und mußte sich trotzdem nicht an der Vorstellung aufgeilen, diesen Menschen dämonisch qualvoll sterben zu lassen. Dieser Eysenbeiß mußte abartig veranlagt sein bis ins Mark.
Leute seines Schlages gehörten in psychiatrische Behandlung.
»Bereite dich schon auf dein Sterben vor«, schlug Eysenbeiß leutselig vor. Dann schritt er an dem Gefesselten vorbei.
Er begann einen Teil der Wohnung auf den Kopf zu stellen. Dann fand er Unterlagen, welche auf die Identität seines Wirtskörpers hinwiesen.
Raven Brooks, 28 Jahre, geschieden. Eine Navajo, die sich mit ihrem Geburtsnamen Rabenfeder nannte.
Vermutlich kannten etliche Menschen ihrer Umgebung sie unter dem Namen Rabenfeder. Das war wichtig für Eysenbeiß, der auf diesen indianischen Namen reagieren mußte, wenn sein Wirtskörper von dessen Bekannten so angesprochen wurde. Daß sie eine parapsychische Veranlagung besaß, ging aus den Unterlagen zwar nicht hervor, aber andernfalls wäre Eysenbeiß nie auf sie gestoßen, um sie zu übernehmen.
Er lachte leise.
Rabenfeder, die Indianerin!
Vielleicht sollte er das indianische Erbe in seinem Wirtskörper aktivieren und den Druiden skalpieren. Wie würde der magische Todfeind sich wohl fühlen, wenn Eysenbeiß ihm seinen blonden Haarschopf vor das Gesicht hielt, während sein Opfer sich vor Schmerzen krümmte?
Abermals lachte Eysenbeiß.
Sein Lachen brach ab. Eine Vision kam. Sie überfiel ihn einfach, und er konnte nichts dagegen tun. Diesmal sah er nicht den Dämon, der das Amulett von sich schleuderte, sondern einen Mann in lederner Western-Kleidung.
Robert Tendyke!
Der gehörte doch auch zur Zamorra-Crew!
Eysenbeiß verlor die Kontrolle. So deutlich wie jetzt hatte er noch nie ein Zukunftsbild gesehen, und mechanisch griff er nach Papier und Kugelschreiber, ohne zu wissen, was mit ihm geschah.
Er kam gegen den Zwang der Vision nicht an…
***
In Robert Tendykes Bungalow schlief Roul Loewensteen den Schlaf des Ungerechten. Nachdem er dem Mann, der sich als Tendyke ausgegeben hatte, den tödlichen Schuß in den Körper gepflanzt hatte, träumte er nicht schlechter als zuvor, weil er jetzt sicher sein konnte, seinen Job als Verwalter von Tendyke's Home auf Lebenszeit zu behalten. Calderone, im TI-Management für die Abteilungen Sicherheit und Werkschutz als Manager verantwortlich, hatte es ihm zugesichert.
Hunderttausend Dollar Erfolgsprämie hatte Loewensteen zusätzlich kassiert. Davon wußten vermutlich nur Calderone und er, denn dieses Geschäft war so blitzartig und unauffällig abgewickelt worden, daß es niemals durch die offizielle Buchhaltung der Tendyke-Holding gelaufen sein konnte, und nur zu deutlich erinnerte Loewensteen sich an die Worte des eigentlichen Bosses Rhet Riker, daß er mit Mord und ähnlichen krummen Touren absolut nichts zu tun haben wollte.
Calderone war da weniger zart besaitet.
Loewensteen wußte nicht, ob der Mann, der wie Tendyke
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