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0452 - Die finstere Seele

0452 - Die finstere Seele

Titel: 0452 - Die finstere Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Frauenhand indianisch eingerichteten Wohnung wahrnahm, muß es in irgendeiner Form eine Verbindung geben!«
    »Aber wie mag die aussehen?«
    Das wußte Nicole auch nicht.
    »Und was sollen wir jetzt tun, nachdem wir nichts weiter herausbekommen haben als den Anfang eines neuen Rätsels? Ich sehe keinen Faden, der uns zu Gryf führt.«
    Der Parapsychologe lächelte. »Tut mir leid, ich bin ausnahmsweise auch ziemlich ratlos. Du sagtest, eine Wohnung, von einer Frau indianisch eingerichtet.«
    Nicole nickte.
    »Okay. Schauen wir mal ins Telefonbuch. Suchen wir nach einem Eintrag, der auf eine Indianerin hinweist.«
    Nicole lachte unfroh auf. »Sag mal, weißt du, wo wir uns befinden? In Nordamerika! Erstens leben die meisten Indianer in ihren Reservaten, die die Weißen ihnen notgedrungen, aber meist unwillig gelassen haben. Zweitens besitzen nicht alle Indianer, die in den Städten wohnen, auch Telefon. Drittens hast du anhand des Namens nur wenig Möglichkeiten, einen Indianer als solchen zu erkennen.«
    »Trotzdem werde ich den Versuch wagen«, sagte Zamorra. »Ich erinnere mich, daß es unten im Empfang auch ein paar öffentliche Fernsprecher gibt. Da dürften auch Telefonbücher herumliegen. Wenn sich besagter Ort nicht außerhalb des Nahbereiches befindet, gibt es immerhin eine geringe Chance.«
    »Waidmannsheil«, sagte Nicole, aber sie begleitete ihren geliebten Partner, weil sie nicht allein im Zimmer zurückbleiben und sich langweilen wollte.
    Der Lift trug sie beide wieder nach unten.
    Zamorras Gedanken drehten sich um den Freund, den er in Gefahr wähnte. Wie, um Himmels willen, konnte er Gryf aufspüren und ihm helfen?
    ***
    »Du bist also wieder wach«, stellte Eysenbeiß fest und wunderte sich abermals über die ungewohnt tiefe und doch hohe Stimme, diesen harmonischen Zusammenklang zweier Komponenten. Daran würde er sich so gewöhnen müssen wie an die Art, sich zu bewegen.
    Der gefesselte Druide antwortete nicht. Er starrte Eysenbeiß, beziehungsweise den Körper der Indianerin, nur aus seinen schockgrünen Augen an.
    »Ich nehme an, du weißt, mit wem du es zu tun hast?« erkundigte sich Eysenbeiß mit maliziösem Unterton.
    Jetzt endlich würdigte der Druide ihn einer Antwort, die aus einem einzigen Wort bestand, und wie er es aussprach, glich es eher einem Ausspucken: »Schwätzer!«
    Eysenbeiß zuckte nicht einmal zusammen. Er hatte damit gerechnet, beleidigt zu werden. Gelassen ging er darüber hinweg, aber er registrierte durchaus, daß der Druide »Schwätzer« gesagt hatte und nicht »Schwätzerin«, und im gleichen Moment wurde Eysenbeiß klar, daß sein Wirtskörper nicht eindeutiger als der einer Frau erkannt werden konnte, weil er es versäumt hatte, sich nach seiner Betrachtung im Spiegel wieder anzukleiden.
    Hastig kehrte er zurück und holte das Versäumnis nach. Er gönnte es seinem Feind nicht, vor seinem Tod noch den Anblick dieses makellosen nackten Frauenkörpers zu genießen. Dabei wußte er nicht, daß Gryf zwar hinter Vampiren und hübschen Mädchen her war wie der Teufel hinter der Seele - hinter den Vampiren, um ihnen einen geweihten Eichenpflock ins untote Herz zu treiben, und hinter den Mädchen, um sie zu verführen -, daß der Druide aber durchaus begriffen hatte, daß hinter dieser attraktiven Larve ein Ungeheuer lauerte. Daß die nackte Indianerin nur Fassade war für den Geist eines unheimlichen, tödlichen Feindes.
    Er hatte Eysenbeiß jetzt erkannt.
    In ihm machte sich der Alkohol bemerkbar. Gryf hatte das ebenso erkannt wie die Tatsache, daß er perfekt gefesselt worden war. Den Versuch, sich mit körperlicher Kraft zu befreien, hatte er schnell wieder aufgegeben, und seine Druiden-Magie konnte ihm in diesem Punkt auch nicht helfen. Er konnte ihn auch nicht angreifen. Er konnte nicht telepathisch um Hilfe rufen. Er konnte sich nicht befreien. Er konnte praktisch überhaupt nichts tun, weil der Alkohol ihn blockierte, und er ahnte, daß Eysenbeiß ihm zusätzlich Schnaps eingeflößt haben mußte, um diese starke Konzentration zu erreichen.
    Immerhin erkannte Gryf, was es mit dem telepathischen Hilfeschrei auf sich hatte, den er in der Hotelbar aufgenommen hatte.
    Eysenbeiß war ein Dybbuk !
    Ein ruheloser, finsterer Geist, der im Nichts umherwanderte und sich eines fremden Körpers bemächtigte, um dessen Bewußtsein zurückzudrängen oder zu vernichten.
    Die Indianerin war besessen.
    Sie war nicht sie selbst. Ihr Bewußtsein existierte möglicherweise nicht mehr.

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