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0452 - Die finstere Seele

0452 - Die finstere Seele

Titel: 0452 - Die finstere Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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hielt, hatte er sich bedeutend tapferer gefühlt. Es war eine Sache, über Kimme und Korn zu zielen und einen nächtlichen Eindringling in angeblicher Notwehr gezielt niederzustrecken, und eine andere, selbst in die schwarze Mündungsöffnung zu sehen, aus der jeden Moment die Feuerblume des Todes erblühen konnte.
    »Was hat Calderone dir gezahlt, daß du mich niedergeschossen hast, Loewensteen?« hörte er Tendyke fragen.
    »Calderone…?« stammelte Loewensteen.
    »Wieviel? Raus mit der Sprache, oder du hast plötzlich ein Ventil im Bauch, das sich nicht mehr ganz schließen läßt!« Tendyke senkte die Waffenmündung ein wenig.
    Hinter Loewensteen ergriff Lana die Flucht aus dem Zimmer. Tendyke hinderte sie nicht daran.
    »Sie… Sie sind doch tot«, stieß Loewensteen hervor. »Oder… oder haben Sie eine kugelsichere Weste getragen? Aber… aber dann hätten Sie doch mit dem Notarzt und dem Sheriff gemeinsame Sache machen müssen, um mich hereinzu…«
    Er biß sich auf die Zunge, aber es war zu spät.
    »Wer hereingelegt werden muß, hat vorher unehrliche Mittel angewandt«, stellte Tendyke trocken fest. »Also, Loewensteen, wieviel?«
    Loewensteen preßte die Lippen zusammen. Im nächsten Moment knallte eine Kugel an ihm vorbei und zerschmetterte das Schlafzimmerfenster, natürlich nicht schallgedämpft. Erschrocken stürzte Loewensteen rücklings auf das Bett. So großspurig und mutig er letztens mit der Waffe in der Hand gewesen war, so feige war er jetzt angesichts dieser Waffe.
    »Hunderttausend«, zitterte er.
    »Hübsch«, kommentierte Tendyke. »Und das, mein Bester, notierst du jetzt auf einem Stück Briefpapier und unterschreibst mit Datum, Ort und Namen und mit dem Zusatz, daß du dieses Geständnis freiwillig und ohne Zwang ablegst. Tust du's nicht, hast du dein letztes Lied gesungen!«
    Loewensteen, der immer noch nicht begriff, wieso der doch eigentlich tote Tendyke vor ihm stehen und ihn bedrohen konnte, erklärte sich mit allem einverstanden. Vor Tendyke betrat er dessen Arbeitszimmer und griff nach Papier und Füllfederhalter.
    Und eine Viertelstunde später wunderte sich der von der aufgeregten Josy und der noch aufgeregteren Lana telefonisch alarmierte Sheriff Jeronimo Bancroft nicht schlecht, als er einen bewaffneten, ihn freundlich angrinsenden Robert Tendyke im typischen Lederkostüm vor sich sah, der gar nicht wie ein schuldbewußter Einbrecher aussah, und daneben am Schreibtisch einen völlig nackten Roul Loewensteen, der aussah, als wäre er der ertappte Bösewicht, und dieser Loewensteen drückte dem Sheriff sehr säuerlich lächelnd ein unterschriebenes Stück Papier in die Hand.
    »Tja«, sagte Tendyke, »damit dürften wir doch beim Problem meines Identitätsnachweises einen gehörigen Schritt weitergekommen sein, Bancroft, oder sehe ich das falsch?«
    Bancroft grinste zurück.
    »Daß Sie Tendyke sein wollen, behaupten immer noch Sie allein«, sagte er und steckte das zusammengefaltete Papier ein. »Damit befasse ich mich bei Tageslicht, aber jetzt erst mal nehme ich Sie als Einbrecher fest. Geben Sie mir die Waffe.«
    Entgeistert händigte Tendyke ihm Loewensteens Pistole aus.
    Er verstand die Welt nicht mehr.
    Sollte Bancroft ebenfalls auf der anderen Seite stehen?
    ***
    Natürlich war die Explosion im Thronsaal des Fürsten der Finsternis nicht unbemerkt geblieben. Magische Erscheinungen dieser Art sandten ihre Schwingungen durch die Schwefelklüfte, und wessen Sinne fein genug waren, der konnte sie auch über größere Entfernungen hinweg noch wahrnehmen.
    Einer von ihnen war der Erzdämon Astaroth. Wie die Dämonin Stygia, stand auch er dem neuen Fürsten der Finsternis recht skeptisch gegenüber. Er hatte nicht die geringsten Ambitionen, sich selbst auf den Thron zu setzen, weil er ihn für einen Schleudersitz hielt, auf dem nur Asmodis sich für ein paar Jahrhunderte hatte halten können. Alle anderen, ob sie nun Damon aus der Straße der Götter hießen, Belial oder Leonardo deMontagne, hatten nur kurze Zeit ihr Regiment geführt, um dann blitzschnell abserviert zu werden.
    Stygia war da ehrgeiziger; sie drängte es nach der Macht, und deshalb hatte sie mit Astaroth zusammengearbeitet, um Leonardo abzusägen. Doch Julian, das Telepathenkind, war schneller gewesen und hatte den Fürstenthron für sich in Anspruch genommen. Julian hatte Stygia und Astaroth nicht einmal den Treue-Eid abgefordert, so stark und sicher fühlte er sich, dabei mußte ihm klar sein, daß gerade

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