0453 - Die Vögel des Bösen
er. »Ich will es nicht. Ich will, daß du mich nach Baton Rouge bringst!«
»Übereile deinen Entschluß nicht«, sagte Julian. »Nutze die Zeit, die ich dir biete, und triff dann die richtige Entscheidung. Ich bin sicher, du wirst sie nicht bereuen.«
»Ich habe meine Entscheidung längst getroffen. Es gibt nichts mehr, was noch zu bereden oder zu schauen wäre…«
»Sieh dich um«, fuhr Julian unbeirrt fort, als hätte Ombre noch keinen Ton gesagt. »Und sollte dich jemand bedrängen wollen - du bist der Schützling des Fürsten. Warte, ich gebe dir ein Zeichen, damit auch der Dümmste sieht, daß du unantastbar bist.«
Er kam auf Ombre zu, der die Hände abwehrend vorstreckte und zurückwich.
»Bleib mir vom Leib! Ich will nichts von dir - außer meine Heimkehr…«
In Julians Augen leuchtete es auf. Plötzlich ließ Ombre die Hände sinken. Für wenige Augenblicke war sein eigener Wille fast ausgeschaltet, und in dieser Zeit berührte Julian seine Stirn. Funken knisterten, dann trat der Fürst lächelnd wieder zurück.
Ombre war wieder handlungsfähig.
Er faßte nach seiner Stirn, konnte aber nichts fühlen.
»Was hast du gemacht?« stieß er hervor. »Mir so etwas wie ein Kains-Mal verpaßt?«
»Ein Sigill«, sagte Julian. »Du kannst es nicht sehen und nicht fühlen, aber andere sehen es und wissen, daß sie dir nicht schaden dürfen, wenn der Fürst der Finsternis sie nicht bestrafen soll.«
»Verdammt, nimm's mir ab!« keuchte Ombre.
»Es wird von selbst vergehen, wenn die Zeit gekommen ist«, sagte Julian. »Und nun genieße deine Privilegien - und mache mir weder Ärger noch Schande!«
»Ich könnte dich umbringen«, murmelte Ombre und rieb an seiner Stirn, als könne er das unsichtbare Sigill damit entfernen. Er war ein Gezeichneter . Es kam ihm vor, als habe der Fürst ihm damit nicht nur Schutz gewährt, sondern auch ein Brandmal aufgeprägt. Einen Stempel mit der Aufschrift Ich gehöre dem Fürsten !
Das hatte ihm gerade noch gefehlt…
***
Calderone war nicht zum Flughafen gefahren. Er hatte blitzschnell einen anderen Plan entwickelt. Er kannte Robert Tendyke soweit, als daß dieser kaum tatenlos zusehen wurde, wie man ihn seines Eigentums beraubte. Er würde nicht abwarten und Däumchen drehen, sondern schon in den allernächsten Stunden irgend etwas unternehmen.
Das zweite Problem war Loewensteen.
Dieser Narr hatte sich von Tendyke mit vorgehaltener Waffe zwingen lassen, ein Geständnis in schriftlicher Form abzulegen und das auch noch zu unterschreiben! Sicher, es hatte keinen unmittelbaren Wert, weil es unter Zwang geschrieben worden war. Aber ein Schatten würde immer klebenbleiben…
Möglicherweise würde Loewensteen ein zweites Mal umfallen, falls es zu einer Gerichtsverhandlung kam. Zweimal hatte er bisher versagt - beim ersten Mal hatte er Tendyke nicht richtig getroffen, beim zweitenmal hatte er sich zu dem Geständnis zwingen lassen. Calderone zweifelte daran, daß Loewensteen beim dritten Mal stärker sein würde.
Also mußte auch dieses Problem gelöst werden. Deshalb war Calderone nicht sofort nach El Paso zurückgeflogen.
Er konnte Tendyke ziemlich gut einschätzen. Er rechnete mit einem ganz bestimmten Verhalten. Deshalb brauchte er nur abzuwarten…
***
Magnus Friedensreich Eysenbeiß, die finstere Seele im zerfallenden Körper des ehemaligen Fürsten der Finsternis, informierte keinen der Dämonen über seine Vision, die ihm Ted Ewigks Vordringen gezeigt hatte. Er nahm die Sache lieber in die eigenen Hände.
Er hatte seinerzeit eine Menge gelernt, und auf dieses Wissen griff er nun zurück, als er mit einer Beschwörung begann, die die Vögel des Todes auf den Plan rufen sollte, riesige schwarzgefiederte Ungeheuer mit mörderischen Schnäbeln und Klauen, die einen Menschen innerhalb weniger Augenblicke in Fetzen reißen konnten.
Er beschwor sie herauf aus den Tiefen der Abgründe, und er versprach ihnen Beute. Ein Opfer. Er zeigte es ihnen, indem er ihnen seine Vision übermittelte. Nun wußten sie, wen sie anzugreifen hatten. Den blonden Mann, der wie ein Wikinger auf Raubzug aussah.
Sie gaben krächzende Schreie von sich und schüttelten die Flügel. Die Vögel des Todes waren bereit, ihre Beute zu schlagen.
Eysenbeiß teilte ihnen mit, wo diese Beute auftauchen würde, und die Vögel glitten mit schnellen Schwingenschlägen davon, um das Opfer in Empfang zu nehmen, sobald es auftauchte.
Eysenbeiß war zufrieden.
Dieser Ted Ewigk hatte keine Chance,
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