0453 - Im Bann des Pegasus
mir geschieht oder was nicht mit mir geschieht. Richten Sie sich danach. Ich bin für mich selbst verantwortlich.«
»Wem und wie hätten Sie über den Erfolg Ihrer Aktion Bescheid geben müssen?« fragte ich.
»Lassen Sie mich in Ruhe!«
»Nein. Sie sind meine einzige Spur.«
»Ach ja. Und wohin?«
»Zu Pegasus und möglicherweise auch zur Loge der Mystiker. Mehr will ich nicht.«
»Ja, töten!«, Allmählich wurde ich ärgerlich. »Es ist kein Töten, sondern war die reine Notwehr. Können Sie sich nicht vorstellen, dass es sich bei der anderen Seite, um Mörder handelt.«
»Nein!«
»Ich bin Polizist. Und Polizisten kennen Sie doch, wie Sie gesagt haben. Sie schenken Ihnen Ihr Vertrauen.«
»Den griechischen.«
»Das spielt keine Rolle.«
»Für mich ja!«
Ich sah ein, dass ich auf diese Art und Weise nicht weiterkam, deshalb versuchte ich es anders herum. Zunächst zündete ich mir eine Zigarette an, dann kam ich auf Kostos zu sprechen.
»Ich will nicht mit Ihnen darüber reden.«
»Er stand Ihnen nahe – oder?«
Gabriela hob den Kopf an und schaute gegen die Tür. »Ja«, sagte sie plötzlich, »er stand mir nahe. Er stand mir sogar sehr nahe. Näher als alle anderen.«
»Und er hat Sie verlassen, um ins Kloster zu gehen. Dann kann seine Liebe nicht groß gewesen sein.«
»Was wissen Sie schon, Engländer? Was wissen Sie denn schon? Es gibt Dinge, die größer und mächtiger sind, als die menschlichen Beziehungen untereinander. Dinge, die den Kreislauf der Welt in Gang halten. Danach musste er forschen, denn er fühlte sich dazu berufen. Die Ruhe hatte er nur im Kloster.«
»Ging es um Pegasus?«
»Nicht allein um ihn. Sie hatten Kontakt zu ganz anderen Welten. Sie wollten hinter die Dinge schauen, und das haben sie auch geschafft. Irgendwann einmal werden sie die Welt beherrschen. Pegasus ist das Zeichen. Auf den Flügel der Phantasie und Kreativität reisen wir von dannen in andere Dimensionen, um endlich den Blick für die anderen Dinge zu bekommen. Unser drittes Auge muss geweckt werden. Unser verborgenes Auge, verstehen Sie? Der Mensch hat nicht immer zwei Augen gehabt. Ein drittes war ebenfalls vorhanden, aber damit sah er nicht die Äußerlichkeiten an, dafür reichten die anderen beiden. Durch das dritte Auge schaute er in die Dunkelheit, die hell wurde, als er sie durchdrang. Es war wunderbar, Kostos besaß es. Man kann es trainieren. Jeder, der es noch nicht völlig verloren, hat, wird es irgendwann merken und eintreten wollen in die Loge der Mystiker, die diejenigen vernichtet, die sie verraten haben.«
»Wie James Benson.«
»Wer ist das?«
»Vergessen Sie es, Gabriela. Möglicherweise gehöre ich ebenfalls zu den Leuten, die etwas Besonderes sind.«
»Sie?« kreischte die junge Frau. Zum erstenmal schaute sie mich direkt an. Ich las aus ihrem Gesicht den Spott und gleichzeitig den Abscheu, den sie mir entgegenbrachte. Und sie sprach weiter. »Sie, Sinclair, sind doch nur ein mieser Polizist. Was soll an Ihnen denn schon Besonderes sein?«
»Man kann sich in einem Menschen täuschen.«
»Reden Sie doch nicht so dumm.«
Ich hob die Schultern und griff gleichzeitig an meinen Hals, wo die schmale Silberkette hing. Sehr vorsichtig nahm ich sie zwischen die Fingerspitzen, bevor ich daran zog.
Als ich den Kopf senkte und die Kette darüber streifte, erschien auch das Kreuz.
Gabriela und Godfrey Shulz schauten mir zu. Auch mein Landsmann hatte das Kreuz noch nicht gesehen.
Ich ließ es auf dem Handteller liegen und drehte meine Hand so, dass Gabriela sie anschauen musste. »Ist derjenige, der so etwas trägt, wirklich nur ein Polizist?«
Sie gab mir keine Antwort. Ihren fast stieren, eingefroren wirkenden Gesichtszügen entnahm ich, dass sie sehr verwundert war.
»Nun?«
»Woher haben Sie es?« Zum erstenmal klang ihre Stimme fad und tonlos.
»Das ist eine lange Geschichte. Aber es scheint mir, als hätten Sie es schon gesehen.«
»Gesehen?« wiederholte sie flüsternd und hob den Kopf. »Nein, ich habe es noch nicht gesehen. Aber ich sah etwas, das auch auf dem Kreuz vorhanden ist.«
»Was?«
»Du weißt es genau. Das Auge, das dritte Auge. Direkt unter dem M!«
Diese Gabriela war für jede Überraschung gut. Damit hätte ich nicht gerechnet. Ich hatte ihr das Kreuz eigentlich nur zeigen wollen, um ihr beweisen zu können, dass ich zwar ein normaler Mensch war, aber eine ungewöhnliche Aufgabe übernommen hatte.
Für mich war diese Frau trotz des Mordanschlags auf
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