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0455 - Der Lord und die Geister-Lady

0455 - Der Lord und die Geister-Lady

Titel: 0455 - Der Lord und die Geister-Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Sekret ist einige hundertmal giftiger als Blausäure und gelangte im Laufe der Jahrhunderte zu einer traurigen Berühmtheit. Schon in der Bibel warnte Moses vor dem Verzehr giftiger Kugelfische. Sie können das nachlesen, Mr. Sinclair. 5. Mose 14,10. Ich erzähle Ihnen hier wirklich nichts. Im sechzehnten Jahrhundert fand man eine weitere Spur dieses Giftes. Aber nicht in Mittelamerika, sondern in China, in der elitären Mandarin-Gesellschaft. Zahlreiche Fürsten starben, weil sie nicht von einer giftigen Fischleber lassen wollten, die bei fachmännischer Zubereitung Rauschzustände bewirkt, aber unweigerlich zum Tode führt, wenn der Koch auch nur den kleinsten Fehler macht. Diese Spielart des Russischen Rouletts hat heute noch in Japan seine Anhänger. Der Verzehr der hochgiftigen Leber des Fugu-Fisches gilt als lukullisches Erlebnis. Nur ausgewählte und von der Regierung anerkannte Köche dürfen dieses Gericht zubereiten, das dem genießenden Gast Rauschzustände beschert. Der kleinste Irrtum des Kochs endet mit dem Tod des Gastes – oder er führt zu jenen Fällen von Scheintod, die in Japan noch immer für Sensationen sorgen, wenn die Toten plötzlich nach einigen Stunden wieder auferstehen und das Krankenhaus verlassen. Die Parallelen sind also da, man muß sie nur finden. Das haben die Giftmischer aus Haiti getan. Die Droge wurde von den afrikanischen Sklaven im letzten Jahrhundert mit auf die Insel gebracht. Und man macht dort mit den Zombies Geschäfte, denn diese Menschen werden als willenlose Sklaven und Wesen auf den entsprechenden Plantagen eingesetzt. Man zahlt für diese billigen Arbeitskräfte einen guten Preis. Das ist das ganze Geheimnis.«
    Ich nahm das Glas und drehte den Whisky. Für den Lord war die Sache klar, für mich weniger. Das sagte ich ihm auch.
    »Welche Fragen haben Sie noch?«
    »Sie sprachen noch nicht von diesem Gegengift. Kennt man dessen Zusammensetzung auch?«
    »Natürlich. Dem Toten wird eine Paste eingeträufelt. Sie besteht aus süßen Kartoffeln und dem Extrakt der Datura-Pflanze. Damit wäre die Sache dann erledigt.«
    »Interessant.«
    Der Lord nickte. »Nicht nur das, Mr. Sinclair. Das ganze Gebiet ist faszinierend. Als interessant empfinde ich es nicht mehr. Wenn Sie sich einmal damit beschäftigt haben, geraten Sie in einen gewissen Rausch, wie wir ihn nur als Forscher erleben können.«
    »Verstehe, Sir. Sie haben Ihren Rausch nicht nur gepflegt, sondern ihn auch an Ihrer Frau erprobt.«
    »Stimmt.«
    »Und es ist nichts schiefgegangen?«
    Er beugte sich vor. »Was sollte schiefgehen? Ich habe mich jahrelang mit meinen Forschungen beschäftigt. Ich bin firm. Ebenso firm wie diese Medizinmänner und Zauberer. Ich habe diese Drogen genau abgewogen, da ist kein hundertste! Milligramm zu viel.«
    »Wie hat Ihre Frau auf das Experiment reagiert?«
    »Sie fiel in den Totenschlaf.«
    »Und Sie begruben sie?«
    »Das gehört zum Ritual. Ich wollte nichts verändern und alles originalgetreu durchführen.«
    »Wann holten Sie Ihre Frau zurück?«
    »Nach fünf Tagen.«
    »Wie war sie?«
    Jetzt lachte er. »So fragt man Leute aus, Mr. Sinclair.«
    »Das ist mein Beruf.«
    »Pardon, ich hatte vergessen, daß Sie Polizist sind. Sie war normal. Oder hat Ihnen mein Diener etwas anderes erzählt? Wenn ja, war er nicht objektiv, und ich kann ihm nicht einmal einen Vorwurf machen. Er hat meine Gattin wieder ausgegraben. Als er den Sarg öffnete und eine Lebende sah, bekam er den Schock seines Lebens.«
    »Lebte sie da schon?«
    »Ja und nein. Ich stieg dann in die Grube und träufelte ihr etwas von dem Gegengift ein. Der Butler brauchte es nicht zu sehen. Ich habe, das gebe ich zu, mit seinem Entsetzen Scherze getrieben.«
    »Sie hätten ihm zuvor alles erklären können.«
    Der Lord winkte ab. »Es ist nicht meine Art, mit dem Personal über persönliche Dinge zu sprechen.«
    Natürlich, so konnte man es auch sehen. Aber er hatte einen Fehler gemacht und Crane unterschätzt.
    »Sind Sie denn jetzt zufrieden?« erkundigte sich Lord Danford mit einer Stimme, die irgendwie satt klang.
    »Nicht ganz.«
    »Pardon, ich vergaß. Sie wollten noch mit meiner Frau sprechen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis sie erscheint…«
    »Das auch, Sir.«
    »Gibt es sonst noch etwas?«
    »Ja.«
    »Nur immer heraus mit der Sprache.«
    »Ihr Diener hat mir da noch etwas mitgeteilt. Wissen Sie, er hat nicht Hals über Kopf die Flucht ergriffen. Er wollte wahrscheinlich sehen, ob er sich nicht

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