0455 - Der Lord und die Geister-Lady
getäuscht hat und beobachtete Sie, als Sie, Sir, mit Ihrer Frau im Kaminzimmer saßen.«
Die Augen des Mannes bekamen einen starren Blick. »Was Sie nicht sagen, Mister.«
»Gilbert berichtete mir davon.«
»Und? Was kann er schon gesehen haben?«
»Für ihn interessante und schockierende Dinge. Er sah, wie Sie Ihrer Frau einen eisernen Schürhaken über den Kopf schlugen, als sie in ihrem Sessel saß.«
Der Lord sprang mit sehr elastischen Bewegungen auf: »Und das glauben Sie, Mr. Sinclair?«
»Was ich glaube, steht hier nicht zur Debatte. Ich zitiere nur die Aussagen Ihres Dieners.«
»Von denen Sie sich auch überzeugen wollen.«
»Zwangsläufig, denn sie bedeuten in gewisser Hinsicht eine schwere Anklage.«
Lord Danford begann mit seiner Wanderung, die ihn quer durch den Raum führte. Er ballte seine Hände zu Fäusten, öffnete sie wieder, dann schlossen sie sich, und er schüttelte mehrmals hintereinander heftig den Kopf. »Das ist«, sagte er schwer nach Luft schnappend, »das ist eine verfluchte Unterstellung. Eine Unverschämtheit, so etwas zu behaupten. Wenn ich Gilbert in die Finger bekomme, werde ich ihn wegen einer Falschaussage anzeigen, darauf können Sie sich verlassen.«
»Mich geht es nichts an, nur ihn und Sie.« Ich hatte das Gefühl, als wäre die Aufregung dieses Mannes gespielt.
Er blieb stehen, drehte sich um und schaute mich an. »Jetzt glauben Sie, daß ich meine Frau umgebracht habe.«
»Ich glaube erst einmal nichts.«
»Aber Sie wollen Mary sehen.«
»Das wäre wohl besser für uns.«
Danford schnaufte und zog seine Rockschöße glatt. »Zwar habe ich es nicht nötig, aber ich werde trotzdem diese ungeheuerliche Behauptung durch einen Gegenbeweis aus der Welt schaffen. Bleiben Sie sitzen, Mr. Sinclair, ich hole meine Frau.«
»Nicht nötig, Peter, ich bin bereits da, und ich habe einiges von deinem Gespräch mit dem Herrn mitbekommen.«
Ich stand auf, drehte mich und schaute zu der großen zweiflügeligen Tür. Dort stand Lady Mary Danford wie eine bleiche Figur, die mir trotz allem keinen zombiehaften Eindruck machte…
***
Der Inspektor kam sich vor wie der Zauberlehrling, der die Geister gerufen hatte und sie nicht mehr loswurde. Auch die Magie des Würfels hatte zwei Seiten. Über die unsichtbare Brücke waren die gekommen, die in anderen Reichen lauerten. Geschickt von einem mächtigen Dämon, der mit seinem gewaltigen Einfluß Grenzen aufreißen konnte.
Suko hatte den Eindruck, in der Hölle zu stehen. In einer Hölle, wie sie des öfteren in alten Geschichten beschrieben wurde, voller Glut, Feuer und Hitze.
Sehen konnte der Chinese nichts mehr. Rote, blendende Strahlen hüllten ihn in einen gewaltigen Kranz, der ein gefährliches, schwarzmagisches Zentrum besaß.
Suko wurde attackiert.
Er hatte von diesem Abbrennen der Haut gehört. Obwohl ihn keine Flammen umgaben, spürte er eine Hitze, die ihn fast schmelzen ließ. All diese Eindrücke nahm der Inspektor innerhalb von Sekunden auf. Er wußte nur eins, daß er nicht mehr in das Zentrum schauen durfte, deshalb drehte er sich um.
Diese Bewegung kam ihm lahm und zeitlupenhaft vor. Die Arme riß er hoch, schützte sein Gesicht, taumelte vor und stolperte durch das im Raum befindliche Chaos.
Irgendwann prallte er gegen die Wand, drehte sich aber nicht wieder um, denn das Grauen lauerte hinter ihm. Suko hatte den Mund weit aufgerissen und holte Luft.
Heiß drang es in seine Kehle. Hinter sich vernahm er ein Knacken und Brechen. Auch ein ungewöhnliches Zischen hörte er, scharf riechender Dampf nebelte ihn ein.
Seine Knie gaben nach. Er besaß nicht einmal die Kraft, um eine seiner Waffen ziehen zu können. Die ungewöhnliche Hitze saugte ihn förmlich leer.
Und er hörte Schritte.
Dumpfe Tritte, ein Vibrieren und gleichzeitig ein Echo erzeugend.
Die Schritte näherten sich ihm, der jetzt kniete und versuchte, seinen rechten Arm anzuheben, um wenigstens die Dämonenpeitsche ziehen zu können.
Schritte, Zischen, Fauchen, dann die Berührung an seiner Schulter.
Heiße Finger, Flammenklauen, die ihn zerdrücken, verbrennen und gleichzeitig verschmelzen wollten.
Noch einmal riß er sich zusammen. Er konnte den Kopf ein wenig drehen und sah den Ausschnitt von etwas Rotem, Flammendem.
Was es genau war, blieb ihm verborgen, dafür hatte er den Eindruck, allmählich zu verbrennen und zu Asche zu werden.
Die andere Seite war zu stark für Suko. Er hatte sie mit dem Würfel besiegen wollen, das Gegenteil war
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