0457 - Jagd nach dem Templer-Gold
Fall beschäftigt, den man uns übergeben hatte. Ich habe mit Bekannten des Toten gesprochen, die mir unabhängig voneinander berichteten, daß Neumann einem Traum nachgelaufen ist. Man nannte ihn auch einen Spinner. Er war davon überzeugt, daß in der Gegend um Heidelberg Gold zu finden sei.«
»Den Traum haben wohl viele.«
»Ja, das weiß ich auch. Aber die Sache geht weiter, John. Neumann suchte nicht irgendein Gold, sondern ein ganz bestimmtes. Er hat Nachforschungen betrieben, und ich bin sicher, daß er auch Erfolg hatte, sonst wäre er nicht so grausam ums Leben gekommen.«
»Rück schon mit der Sprache raus, Will.«
»Jetzt bist du wenigstens auf meiner Linie, John. Ich will dich nicht länger auf die Folter spannen. Neumann suchte nicht einfach Gold, sondern einen Schatz. Den Schatz oder einen Teil des Schatzes, der einmal den Templern gehörte.«
Bisher hatte ich ziemlich gelassen auf dem harten Besucherstuhl gehockt. Plötzlich aber horchte ich nicht nur auf, ich setzte mich auch kerzengerade hin. »Was du nicht sagst!«
»Es stimmt.«
»Woher weißt du das?«
»Ich habe mit seinen Freunden gesprochen. Fast alles Archäologen, John.«
»Und die haben auch an den Templer-Schatz geglaubt?«
»Nein, das nicht. Gisbert Neumann allerdings war von seiner Meinung nicht abzubringen. Für ihn stand es fest, daß in dem von mir angerissenen Gebiet ein Templer-Schatz liegt.«
»Und deshalb hast du mich gerufen, Will?«
»Ja.« Der Kommissar beugte sich vor. »Bist du deswegen sauer, John?«
»Nein, überhaupt nicht. Oder jetzt nicht mehr.« Ich lächelte verkniffen. »Wenn es sich bei einem Fall um die Templer handelt, bin ich allergisch.«
»Wieso?«
»Ich habe in der letzten Zeit ein einschneidendes Erlebnis gehabt. Es war in Paris gewesen…« Will Mallmann bekam von mir einen Bericht, was mir auf der Isle de Cité widerfahren war, und ich verschwieg auch meine Reise in die Vergangenheit nicht, wozu ein fliegender Teppich gedient hatte. [1]
»Mensch!« flüsterte der Kommissar, »das ist ja der helle Wahnsinn.«
»So ungefähr.«
»Aber was hat das mit dem Schatz zu tun?«
Ich wiegte den Kopf. »Direkt nichts, aber indirekt. Bevor man die Templer vernichtete, aus welchen Gründen auch immer, haben Kirche und Staat kooperativ zusammengearbeitet. Man wollte ja nicht nur diesen Orden auslöschen, der König und der Papst hatten es auch auf die Schätze der Templer abgesehen. Man sprach davon, daß sie Massen von Gold in ihren Klöstern liegen hatten. Nur haben sich König und Papst in den Finger geschnitten. Die Templer waren schlauer. Den Großteil ihres Vermögens hatten sie bereits vorher au ßer Landes geschafft. Man spricht sogar davon, daß ihre Schiffe bis in die Vereinigten Staaten gefahren sind. Aber das ist noch nicht genau erforscht worden. Die meisten Schätze müssen sich, der Meinung bin ich, hier in Europa befinden.«
Mallmann nickte. »Ja, und Gisbert Neumann scheint einen Teil davon entdeckt zu haben.«
»Klar, das Gold.«
»Hatten sie auch noch andere wertvolle Dinge außer Landes gebracht?« wollte Will wissen.
»Bestimmt. Diamanten, Kronen, was weiß ich alles. Gefunden jedenfalls hat man bisher kaum etwas.«
»Kaum ist gut«, sagte Will und lachte leise auf. »Neumann wird das anders gesehen haben.«
»Bestimmt. Fragt sich nur, wo er genau gesucht hat.«
»Das ist unser Problem. Wir wissen es nicht, obwohl wir Kollegen von ihm befragt haben. Neumann hat mit ihnen kaum über seine Arbeit gesprochen. Er wurde zumeist ausgelacht und hat es schließlich aufgegeben. Aber er ging seiner Arbeit nach. Ich hörte von langen nächtlichen Ausflügen in den Odenwald, außerdem war er auch in Frankfurt und hat dort Nachforschungen angestellt.«
»Wie das?«
»Jetzt kommen wir zu einem wichtigen Punkt«, sagte der Kommissar. »Und zwar einem sehr wichtigen. Du weißt, was in Frankfurt los ist. Diese Stadt ist ein Meer von Häusern. Hier ballte sich einiges zusammen, und Frankfurts Unterwelt hat auch in der ganzen Welt einen bestimmten Ruf erlangt. Dort geht es also rund. Wir hatten vor wenigen Tagen zwei Morde im Bahnhofsviertel aufzuklären. Man hat dort zwei Juweliere erschossen. Leute, die man auch als Hehler bezeichnen kann. Sie haben den Schmuck und das Gold, das irgendwo geraubt wurde, eingeschmolzen. Die beiden wurden durch Kopfschüsse getötet. Das ist hier leider nichts Ungewöhnliches. Was uns allerdings mißtrauisch machte, waren die Kugeln. Sie bestanden aus Gold.
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