0459 - Die Herrin der Drachen
noch etwas.
Ein flimmerndes Oval auf der Sitzfläche des Throns.
Zögernd streckte Stygia die Hand aus. Unwillkürlich sah sie sich um, ob außer ihr niemand in der Nähe war, der sie beobachtete. Vielleicht machte sich der Fürst nur einen makabren Scherz mit ihr?
Aber dann griff sie zu.
Im gleichen Moment hörte das Flimmern auf. In Stygias Hand lag ein seltsamer, ovaler Gegenstand. Er öffnete sich wie die beiden Schalenhälften einer Muschel, als sie mit ihren Krallenfingern darüber strich. Die Dämonin zuckte zusammen.
In dem jetzt offenen Oval lag ein kleines Pergament. Eine Nachricht. Stygia erkannte die Schrift, und sie erkannte auch das Sigill, das die Unterschrift ersetzte. Das Sigill von Julian Peters, dem Fürsten.
Sie begann den Text zu lesen - und es fiel ihr schwer, die Nachricht zu begreifen, die er hinterlassen hatte…
***
Zamorra und Nicole fuhren herum. Etwas schwerfälliger als sonst - die total durchnäßte Kleidung war schwer und behinderte durch ihr Gewicht rasche Bewegungen; vor allem das Leder hatte sich erheblich vollgesogen. Unwillkürlich umklammerte Zamorra den Griff des Zauberschwertes mit beiden Händen und reckte die Waffe abwehrbereit hoch. Nicole zog die Pistole und lud durch. In einer fremden Welt mußte man bei überraschend auftretenden Ereignissen zunächst damit rechnen, daß sie gefährlich und feindlich waren. Zudem waren sie in dieser Welt schon einmal angegriffen und gehetzt worden - auch wenn das möglicherweise an die vierhundert oder mehr Jahre zurücklag.
»Was zum Teufel ist das?« stieß Zamorra hervor.
Immerhin hat es den Vorteil, daß es darunter nicht regnet, stellte Fenrir gelassen fest.
Es war eine riesige Scheibe, mit einem Durchmesser von rund zwanzig Metern. Zumindest sah das Objekt von unten so aus. Am äußeren Rand befand sich ein Ring mit einem schnell kreiselnden Lauflicht. Im Zentrum gab es ebenfalls eine diffuse Lichtfläche, aber die befand sich gut eine Handbreit unter dem Metallboden des Objektes. Dieses Leuchten pulsierte in schnellen Abständen, wurde halbwegs hell und verlosch dann fast. Das Objekt senkte sich langsam herab.
»Ein UFO«, behauptete Nicole. »Unbekanntes Flugobjekt!«
Womit sie nicht ganz unrecht hatte -auch wenn’s mit Sicherheit nicht ein Raumschiff der kleinen grünen Männchen vom Mars war.
Etwa einen halben Meter über ihren Köpfen stoppte das lautlose Objekt mit den pulsierenden und kreisenden Lichtern ab. Zamorra und Nicole waren schon auf dem Sprung gewesen, um auszuweichen. Aber Zamorra konnte sich nicht vorstellen, daß sie von dem Objekt zerquetscht werden sollten. Es hatte sie geräuschlos und zielgenau angeflogen; wenn es sie töten wollte, hätte es andere Möglichkeiten gehabt, zumal es sich so langsam senkte, daß sie alle Zeit der Welt hatten, auszuweichen.
Über ihnen bildete sich eine Öffnung.
Fenrir knurrte. Sein Nackenfell sträubte sich. Der Wolf hatte den Kopf so gedreht, daß er nach oben sehen konnte. Sein Körper war zum Sprung geduckt.
Lichtschein fiel aus der Öffnung nach unten. Nicht diffus, sondern als klar abgegrenzte Röhre. Zamorra hatte das Gefühl, daß dieses Licht eine Aufforderung war, hineinzutreten.
Er tat es. Im gleichen Moment fühlte er einen starken Sog. Er verlor den Boden unter den Füßen und schwebte nach oben.
»He, paß auf!« warnte Nicole ihn.
»Sicher«, sagte er.
Er tauchte in das Objekt ein. Er fand sich in einem großen Raum wieder.
Ein Mann in einem dunklen Overall lächelte ihn an.
»Willkommen an Bord, Fremder«, sagte er. Er streckte die Hand aus.
Gwaiyur löste sich aus Zamorras Händen und landete zwischen den Fingern des Overallträgers.
Aber er benutzte die Waffe nicht. Er warf sie achtlos hinter sich.
»Die Zeit der Waffen sollten wir eigentlich überwunden haben, Freund«, sagte er. »Wer ein Gehirn benutzen kann, braucht keine Mordinstrumente. Möchtest du deine Begleiter nicht auffordern, ebenfalls an Bord zu kommen? Hier ist es gemütlich und trocken, und wir können euch schnell dorthin bringen, wohin ihr wollt.«
Zamorra starrte ihn zweifelnd an.
Der Overallträger sprach deutsch. Zamorra hatte also keine großen Probleme, zu verstehen, was er sagte. Der Parapsychologe war schon immer ein Sprachtalent gewesen. Er beherrschte mehr als ein Dutzend Sprachen fast akzentfrei, eine Menge Dialekte, und in den meisten anderen Sprachen konnte er sich zumindest ansatzweise verständlich machen, weil er wenigstens ein paar Brocken kannte
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