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0459 - Die Herrin der Drachen

0459 - Die Herrin der Drachen

Titel: 0459 - Die Herrin der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Kellerfenster und der mit buntem Drachenpapier beklebten Deckenlampe. Sie fuhr auf dem Bett hoch, ging in Abwehrstellung. Eine kleine wilde Katze in mehrfach geflickten Jeans und dem zu großen Baumwollhemd ihres Bruders.
    Aber ihre Kampfbereitschaft war nicht fest, wie Julian erkannte. So selbstsicher Angelique sonst auch sein mochte, jetzt wirkte sie hilflos und verletzlich. Und das lag an Julian.
    Unwillkürlich blieb er stehen. Am liebsten hätte er sie in seine Arme gezogen, hätte ihr weiches Haar gestreichelt und… Er zuckte zusammen. Seine Gedanken überraschten ihn. Und ganz langsam meldete sich eine Stimme in seinem Unterbewußtsein und sagte ihm, was mit ihm los war. Etwas, das ihm bisher überhaupt nicht bewußt geworden war. Niemals hatte er damit gerechnet, es traf ihn wie ein Blitz.
    Er war innerhalb eines Jahres vom Säugling zum Erwachsenen herangereift. Er hatte Wissen in sich aufgesogen wie ein trockener Schwamm das Wasser. Er hatte gelernt, und es gab nichts, was ihm fremd war - in der Theorie.
    Aber die praktische Erfahrung fehlte ihm größtenteils.
    Und ganz besonders hier.
    Schlagartig wurde ihm klar, daß er einem Gefühl unterlag, das er bisher nur als Abstraktum belächelt hatte, ohne zu ahnen, daß es ihn längst in den Klauen hatte. Ein Gefühl, mit dem er nichts anzufangen wußte.
    Und jetzt wußte er auch, daß seine Entscheidung, als er die Hölle verließ, absolut richtig gewesen war.
    »Ich bin nicht mehr Fürst der Finsternis«, sagte er leise. »Ich habe nichts mehr mit der Hölle und den Dämonen zu tun.« Denn er hatte sich in Angelique Cascal verliebt.
    ***
    Hinter Zamorra tauchte jetzt auch Nicole in der fliegenden großen Scheibe auf, und danach erschien Fenrir. Der Wolf hatte allerdings immer noch das Fell gesträubt, und er knurrte leise. Der Mann im dunklen Overall lächelte.
    Noch ehe Nicole, die Zamorra waffenlos dastehen sah und daraus ihre Schlüsse zog, die Pistole auf den Overallträger richten konnte, faßte Zamorra nach ihrer Hand. »Alles in Ordnung«, sagte er. »Du kannst die Waffe wegstecken.«
    Sein Tonfall verriet ihr, daß da noch etwas sein mußte. Für ein paar Sekundenbruchteile löste Zamorra seine Para-Sperre und ließ Nicole in seinen Gedanken lesen; dann aktivierte er die Sperre wieder, die jeder aus der kleinen Crew der Dämonenjäger in sich trug - eine Sicherheitsmaßnahme, weil es im Dämonenreich zu viele Gegner gab, die in der Lage waren, die Gedanken der Menschen wahrzunehmen. Die mittels eines posthypnotischen Blocks im Unterbewußtsein errichtete Sperre, die allerdings willentlich kurzzeitig außer Kraft gesetzt werden konnte, verhinderte das. Oft genug hatten sie bei ihren Abenteuern nur deshalb überlebt, weil der dämonische Feind ihre Gedanken nicht lesen und ihren Maßnahmen deshalb auch nicht zuvorkommen konnte.
    Nicole mit ihrer schwachen telepathischen Begabung erfaßte Zamorras Gedankenbotschaft sofort. Der Typ hat eine hypnotisierende Stimme! Was er sagt, ist automatisch ein Befehl! warnte Zamorra.
    Fenrir mit seiner natürlichen Begabung bekam natürlich auch alles mit. Zamorra hoffte, daß Nicole und der Wolf sich jetzt entsprechend verhalten würden.
    Wichtig war, daß der Unbekannte, der es bislang noch nicht für nötig gehalten hatte, seinen Namen zu nennen, nicht ahnte, es mit Telepathen zu tun zu haben, zu denen auch Zamorra gehörte - wenngleich es bei ihm teils vom Zufall, teils von besonders günstigen Umständen abhing, die Gedanken anderer Menschen zumindest ansatzweise zu erfassen. Aber durch diese Para-Begabung waren sie alle drei nicht zu hypnotisieren.
    Doch vielleicht war es besser, so zu tun, als ob.
    Nicole sicherte die Pistole wieder und steckte sie ein. Sekundenlang hatte Zamorra befürchtet, der Fremde würde ihr die Waffe abnehmen, aber er tat es nicht. Somit mochte Gwaiyur sich von selbst auf seine Seite geschlagen haben, war es also vielleicht keine Zauberei oder Telekinese, mit welcher der Overallträger Zamorra die Klinge abgenommen hatte. Wenn das aber der Fall war, hieß es, daß er der Dunklen Seite der Macht angehörte, denn eben noch hatte Zamorra das Schwert selbst führen können.
    Wie auch immer - es war ratsam, sehr mißtrauisch zu bleiben.
    Fenrir schüttelte wieder Wasser ab. Sein Fell blieb gesträubt. Aufmerksam betrachtete Zamorra den Overallträger. Der schien die Anwesenheit des Wolfes als ganz normal anzusehen. Damals, in der Vergangenheit, hatten sie Fenrir gejagt und fast erschlagen,

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