046 - Drakula lebt
ein vorsichtiger Mann zu sein. Daß er überhaupt noch hier war, bestärkte mich in meiner Hoffnung, daß ihm allerlei nicht ganz sauber vorkam. Und das konnten keine Lappalien sein, wenn er Tag und Nacht hier Posten bezog.
Es sah so aus, als wäre ich wieder bei meinem ursprünglichen Plan angelangt: Hartwig zu überzeugen! Mir blieb nun gar keine andere Wahl.
Wenn es mir nicht gelang, war Freddie Morton die einzige Chance. Nicht nur meine – vielleicht auch die der ganzen Stadt!
Hartwig, ein kleiner, drahtiger Typ mit einem äußerst wachen Ausdruck im Gesicht, empfing mich interessiert.
„Auf Ihre Story bin ich gespannt, Fuchs“, das waren seine Begrüßungsworte.
Ich entdeckte einen freien Stuhl und setzte mich. Ich war einfach zu erledigt, um noch länger herumzustehen. Ein Schwindelgefühl war immer gegenwärtig und eine Spur von Taubheit in den Gliedern – fast als spürte ich dieses künstliche Blut als einen Fremdkörper in mir.
„Wir müssen es kurz machen, Inspektor“, sagte ich mühsam. „Er hat Barbara da drinnen … Barbara Rothenberg …“
„Da kann ich Sie beruhigen“, meinte Hartwig schmunzelnd. „Wir haben das Mädchen in sicherem Gewahrsam.“
Es dauerte ein paar Sekunden, bevor ich überhaupt mitbekam, was er da sagte. Dann war ich hellwach. Barbara war nicht bei Lukard!
„Wie sicher?“ entfuhr es mir.
„Hören Sie, Fuchs“, begann Hartwig verärgert, „Dr. Fellner schien ja für Ihre Alpträume einiges übrig …“
„Nein, hören Sie mir jetzt zu, Inspektor“, unterbrach ich ihn. „Erik … Dr. Fellner besuchte mich gestern am Abend in der Klinik. Da war er noch am Leben …!“ Ich ließ das einwirken. Er sah mich nur wortlos an.
„Ich hörte“, fuhr ich fort, „wie sie über ihn herfielen. Ich weiß es genau, denn ich konnte ihn schreien hören. Und ich konnte nichts tun, weil sie mich eingeschlossen hatten. Ich weiß nicht, was sie mit ihm taten, aber er wußte zuviel. Er wird dieses Haus nicht mehr lebend verlassen. Danach kamen sie zu mir – und sie tranken mein Blut, Inspektor! Hier …!“ Ich riß meinen Hemdkragen auf und zeigte ihm meinen Hals.
Er sagte noch immer nichts. Aber sein Blick haftete fasziniert an den Bißmalen.
„Und wenn Sie mich untersuchen lassen“, fügte ich hinzu, „werden Sie herausfinden, daß ich mit diesem synthetischen Blut aufgefüllt bin, und zwar bis zum Rand.“
Er verlor seine Gleichgültigkeit und zeigte mit dem Finger auf mich – anklagend.
„Sie sind sich darüber offenbar nicht im klaren, daß es dafür auch weniger phantastische Erklärungen gibt.“ Er winkte ab, als ich ihn unterbrechen wollte. „Es ist nicht so, daß ich Ihnen nicht glaube, Herr Fuchs. Hier ist etwas faul. Wenn ich dieses Gefühl nicht hätte, würde ich meine Zeit nicht vergeuden. Ich habe drei Ansatzpunkte: Fellners Verschwinden, das unerklärliche Verhalten zweier meiner Männer, und Sie. Aber mit Ihrer Geschichte kann ich nicht viel anfangen. Ich brauche etwas, irgendeinen Beweis, der mir das Recht gibt, den Laden dieses Dr. Lukard gründlich auf den Kopf zu stellen.“
„Sie waren schon drinnen?“ fragte ich.
„Natürlich. Hat Ihnen das Fellner nicht berichtet?“ Er beobachtete mich mißtrauisch.
„Daß jemand drinnen war, ja“, erwiderte ich.
„Dann wissen Sie auch, daß wir nichts Verdächtiges gefunden haben?“
Ich nickte zustimmend.
Ohne Aufforderung fuhr er fort. Es schien ihm ein Bedürfnis zu sein, sich den Ärger von der Seele zu reden. „Wir redeten mit den Patienten. Sie waren wie ganz normale Patienten. Wir sprachen mit dem Personal. Es war ein verdammt normales Personal. Wir redeten mit Dr. Lukard …“
„Das war nachts, nicht wahr?“ unterbrach ich ihn.
Er hielt inne. Mit einem schiefen Lächeln meinte er: „Ich habe mich auch über Vampire informiert, Dr. Fellner meinte, es könnte nicht schaden. Ich bin nicht so sicher. Man sieht plötzlich alles durch eine Brille, nicht wahr?“
Ich zuckte mit den Schultern. „War es nun Nacht?“
„Ja, es war Nacht“, gab er zu. „Wir waren auch im Keller, in den Lagerräumen der Blut-GmbH. Es hatte alles seine Ordnung. Alles legal.“
„Diese Sammlung von Fledermäusen“, fiel ich ihm ins Wort, „hat er Ihnen die auch gezeigt?“
„Fledermäuse?“ fragte er verblüfft. „Nein.“
„Es ist ein ganzer Raum voll“, erklärte ich, „Hunderte. Alle aufgespießt auf hölzernen, kleinen Pfählen. Eichenholz“, fügte ich hinzu. „Wie diese
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