046 - Drakula lebt
anfangen?“
„Fräulein Rothenberg berichtete mir bereits, daß sie es gewesen war, die Sie mit der Überwachung ihrer Schwester betraute. Was fanden Sie dabei heraus?“
„Nichts“, erklärte ich unbehaglich und kam mir vor wie bei einem Verhör. Das war es wahrscheinlich auch. „Außer …“ ich zögerte, „außer diesen Anfällen von geistiger Abwesenheit, die regelmäßig am Abend eintraten.“
„Wir haben sie inzwischen bei allen festgestellt, die einige Wochen zuvor mehrere Tage lang verschwunden gewesen waren.“
„Drei Tage lang“, präzisierte ich.
„Drei Tage“, wiederholte er zustimmend. „Sie wußten sofort, daß es sich um Hypnose handelte?“
„Ich wußte gar nichts. Ich dachte nur, das könnte es sein. Deshalb zog ich Erik ins Vertrauen … ich meine Dr. Fellner. Er dachte, es könnte sich um eine posthypnotische Trance handeln.“
„Wozu?“
Ich zögerte. „Sie wollten nur die Fakten hören, nicht meine Spekulationen, also weise ich nur darauf hin, daß das Mädchen während der Trance den Anruf bekam, von dem Sie ja wissen. Sie haben ihn auf Band. Dieses Schlüsselwort …“
Er nickte. „Ich weiß, es löst posthypnotische Befehle aus, wie Fellner sagt. Aber von allen Personen, die wir beobachteten, bekam nur sie den Anruf.“
„Natürlich, sonst wäre sie unter den Patienten gewesen, die heute früh die Klinik verlassen haben.“
„Das ist Spekulation“, wehrte er ab.
„Vielleicht“, gestand ich zu. „Jedenfalls wäre Sonja Rothenberg unter diesen Patienten gewesen, hätte nicht Kowalcz den Einfall gehabt, sie zu entführen und auszuquetschen.“
„Kowalcz“, murmelte er. „Wie kommen Sie an Kowalcz?“
„Man hat seine Verbindungen“, erklärte ich ausweichend. Es tat nichts zur Sache, daß Freddie mich mit dem Ganoven bekannt gemacht hatte. „Jedenfalls kam ich durch ihn an Alby, der auch hier in der Klinik gewesen war, und von dem sie sagten, daß er sich erinnerte. Alby muß ebenfalls den Anruf erhalten haben. Ich kam gerade zur rechten Zeit. Durch ihn fand ich Lukards Klinik.“
„Ja, wir haben ihn gesehen und mit ihm gesprochen.“
„Gesprochen?“ fragte ich verwundert.
„Ja“, meinte er, „wir sprachen mit allen. Sie sagten im Grunde alle dasselbe. Nichts Belastendes.“
„Lukard scheint seine Methoden verbessert zu haben. Oder er hat seine Opfer fester in der Gewalt, als beim erstenmal. Aber daß Sie mit Alby gesprochen haben, ist höchst interessant. Können Sie sich noch genau an die Unterhaltung erinnern?“
„Ungefähr. Wir fragten alle dasselbe: wohin sie gingen. Und er antwortete: nach Hause. Dann fragten wir ihn, woher er käme. Aus der Klinik von Dr. Lukard, erklärte er, und daß er dort in Behandlung gewesen sei, weil mit seinem Blut etwas nicht stimmte …“
Er brach ab, als ich den Kopf schüttelte. „Die Hypnose scheint Wunder zu wirken“, stellte ich fest. „Alby hatte einen Kopfschuß abbekommen vor einiger Zeit und ist seither geistig weggetreten. Er kann nicht einmal allein essen. Er hat keinen Kontakt zur Umwelt mehr. Er vegetiert nur noch.
„Sagten Sie nicht, er könne sich erinnern?“ warf er ein.
„Ja, das konnte er in gewisser Weise“, antwortete ich nachdenklich. „Wir zeigten ihm ein Bild von Sonja Rothenberg. Sie muß mit ihm beim erstenmal zusammen hier gewesen sein. Er begann zu reden, und zwar ziemlich aufgewühlt. Aber nicht sehr zusammenhängend. Es waren lauter Bruchstücke, so als erinnerte er sich immer nur an einzelne Augenblicke. Blut spielte dabei eine wesentliche Rolle. Er hatte Angst, das war deutlich zu erkennen. Er sagte wörtlich: ‚Wir werden wie Vieh sein. Zuchtvieh für diese Ungeheuer.’ Und er erinnerte sich an die verkehrten Kreuze.“
„Auf den weißen Mänteln des Klinikpersonals?“
Ich nickte zustimmend.
„Und natürlich dachten Sie sofort an Teufelsanbetung und Schwarze Messe und ähnlichen Spuk?“
„Sie nicht?“
Das brachte ihn ein wenig aus seiner Ruhe. Er rief einen Polizeibeamten zu sich und gab Anweisung, die Sache mit Alby zu überprüfen. Ich warf Barbara einen beruhigenden Blick zu. Sie war ziemlich blaß. Ihr schien zu dämmern, daß es um mehr ging als um einen verbrecherischen Doktor.
Hartwig sah mich auffordernd an, als sein Untergebener gegangen war. „Sie folgten Alby in die Klinik. Was geschah dann?“
„Ich … brach sozusagen ein“, meinte ich grinsend. „Ich versuchte ebenso debil und abgeschaltet auszusehen wie Alby. Eine Schwester
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