046 - Drakula lebt
hier.“
Ich nahm mein Beutestück aus der Tasche. Er nahm es und betrachtete es eingehend. Dieselbe Faszination war wieder in seinen Zügen, die mir schon einmal aufgefallen war.
Nach einer Weile stellte er fest: „Das ist Diebstahl, Herr Fuchs.“
„Das ist vor allen Dingen ein Beweisstück“, entgegnete ich. „Nicht der Beißer, der in der Stadt sein Unwesen treibt und nachts Mädchen überfällt, war es, der mich so zurichtete, sondern ein paar von diesen.“
Als er keine Antwort gab, fuhr ich fort: „Man kann sie vom Pfahl ziehen. Nein, tun Sie es nicht!“ Ich fiel ihm in den Arm. „Ich weiß nicht, wie es am Tag ist. Aber nachts werden sie lebendig. Sie wachsen und nehmen menschliche Gestalt an.“
„Sie nehmen …“, begann er ungläubig.
„Ich sah es mit eigenen Augen, Inspektor“, beschwor ich ihn.
Als er schwieg, sagte ich eindringlich: „Wenn es mir nicht gelingt, Sie zu überzeugen, wenn Lukard und seine Ungeheuer bei Anbruch der Nacht noch frei sind … dann werde ich morgen tot sein!“
Er sah mich an. Schließlich nickte er. „Also gut, ich höre mir Ihre Version an. Und wir werden dieses Beweisstück einigen Tests unterziehen. Aber erst beantworten Sie mir ein paar Fragen. Das ist der Wagen von Walter Rothenberg, mit dem Sie angebraust kamen. Wo ist das Mädchen, Sonja?“
„Sie litt unter den gleichen Symptomen wie Ihre beiden Männer, Inspektor“, berichtete ich. „Sie stand unter hypnotischer Kontrolle Lukards. Ich habe sie im städtischen Krankenhaus abgesetzt. Dr. Barth von der neurologischen Abteilung weiß Bescheid, wenn Sie es nachprüfen wollen.“
Er nickte. „Das werden wir.“ Tatsächlich nickte er einem seiner Männer zu, der daraufhin den Raum verließ.
„Wo haben Sie sie aufgefischt?“
„Ich wartete auf Barbara … ihre Schwester“, erklärte ich. „Statt dessen kam sie und erklärte mir, ich müßte in Lukards Klinik, wenn ich je Barbara wiedersehen wollte.“
„Daraus schlössen Sie, daß das Mädchen unter Dr. Lukards Einfluß stand?“
„Nein“, wehrte ich ab, „aber sie machte einen merkwürdig abwesenden Eindruck, und sie benahm sich völlig anders, als sonst. Sie erinnerte mich sofort an die beiden Polizisten, die uns aufhalten wollten.“
„Uns? Wer ist uns?“
„Freddie Morton und ich.“
„Morton“, brummte er. „So, so, mit ihm haben Sie also das Ding gedreht.“ Er ließ mich nicht zu Wort kommen, als ich wütend erwidern wollte. „Das ist noch immer recht wenig, Herr Fuchs. Die Schwester Ihrer Freundin benimmt sich nicht so, wie sie es immer tut. Das reicht nicht einmal, um Lukard zu belästigen, geschweige denn ihm einen Strick zu drehen!“
„Das ist noch nicht alles“, erwiderte ich verärgert. „Aber Sie müssen die Kleinigkeiten sehen. Große Fehler macht Lukard nicht. Ich will Ihnen nur die Augen öffnen!“
„Ich habe sie offen“, knurrte er.
„Nicht weit genug“, sagte ich heftig.
Einen Augenblick schien es, als platzte ihm der Kragen, aber dann nickte er nur. „Was noch?“
„Warum sprechen Sie nicht mit diesem Dr. Barth“, drängte ich. „Wenn er die Hypnose bestätigt, haben wir wenigstens ein sicheres Faktum in der Hand.“
„Daß es sich um Hypnose handelt, haben wir an unseren Männern bereits festgestellt“, meinte er ungeduldig. „Ich zweifle nicht daran, daß auch das Mädchen betroffen war. Sagen Sie mir eines: Sie behaupten, Lukard sei auf Sie scharf, weil Sie zuviel wüßten. Was wissen Sie wirklich?“
Ich wollte antworten und hielt inne.
„Ich meine“, sagte er langsam und betont, „mich interessiert nicht, welche Folgerungen oder Schlüsse Sie ziehen, oder was Sie glauben. Wissen Sie etwas wirklich, oder ist es nicht vielmehr so, daß Sie für Lukards Geschmack zuviel Phantasie haben … was bedeuten könnte, daß er Sie nur fürchtet, weil Sie früher oder später auf das Richtige stoßen könnten mit Ihrer Schnüffelei.“
„Selbst das würde bedeuten, daß etwas nicht mit ihm stimmt, nicht wahr?“ warf ich ein.
Er nickte ruhig. „Allerdings … aber nicht das, was Sie sich vorstellen.“
„Was glauben Sie?“ fragte ich ihn.
„Das steht nicht zur Debatte. Ich habe mir in meiner zwölfjährigen Laufbahn angewöhnt, die eigene Meinung zu ignorieren und bin immer gut damit gefahren. Sie ist nichts wert, denn man gibt ihr den Vorzug und sträubt sich gegen andere Ideen … meist bessere Ideen …“
Ich unterbrach ihn. „Aber jetzt sind Sie unsicher.“ Es war eine
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