046 - Viva Las Vegas!
sondern auch von den Selbstvorwürfen, die wie tatsächliches Gewicht auf ihm lasteten, schlurfte Hedge die Straße entlang und dem Flachbau zu, in dem ihm ein Zimmer zugewiesen worden war.
Benson wohnte anderswo - oder hatte anderswo gewohnt. In einer noch schäbigeren Bude, noch etwas weiter vom Zentrum entfernt.
Hedge hatte sich an den beiden Tagen nach seiner letzten Begegnung mit Benson dort umgesehen. Nichts hatte darauf hingewiesen, dass der Freund dort noch einmal aufgetaucht war. Seine spärliche Habe war unberührt gewesen.
Vielleicht, dachte Hedge, ist er ja mittlerweile wieder dort - oder zumindest dort gewesen… Es hätte ihm schon genügt zu wissen, dass Benson noch lebte.
Er seufzte, verweigerte sich dem Lockruf des eigenen Bettes und schlug eine andere Richtung ein.
Und dann war ihm auf einmal, als schliche ihm etwas nach.
Etwas wie… ein ungutes Gefühl.
Hedge wusste, dass das schwammig klang, absurd eigentlich, aber anders konnte er es sich nicht beschreiben. Denn so oft er sich auch umschaute, er sah niemanden, der ihm gefolgt wäre; jedenfalls nicht in verdächtiger oder gar auffälliger Weise.
Allerdings war er auch nicht der Einzige, der hier unterwegs war, und zwischen all den Menschen konnte man sich mühelos verbergen.
Hedge musste an den sonderbaren Fremden denken, den Benson erwähnt und der ihm den Job angeboten hatte. Vielleicht hatte es dieser Kerl jetzt auf ihn abgesehen, nachdem Benson den Auftrag nicht hatte ausführen können?
Hedge grunzte. Das wäre ihm gerade Recht gekommen! Nicht dass er so ein selbstmörderisches Angebot angenommen hätte, aber vielleicht hätte ihm dieser Kerl sagen können, was aus Benson geworden war.
Vor dem windschiefen Bau, in dem Bensons Unterkunft lag, ragte ein Gebilde wie die riesige Skulptur eines untalentierten Künstlers auf. Aus dem Rahmen, der obenauf saß, hingen Kabel und Drähte, ein paar Scherben steckten darin, auf denen wiederum einzelne Buchstaben waren, die keinen Sinn ergaben - was nicht daran lag, dass es mit Hedges Lesekünsten nicht weit her war, sondern daran, dass die meisten fehlten.
Das Gebäude selbst stank wie die Pest, gerade so, als würde ringsum und in den Zimmern die Notdurft einfach auf den Boden verrichtet. Eine Annahme, mit der Hedge wahrscheinlich nicht einmal so weit daneben lag…
Benson hatte das allerdings nicht getan, so tief war er noch nicht gesunken gewesen. Trotzdem roch es auch in seiner Bude nicht besser.
Hedge blieb in der offenen Tür stehen, die in der Außenwand des Gebäudes lag, und schaute ins Zimmer hinein. Obwohl es hinter der Schwelle düster war, konnte er doch sehen, dass sich etwas verändert hatte. Die Unordnung war… nun, noch unordentlicher geworden. Jemand schien die Bude geradezu auf den Kopf gestellt zu haben!
Aber wer? Und warum?
Jedem, der halbwegs bei Verstand war, musste doch klar sein, dass in so einer Absteige und bei einem Menschen wie Benson nichts zu holen war und-Weiter kam Hedge nicht mit seinen Überlegungen.
Zzzz-tokkk!
Etwas schlug in den Türrahmen, so dicht neben seinem Kopf, dass er den Luftzug spürte und ihm das Geräusch des Einschlags im Ohr dröhnte.
Er wandte reflexhaft den Blick.
Ein etwa handlanger Pfeil steckte vibrierend im Holz.
Der Anblick wollte etwas in Hedge auslösen, eine Assoziation, aber so weit kam er nicht.
Weil hinter ihm ein Schatten auftauchte, und im selben Moment stieß ihn jemand in den Rücken, so heftig, dass er vornüber stürzte und in Bensons Zimmer hinein taumelte. Mühsam hielt er sich auf den Füßen und fand irgendwo Halt.
Hinter ihm drängten mehrere Personen ins Zimmer. Eine schloss die Tür. Eine andere packte Hedge, wirbelte ihn herum und drosch ihn mit solcher Wucht gegen die Wand, dass das ganze Gebäude zu erbeben schien.
Die Luft wurde Hedge aus den Lungen gepresst. Wie ein Ertrinkender rang er um Atem und mühte sich, die dunklen Flecken fortzublinzeln, die wie schwarze Schneeflocken vor seinen Augen tanzten.
Noch ehe ihm das gelang, raste etwas noch Dunkleres auf ihn zu, füllte sein gesamtes Gesichtsfeld aus, und dann spürte er, wie seine Nase unter diesem Fausthieb brach und Blut herausschoss.
Die tanzenden Flocken verdichteten sich zum Blizzard.
Wäre Hedge nicht festgehalten worden, hätten ihm jetzt die Beine ihren Dienst versagt und er wäre an der Wand hinunter zu Boden gerutscht. Und im Grunde wünschte er sich im Moment nichts sehnlicher als eben das.
Aber das war nicht der Moment, in dem
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