046 - Xendarro, der Vampir
wollte ich wissen.
»Drei Jahre.«
»Wovon lebt sie?« erkundigte ich mich.
»Sie schreibt vor allem Bücher über die Astrologie, und sie erstellt Horoskope, wofür sie zwar nichts verlangt – aber Spenden werden dankend angenommen.«
War die Astrologin eine abtrünnige Hexe? Diese Frage mußten wir schnellstens klären, denn wenn sie dem Bösen abgeschworen und sich dem Guten zugewandt hatte, stand sie auf Magos Totenliste, und wir konnten nur hoffen, daß seine Schergen sie noch nicht im Sinne der Hölle bestraft hatten.
***
Juan Guevara öffnete das Villentor und eilte zur geschlossenen Grundstückseinfahrt. So willkommen wie heute war ihm sein Arbeitgeber noch nie gewesen.
Er zog die Lippen schnell nach unten, damit sie die verräterischen Eckzähne verdeckten.
Paco Santana und dessen Freundin durften nicht Verdacht schöpfen!
Grell strahlten die Scheinwerfer den untoten Verwalter an, doch den Wageninsassen fiel nicht auf, daß der Mann keinen Schatten warf. Sie waren zu sehr miteinander beschäftigt.
»Guten Abend, Juan!« rief Paco Santana, der sich im Sportwagen hochgestemmt hatte und über die Windschutzscheibe blickte. Er sah unverschämt gut aus, war der Schwarm aller Mädchen von siebzehn bis siebzig, und verfügte über eine Ausstrahlung, die via Bildschirm in ganz Spanien ankam.
Das Fernsehen machte ihn innerhalb weniger Jahre berühmt, beliebt und reich. Er suchte sich stets Rollen aus, die seinem Wesen entsprachen und beschäftigte einen Autor, der ihm alle Stücke auf den Leib schrieb.
Jedes Drehbuch mußte diesem Schriftsteller vorgelegt werden, und er änderte die Rollen dann so, daß Paco Santana sich praktisch immer wieder selbst spielen konnte, egal, in wessen Haut er schlüpfte. Selbst aus Napoleon wurde ein Paco Santana, wenn er ihn darstellte, und sein zahlreiches Publikum goutierte es.
»Guten Abend, Señor Santana«, erwiderte der Untote.
»Wollen Sie uns nicht endlich einlassen?«
»Sofort, Señor Santana.«
Der Vampir schloß das Gittertor auf und öffnete die beiden Gittertore. Paco Santana rutschte an der Lehne nach unten und gab Gas, sobald das Tor weit genug offen war.
Der Sportwagen schoß an Juan Guevara vorbei und auf die maurische Villa zu. Der Vampir grinste. »Jetzt sitzt ihr in der Falle, ohne es zu wissen.«
Schnell schloß er das Tor und kehrte zur Villa zurück. Santana stieg aus dem teuren Sportwagen, das Mädchen stellte sich auf den Beifahrersitz, legte die Arme um den Nacken des großen schlanken Fernsehstars, und er hob sie aus dem Fahrzeug, wofür sie sich mit einem Kuß bedankte.
»He, Juan, kommen Sie her!« rief Santana. »Sehen Sie sich dieses Mädchen an. Ist es nicht wunderschön?«
»O ja, Señor Santana, das ist sie«, bestätigte der Blutsauger, und er brauchte nicht zu lügen, denn das blonde Mädchen war tatsächlich eine der Schönsten, die Santana jemals hierhergebracht hatte.
Welch ein Glücksfall.
Guevara konnte sich an den üppigen Kurven der Schönheit nicht satt sehen. Vor allem ihr langer, hübscher Hals versetzte ihn in helle Verzückung.
Er erfuhr, daß sie in Santanas nächstem Film eine kleine Rolle hatte, und der große Star habe sie heute mit in die Villa genommen, damit sie sich ungestört überlegen konnten, wie die Rolle zu vergrößern war, denn damit könnte der Blondine der Durchbruch gelingen.
»Paco will mir helfen«, sagte das Mädchen zu Guevara. »Ich finde es großartig, daß er so selbstlos ist.«
»Wir brauchten alle mal eine kleine Starthilfe«, sagte Paco Santana grinsend, legte seinen Arm um ihre schmale Taille und führte sie in sein »bescheidenes Heim«, wie er untertrieben behauptete.
Drinnen kam sie aus dem Staunen nicht mehr heraus, und was ihr Santana nach und nach zeigte, machte sie für eine Weile sprachlos.
Zum erstenmal begriff sie, wieviel Geld sich in ihrem Beruf verdienen ließ, wenn man mit den richtigen Leuten befreundet war, und Paco Santana war einer der richtigsten und wichtigsten.
Sie würde alles tun; jeden Wunsch durfte er äußern, er würde nicht unerfüllt bleiben. Sie nahm sich vor, ihn in dieser Nacht so glücklich zu machen, wie er es noch nie gewesen war, und sie würde es nicht ohne Hintergedanken tun.
Ihr war bekannt, daß Paco Santana die Frauen so häufig wechselte wie seine Oberhemden, doch wenn sie besser war als alle, die vor ihr hier mit ihm zusammen gewesen waren, würde er sie vielleicht behalten.
Dann bestand natürlich die Möglichkeit, daß er sie
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