Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0460 - Der grausame Wald

0460 - Der grausame Wald

Titel: 0460 - Der grausame Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Seymour rührte sich nicht. Von Sekunde zu Sekunde fiel es ihm jedoch schwerer, den Schlafenden zu spielen.
    Er wußte genau, daß die Lage dicht vor einer Eskalation stand. Die Finger der rechten Hand umklammerten den Griff des Messers. Zwischen Griff und Haut hatte sich ein Schweißfilm gelegt, so daß das Messer in seiner Hand rutschen würde.
    Edna öffnete die Tür noch weiter. Sie wollte ebenfalls zuschauen, was ihr Sohn mit seinem Vater anstellte. Auf leisen Sohlen betrat sie den Raum.
    Ihr Schatten zeichnete sich wie ein böses Omen auf dem alten Teppich ab und bewegte sich in ihrem Geh-Rhythmus weiter. Sie kam nicht vor bis ans Bett, blieb in der Mitte zwischen Tür und der Liegestatt stehen und nickte Ronny zu.
    »Pack ihn dir!« flüsterte sie scharf. »Pack ihn dir. Du weißt ja, was du zu tun hast…«
    Gordon hatte die Worte genau gehört. Jetzt, wo es soweit war, überkam ihn die Furcht, die große Angst vor dem endgültigen Aus und der ewigen Finsternis.
    Ronny gehorchte…
    Er schlich näher. Eine ziemlich kurze Distanz nur hatte er zu überwinden, um die Bettkante zu erreichen. Für einen Moment blieb er noch stehen. Das kleine Monstrum befand sich jetzt in Höhe der Hüfte des liegenden Vaters.
    Es hob die Arme.
    Wieder fielen zwei krumme Schatten über die Decke, die wanderten und von den Blicken des Mannes genau verfolgt wurden. Er hatte sich nicht getraut, die Augen weit zu öffnen, sonst wäre es aufgefallen, daß er nicht schlief.
    Jetzt sah er die langen Arme. Dünn, an vertrocknete Äste erinnernd, so kamen sie ihm vor. Er sah Hände wie Greifklauen, roch seinen Sohn auch und hatte den Eindruck, den Geruch von altem Laub, vermischt mit einem ätzenden Säuregestank, einzuatmen.
    Ronny war aufs Bett gekrochen. Wie ein zusammengekrümmter, aber knochiger Gnom hockte er auf der Kante.
    Vielleicht sah er schon das Messer und machte sich seine Gedanken.
    Gordon handelte.
    Er stieß nicht mit der Klinge zu, zog die Beine an und rammte sie blitzschnell wieder vor.
    Mit den Füßen traf er nicht, die Knie reichten auch. Sie hämmerten gegen die magere Brust des Wesens und schleuderten es zurück. Aus dem Maul drang ein überraschter Laut, als Ronny von der Bettkante zu Boden kippte, sich dort noch überrollte und gegen seine Mutter stieß, die ebenfalls überrascht worden war.
    Gordon Seymour aber bewegte sich blitzschnell. Er warf sich nach rechts. Mit der linken Hand hieb er auf den Schalter der kleinen Lampe. Das Licht zuckte auf, verlosch aber sofort wieder, und der Mann griff noch einmal nach.
    Endlich brannte die Lampe.
    Mit einem Satz war Seymour aus dem Bett. Aus seiner Kehle drang ein wilder Schrei, und er war bereit, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen…
    ***
    Noch krümmte sich Ronny am Boden. Dicht dahinter stand Edna, den Blick auf das Monster gerichtet, die Hände zusammengeschlagen. Sie trug ein dunkelrotes Kleid aus billigem Kratzstoff, schüttelte den Kopf und flüsterte plötzlich: »Mein Liebling, mein armer Liebling. Was haben sie mit dir gemacht?«
    Schrill klang Gordons Lachen. Er stand neben dem Bett. Mit einem Fuß in der Bierlache. »Liebling?« schrie er. »Liebling sagst du zu diesem verdammten Monster? Ich werde dir zeigen, was dein Liebling ist. Ein Killer, ein Mörder.« Er streckte die Hand mit dem Messer aus. »Und du, Edna, bist nicht besser!«
    Ednas Blick saugte sich an der matt glänzenden Klinge fest. »Was hast du damit vor?« fragte sie schrill. »Was willst du, Gordon?«
    »Ihn töten!«
    »Deinen Sohn.« Sie bückte sich und legte schützend ihre Arme um das kleine Monstrum.
    »Er ist nicht mehr mein Sohn. Das ist nicht mein Ronny, wie ich ihn einmal gekannt habe. Das ist eine Ausgeburt der Hölle geworden, verstehst du? Eine Ausgeburt der Hölle!« Bei seinen Worten fuchtelte er mit der Klinge herum, und Edna trat unwillkürlich einen kleinen Schritt zurück. Aber ihr Mann war noch nicht fertig mit seiner akustischen Abrechnung. »Ihr hattet mich töten wollen. Ja, das weiß ich genau, du brauchst gar nicht zu widersprechen. Ihr hattet mich also töten wollen. Ihr beide zusammen. Du steckst mit ihm unter einer Decke, du verfluchtes Weibsstück. Hast dieses Monster in mein Zimmer geschickt. Ich habe nicht geschlafen und deine Worte genau gehört, Er hätte mich wahrscheinlich erwürgen sollen. Jetzt aber drehe ich den Spieß um. Ich kille ihn. Ich will nicht mit einem Monstrum unter einem Dach leben. Hast du verstanden?«
    »Ja, ja… aber so war es

Weitere Kostenlose Bücher