0462 - Der Witwenmacher von New York
anwesend war.
Er fand Elena Arkwright in einem Liegestuhl hinter dem Haus. Ihr Gesicht war bleich und wächsern, das schwarze Kostüm hob den Eindruck noch stärker hervor.
Sie hatte die Augen geschlossen und bemerkte Phil erst, als er leise »Hallo« sagte.
Verwirrt blickte sie ihn an. Etwas Angst, Verwunderung und Neugierde lagen in ihrem Blick.
»Mein Name ist Phil Decker, Special-Agent des FBI New York City.«
Mit ihrer schlanken, sonnengebräunten Hand wies die Frau Phil einen Liegestuhl zu.
»Setzen Sie sich. Wahrscheinlich wollen Sie die ganze Geschichte noch einmal hören…«
»Ich weiß, daß es schmerzlich für Sie ist, Mrs. Arkwright, aber wir bemühen uns, Licht in den Fall zu bekommen. Deswegen müssen wir alles genau überprüfen. Nicht den kleinsten Hinweis auf den Täter dürfen wir außer acht lassen.«
Die Frau schüttelte den Kopf. Die Sonnenstrahlen fielen auf ihr rötliches Haar und glitzerten in den Spektralfarben.
»Nein«, sagte sie leise. »Es schmerzt nicht mehr. Die Erinnerung ist zwar noch wach, aber sonst nichts. Ich bin allzusehr ausgequetscht worden. In der letzten Nacht bin ich immer wieder mit Fragen bestürmt worden. Einmal ist der Punkt erreicht, an dem einem alles gleichgültig wird.«
Phil nickte betrübt.
»Verstehen Sie, Mr. Decker, ich kann einfach nicht mehr weinen. Ich habe meinen Mann geliebt. Diese bohrenden Nachforschungen zerstören selbst den größten Schmerz, sie bereiten eine bittere Leere, wirken wie ein Narkotikum.« Phil schwieg einen Moment. Dann fragte er:
»Haben Sie eine Ahnung, welche Dokumente Ihr Mann meinem Kollegen übergeben wollte?«
»Nein, um seine beruflichen Dinge habe ich mich nie gekümmert. Ich war seine Frau. Hatte zu repräsentieren, Gesellschaften zu veranstalten und Verlandungen zu ermöglichen. Ich war gewissermaßen ein Aushängeschild.«
Ihre Worte klangen etwas zynisch, fast sarkastisch. Phil glaubte sogar, eilen leisen Spott herauszuhören. Er wollte sich gerade im Sessel Vorbeugen, als die Lehne seines Liegestuhles mit einem Male von einer unsichtbaren Hand weggefetzt wurde. Gleich darauf 'hörte Phil das heisere Surren eines Querschlägers im Gebüsch.
Mit einem Satz sprang er hoch, warf sich auf Elena Arkwright, riß sie zu Boden und rollte sich hinter einen Baum in Deckung. Er preßte den Frauenkörper an den Stamm und riß die Smith and Wesson aus der Halfter.
Elena Arkwright war vor Angst wie gelähmt. Automatisch fügte sie sich Phils Anweisungen. In dem Augenblick bohrte sich eine Kugel klatschend in den Baumstamm, knapp ein Yard über ihnen. Nirgends war ein Schuß zu hören.
»Der Kerl schießt mit Schalldämpfer«, knurrte Phil grimmig. Er mußte von diesem Baum weg. Der Frau gab er genug Schutz, aber er mußte aus der Feuerlinie heraus.
Phil zog seine Beine an. Sein Körper straffte sich zum Sprung, und seine Augen maßen den Abstand zum nächsten schützenden Baum.
Dann segelte er durch die Luft wie ein Schrapnell. Kugeln schlugen neben ihm in den Boden und ließen kleine Krdfontänen aufspritzen. Phil landete .iuf dem weichen Moos an der Baumwurzel.
Er riß die Waffe hoch und sah sich suchend um. Plötzlich hatte er den Gegner entdeckt. Knappe zwanzig Yard von ihm entfernt hockte er mit einem Gewehr hinter einem Baumstumpf.
Phil sah das Gesicht des Kerls.
Vorsichtig schlängelte er sich heran. Er wagte nicht zu atmen, jedes Geräusch versuchte er zu vermeiden. Zehn Yard war er noch von dem Gangster entfernt. Dann streifte Phils Bein plötzlich einen ausgedörrten Ast am Boden.
Es gab ein Knacken. Der Lauf des Gewehrs machte einen Schwenker, und mit einem Male zeigte die Mündung der Waffe genau auf Phil. Der Gangster hatte ihn erkannt.
***
Es war früh am anderen Morgen. Über New York hing eine trübe Dunstglocke. Sie lastete über dem Häusermeer, über den Menschen.
Ich hatte mir vom Distrikt die Adresse von Millie Jones, der Freundin des toten Bosses, geben lassen. Jetzt stand ich vor der dunklen Tür eines Hinterhauses. Aufdringlich zog der Geruch von moderndem Abfall in meine Nase. Vorsichtig sah ich mich um. Niemand hatte mich verfolgt, niemand sah mich.
Dann trat ich in den Flur.
Es geschah alles ganz instinktiv. Ich spürte einen weichen Luftzug und warf mich zur Seite. Mit bohrendem Schmerz landete auf meiner Schulter ein Totschläger. Einen Augenblick glaubte ich, der Schlag würde mir die Knochen auseinanderreißen, dann keilte ich zurück.
Aber mein Hieb war zu ungenau. Ich traf
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