0462 - Der Witwenmacher von New York
einen Augenblick sah er den linken Fuß des Gangsters wie eine Großaufnahme vor sich, griff das Fußgelenk mit beiden Händen und riß es mit einem Ruck weg.
Der Gangster wurde auf seine rechte Seite geworfen, während Phil sich nach links wegrollte. Mitten in Phils Drehung hinein ertönte ein markerschütternder, schriller Schrei. Phil stieß mit der Schulter gegen den Baumstamm, sprang hoch und warf sich herum, auf jeden weiteren Angriff gefaßt.
Aber der Gangster griff nicht mehr an. Er war bis zu einer hockenden Haltung aus seinem Sturz gekommen. Wütend starrte er Phil an.
»Hund«, keuchte er.
Phil hatte seine Pistole in der Hand und stellte sich vor den Gangster. »Wer hat dich geschickt?« fragte er scharf.
Der Gangster schwieg. In seinem Gesicht standen kalte Wut und ein Schimmer von Angst zu lesen. Aber er antwortete nicht.
»Wie heißt du?« fragte Phil.
»Estrello. George Estrello«, keuchte der Mann endlich.
»Wer schickt dich?«
Der Mann straffte sich. Fast sah es so aus, als wollte er sich wieder auf Phil stürzen. Aber angesichts der Waffe in Phils Hand überlegte es sich der Killer wohl anders.
»Wer schickt dich?« wiederholte Phil. »Der… Tiger«, quetschte der Gangster zwischen den Zähnen hervor.
Phil schüttelte verwundert den Kopf. Von einem Mann namens Tiger hatte er noch nichts gehört. Sollte er danach fragen oder sollte er so tun, als ob ihm dieser Name alles erklärt hätte? Vielleicht schaltet er auf stur zurück, wenn er wieder Oberwasser hat, dachte Phil. Nach einigem Zögern fragte er: »Hat der ›Tiger‹ auch den Senator und den G-man getötet?«
»Ich weiß nicht«, stotterte Estrello. »Das weißt du genau«, sagte Phil schneidend. »Die beiden sollen an Darmverschlingung gestorben sein. Aber ich glaube das nicht. Wir werden das noch genau feststellen.«
»Ich weiß nichts«, wiederholte Estrello. Phil sah, daß er log. Phil sah aber auch, daß nicht mehr Wut, sondern Angst, Entsetzen das Gesicht des Gangsters verzerrte.
Es war eine altbekannte Reaktion. Im Schock der Niederlage beginnen die Gangster zu reden, aber schon bald nagt wieder die Angst vor der Rache der Organisation.
Dieser Punkt war jetzt bei Estrello erreicht. Phil versuchte es noch mit ein paar Fangfragen, aber der Gangster schwieg beharrlich.
Als Phil sich umwandte, blickte er in das bleiche Gesicht von Elena Arkwright. Er sah das Suchende, das Forschende in ihren Augen, wußte aber nicht, wie er es auffassen sollte.
»Rufen, Sie das FBI an«, sagte Phil leise. Die Senatorenwitwe nickte und lief hastig ins Haus zum Telefon.
Phil ließ Estrello nicht aus den Augen. Aber der schien sich mit seinem Schicksal abgefunden zu haben.
»Ihre Kollegen kommen gleich«, hörte Phil die sanfte Stimme der Frau. Er nickte nur. Seine Gedanken beschäftigten sich mit den letzten Worten Estrellos. Wer war der Tiger? Brennende Frage, auf die Phil noch keine Antworten wußte. Sein Körper war von den Strapazen der letzten Tage ausgelaugt. Seine Augen brannten vor Übernächtigung wie Feuer. War der Tiger eine Spur? Gehörte er zur Mafia? Es war völlig unüblich, einem Mafia-Angehörigen einen Tiernamen zu geben.
Aber dieser ganze verdammte Fall war ungewöhnlich.
***
Harry Easton, in dessen Dienstbereich der Mord an Millie Jones fiel, löste mich im Krankenhaus ab. Er brachte zwei seiner Leute mit.
Zwischenzeitlich hatte ich die Personalien der Frau fesgestellt. Sie hieß Lydia Rainbow, war Nachtklubsängerin und galt als Freundin von Leffty Cormoran.
Cormoran war Besitzer mehrerer Nachtclubs, Spielhöllen und Bars. Und er war Mafia-Mitglied. Ich schnappte mir einen neutralen Wagen und machte mich auf die Suche. Im Copacabana, einer Kneipe an der Bowery, traf ich ihn. Zwei Gorillas standen an seiner Seite.
Die Beschreibung von mir mußte schon durch die- Unterwelt gegangen sein. Bestimmt verdankte ich das Rybacki.
»Ruffioso, ich würde an deiner Stelle nicht so leichtsinnig durch die Gegend laufen«, knurrte mich Leffty an und rollte mit seinen heroinsüchtigen Augen, daß man das Weiße sehen konnte. Ich mußte jetzt wieder ganz auf Gangstertour umschalten und benahm mich dementsprechend. Mein Zeigefinger streckte sich und piekste in den Magen des fettleibigen Gangsters.
»Leffty, du hast doch wohl nichts dagegen, daß ich der neue Boß bin, was?« knurrte ich.
Leffty wich etwas zurück und schaffte seinen Gorillas Platz. Die beiden kamen mit hängenden Armen auf mich zu.
Einer hatte es besonders
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