0462 - Der Witwenmacher von New York
sofort an.«
Mrs. Fennimore nickte dankbar. Sie kannte ihren Patrolman. Die meisten nannten ihn nur Tim. Er hatte immer ein freundliches Wort, einen guten Rat zur Hand.
»Gut«, schluchzte sie und verschwand ins Haus.
»Gar nichts ist gut«, brummte Tom Cook, als er weiterging. Er machte sich Sorgen. Sehr große sogar. Mrs. Fennimore war nicht die einzige Frau, die auf ihren Mahn wartete. Es gab noch drei in dieser Straße.
Alle hatten eins gemeinsam: Ihre Männer waren bei einer der zahlreichen Bankfilialen der Riverside-Bank als Kassierer angestellt. Und plötzlich waren ihre Männer nicht wieder nach Hause gekommen.
Cook hatte diese Feststellung schon vor zwei Tagen getroffen. Er kannte die verschwundenen Männer. Es waren biedere Angestellte, die sich hin und wieder ein Glas Bier zum Wochenende genehmigten und sich sonst ganz ihrer Familie widmeten.
»Ich werde Jerry mal anrufen. Vielleicht kann der daraus klug werden«, murmelte Cook und setzte seine Streife fort.
***
Es war eine ruhige, fast schöne Fahrt gewesen. Phil hatte den Hudson auf der George Washington-Brücke überquert und auf dem westlichen Ufer die Palisades-Interstate-Autobahn benutzt. Rotlicht und Sirene brauchte er zu dieser Zeit nicht einzuschalten, nur wenige Fahrzeuge begegneten ihm.
Der Wagen fraß die Meilen nur so in sich hinein. Es war trocken und mild. Die letzten Sterne standen noch am wolkenlosen Himmel. Hin und wieder kontrollierte Phil seine Route auf der Karte, die er vorsorglich mitgenommen hatte. Dann sah er ein großes Schild. Die nächste Abzweigung von der Autobahn würde ihn auf die Landstraße 210 bringen.
Phil ließ die Geschwindigkeit abfallen und ordnete sich auf die richtige Spur ein. Schweigend und friedvoll ragten zu beiden Seiten der Autobahn die Bäume in den samtblauen Himmel.
Aus dem Unterholz rechts der Straße sah er zwei grünlich phosphoreszierende Punkte leuchten, aber er fuhr so schnell, daß er das dazugehörende Tier nicht erkennen konnte. Ein ungepflasterter Weg führte zu einem Campingplatz, der von einer großen Tafel unübersehbar angekündigt wurde.
Dann tauchten einige Autos auf. Sie standen am Straßenrand und hatten die Lichter ausgeschaltet. Als Phil nahe genug war, sah er das Rotlicht auf den Dächern. Er trat in die Bremse.
Ein kleiner, drahtiger Mann in der Uniform der New York State Police kam auf Phils Wagen zu. Phil stieg aus.
»Hallo«, sagte der Uniformierte. »Ich bin Lieutenant Delon, State Police. Sind Sie Mr. Decker vom FBI?«
Phil schüttelte ihm die Hand und wies sich aus.
Der Tatort war säuberlich abgeriegelt. Delon und seine Leute hatten ganze Arbeit geleistet. Die Kollegen von der Spurensicherung ließen ihre Blitzlichter aufflammen und stellten Gipsabdrücke her.
Mel Shaddock, der Polizeiarzt, hatte gerade seine Untersuchung beendet. Mit langen Schritten ging Phil auf ihn zu.
»Wann trat der Tod ein, Doc?«
Shaddock überlegte einen Augenblick. »Kurz nach Mitternacht, würde ich sagen«, meinte er dann.
»Und die amtliche Todesursache?«
»Darmverschlingung.«
Phil fuhr wie elektrisiert herum. Er hatte gedacht, man hätte seinen Kollegen und den Senator erschossen, erdolcht oder erwürgt. Aber damit hatte er nicht gerechnet.
»Darmverschlingung?! Ist das nicht eine Krankheit?«
»Natürlich. Ich kann es mir auch nicht erklären. Es ist eine ziemlich seltene Krankheit, die eigentlich nur bei Operationsnachwirkungen auftritt. Sonst, kennt man sie kaum. Ich hatte erst an einen unglücklichen Zufall geglaubt, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß zwei Menschen zur gleichen Zeit Darmverschlingung bekommen.« Phil blickte den Doktor ratlos an. »Kann es sich nicht doch um eine Vergiftung handeln?«
»Ausgeschlossen. Ich habe dennoch eine Autopsie angeordnet. Aber ich bin davon überzeugt, daß das Ergebnis auch nicht anders als meine Diagnose sein wird.«
»Ich glaube viel«, sagte Phil grimmig. »Aber eins glaube ich bestimmt nicht: Nämlich, daß ein G-man und ein Senator gleichzeitig an Darmverschlingung sterben, wenn sie wichtige Dokumente über die Mafia austauschen wollen. Hier ist ein hinterlistiger und ausgekochter Mord verübt worden!«
***
In New York City klang die Rush Hour allmählich ab. Die Tunnel, die unter dem East River oder dem Hudson hindurchliefen, waren nicht mehr so verstopft wie noch vor vierzig Minuten. In den U-Bahn-Zügen brauchten die aus den Fabriken und Büros nach Hause strebenden Menschen nicht mehr so eng
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